Was man sich im Bett gegenseitig ins Ohr flüstert, kann für mehr Erregung oder für Unmut sorgen. Was Sexexpertin Katrin Hinrichs rät.
Im Sexpodcast für Erwachsene „Ich frage für einen Freund“ diskutieren Sexualtherapeutin Katrin Hinrichs und Journalist Hajo Schumacher.
Dieses Mal sei ihr Gespräch für ihn wie ein Überraschungsei, bemerkt Schumacher zu Beginn, denn seine Experten-Kollegin habe ihn im Unklaren gelassen, worum es diesmal gehen soll. Und so macht ein Bericht aus der Praxis von Katrin Hinrichs den Anfang. Ein junger Mann lernte dank einer Dating-Plattform im Internet eine junge Frau kennen, man fand Gefallen aneinander und landete im Bett. Beide hatten Spaß, bis die Dame mittendrin ihren Liebhaber darum bat, ihr Tiernamen zu geben. Frosch, sagte er. Wie bitte? Die Frau war irritiert, die Stimmung dahin, der Abend gelaufen.
Um Ihnen solche Erfahrungen zu ersparen, geht es in dieser Folge darum, sowohl Männer als auch Frauen dafür zu sensibilisieren, im Bett je nach Situation, die richtigen Ausdrucksmöglichkeiten zu finden, Dirty Talk als Erregungsbooster gewissermaßen. „Da fangen wir ganz niedrigschwellig an“, verspricht Katrin Hinrichs. Doch was genau ist eigentlich Dirty Talk? Hajo Schumacher versucht sich an einer Erklärung: „Man wirft sich beim Näherkommen und beim Sex Sachen an den Kopf, die einem sonst vielleicht eine Ohrfeige oder eine gewisse Verstimmung einbringen würden.“
Sexualität: Vor dem Reden kommt erst einmal Atmen
Für Katrin Hinrichs geht das alles viel zu schnell, denn vor dem Reden kommt erst einmal Atmen. Schließlich, darauf müsse man im Experten-Gespräch Rücksicht nehmen, gebe es durchaus Paare, die beim Sex das Licht ausmachten und auch sonst sehr bedacht seien, nicht so viel von sich preiszugeben. Deshalb beginne sie in Paarberatungen oft mit „Entschämungsübungen“, sagt Katrin Hinrichs. Ganz einfach, aber für einige völlig ungewohnt, geht es dabei darum, dem eigenen Atem ein Geräusch zu geben. Mit ein bisschen Kraft durchzuatmen, sorgt im Übrigen auch für eine bessere Durchblutung und wie wichtig die ist, um guten Sex zu haben, wissen regelmäßige Zuhörerinnen und Zuhörer dieses Podcasts ganz genau.
Auch für Partner oder Partnerin sind hörbare Reaktionen durchaus wertvoll. Wer genussvoll stöhnt, signalisiert seinem Gegenüber, dass er oder sie auf dem richtigen Weg ist. Nichts sei erregender als die Erregung des anderen, findet Sexualtherapeutin Katrin Hinrichs, die erklärt, wie unterschiedlich Männer und Frauen auf bestimmte Reize reagieren: „Studienergebnisse zeigen, dass Männer sehr optisch orientiert sind. Sie sehen etwas Schönes und dann tut sich was im Kopf und in der Hose. Frauen dagegen mögen auditive Stimuli, sie sind mehr an Geschichten interessiert, damit die Fantasie ins Spielen kommt.“
Dirty Talk: Ohne kleinen Schlenker zur Pornografie kommt man nicht aus
Diese beiden Welten lassen sich leicht verbinden, beispielsweise ganz elegant mit einem Kompliment, denn alle Menschen hören gern Lob. Mit „Du bist wahnsinnig sexy“ macht niemand etwas falsch. Im Gegenteil, wer das oder Ähnliches ins Ohr seiner Liebsten flüstert, kann ihre Erregung beträchtlich steigern. Das liegt daran, dass Ohr und Gehirn sehr eng vernetzt sind und beim Flüstern der Beckenboden in Bewegung kommt. Schafft auch eine angenehme Vertrautheit, das Flüstern. Aber wie genau geht nun der Dirty Talk?, fragt Schumacher. „Ohne einen kleinen Schlenker zur Pornografie kommen wir da nicht aus“, meint Katrin Hinrichs, „denn so ist Dirty Talk eingefärbt. Daher kennen das die meisten.“ Für viele sei es sehr erregend, andere wiederum mögen es gar nicht. Eine generelle Empfehlung könne und wolle sie nicht geben, meint die Expertin, die betont, am wichtigsten sei es ihr bei diesem Thema, Menschen zu ermutigen, im Bett einfach mal etwas auszuprobieren, um Lust und Genuss zu steigern.
Und wenn Paare es anregend finden, sich im Bett ihre Fantasien zu erzählen, warum nicht? Es gehe darum, an Kleinigkeiten zu drehen. Schon diese Veränderungen könnten sehr positive Auswirkungen auf das gemeinsame Sexleben haben. Vor allem Paare, die schon lange zusammen sind, können davon profitieren. Zu große Erwartungen sollte man daran aber nicht knüpfen. Ist jemand von Natur nicht besonders gesprächig, ist es eher unwahrscheinlich, dass er oder sie dann detailliert über die eigenen Wünsche und Fantasien Auskunft gibt. Für Singlefrauen hat die Sexualtherapeutin noch einen praktischen Tipp. Sie empfiehlt femtasy, eine Online-Plattform, auf der Frauen erotische Geschichten hören können. Wer mag, sogar mit Akzent oder im Dialekt.
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Sexualität: Welche Worte für die richtige Stimmung sorgen, ist sehr individuell
„Mein Freund ist ein bisschen enttäuscht. Wir haben überhaupt noch keine schmutzigen Worte in den Mund genommen“, sagt Schumacher, der gern zum Schluss konkreter werden würde. Katrin Hinrichs dagegen möchte keine Vorgaben machen. „Was im Einzelfall Partner oder Partnerin anmacht, ist so individuell, das müssen wir doch den Paaren überlassen.“
Journalist Schumacher plädiert abschließend noch einmal für ein bisschen Mut zum Risiko: „Wenn ich mich frage, sage ich das jetzt oder nicht? Im Zweifelsfall: ja! Der kleine Schritt über die eigene Grenze kann sich lohnen.“