Hamburg. Der Chansonstar aus Berlin ehrt den Wiener Satiriker zu dessen 100. Geburtstag im St. Pauli Theater mit dem neuen Programm „Tigerfest“.

Ob als Conférencier in „Cabaret“ oder in „Ich bin die Leander – Zarah auf Probe“, Tim Fischer ist in Hamburg gut und gern im Hansa und im St. Pauli Theater präsent. „Abwechslung ist für mich nicht nur auf der Bühne die Würze des Lebens“, sagt der Berliner Chansonnier.

Anlässlich des 100. Geburtstags von Georg Kreisler („Tauben vergiften“) ehrt Fischer den Wiener Komponisten und anarchischen Dichter in seinem neuen Programm „Tigerfest“, das unter der musikalischen Leitung von Bassist Oliver Potratz auch als Album erschienen ist. Doch live ist Fischer meistens noch besser.

Abendblatt: Viele erinnern sich in Hamburg noch immer gern an das fulminante Kreisler-Solo-Musical „Adam Schaf hat Angst“ 2006/07, für das Sie als „herausragender Darsteller“ mit dem Rolf-Mares-Preis ausgezeichnet wurden. Welche Erinnerungen haben Sie an die Zusammenarbeit mit Regisseur Kreisler?

Tim Fischer: Georg Kreisler war, wie ich, unzufrieden mit der Erstumsetzung seines One-Man-Musicals am Berliner Ensemble und entschloss sich nach einigem Zureden seiner Frau Barbara, eine zweite, werktreue Fassung mit mir im Schmidt Theater zu inszenieren. Neben der intensiven künstlerischen Arbeit waren wir viel gemeinsam in der Stadt unterwegs. Er strahlte zu meinem großen Erstaunen trotz seines hohen Alters enormen Sex-Appeal aus. In der S-Bahn erröteten die Damen scharenweise, wenn sie ihn erkannten. Zudem staunten die Leute nicht schlecht, wenn Herr Kreisler während der Mittagspause am Imbissstand sein Brötchen an die ihm angeblich so verhassten Tauben verfütterte. Georg steckte voller Überraschungen und war ein absolut herzlicher Mensch..

Abendblatt: Die damals sehr erfolgreiche Zusammenarbeit und daraus erwachsene Freundschaft ist aber nicht der einzige Grund für Ihr „Tigerfest“ zu Kreislers 100. Geburtstag, oder?

Fischer: Es verblüfft und schmerzt mich immer wieder, wie wenig aus seinem zugegeben immens großen Repertoire bekannt ist. Gespielt werden leider meist nur die vermeintlichen Hits. Dabei gibt es am Grunde des „Kreisler-Sees“ so Wunderschönes und vielfältig Schillerndes zu entdecken. Das war für meine fabulösen Musiker und mich, Anstoß zu Georgs 100. Geburtstag Bergungsarbeit und damit auch Kulturpflege zu leisten.

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  • Abendblatt: Welche von Kreislers Liedern sind denn heute noch besonders aktuell – und weshalb?

    Fischer: Ein Großteil der von Georg behandelten Themen lässt sich völlig mühelos ins Heute transportieren. Politische Um- und Missstände hat er gnadenlos analytisch durchleuchtet, und es ist teilweise schockierend festzustellen, wie wenig sich in mancherlei Hinsicht geändert hat. Seine zärtlichen, seltsamen Liebeslieder, die in luftig-jazzige Arrangements gehüllt sind, gehen direkt ins Herz und werden es vermutlich auch in Zukunft tun.

    „Tigerfest“ So 20.11., 18.00, Mo 21.11., 19.30 „Ich bin die Leander – Zarah auf Probe“ 13.-18.12., jew. 20.00, St. Pauli Theater, Karten zu .39,90 und 49,90 in der Hamburger-Abendblatt-Geschäftsstelle, Großer Burstah 18-32; www.st-pauli-theater.de