Hamburg. Landesparteitag beschließt Forderung nach weiteren Hilfen. Umstritten war der Umgang mit dem Islamischen Zentrum Hamburg (IZH).
Die Hamburger Grünen setzen sich für einen „Winter der Solidarität“ ein. So lautet der Titel eines Leitantrages mit dem Zusatz „Zusammenhalt sichern, Autokratien entgegenstellen!“, der auf einem Landesparteitag im Bürgerhaus Wilhelmsburg am frühen Sonnabendabend mit großer Mehrheit beschlossen wurde.
„Absolute Priorität hat für uns, dass in diesem Winter niemandem der Strom oder die Heizung abgestellt wird“, sagte der stellvertretende Landesvorsitzende Leon Alam. Wie viele andere Redner begrüßte er, dass auf die rot-grün-gelbe Bundesregierung Milliarden-Hilfspakete auf den Weg gebracht habe, die Rot-Grün in Hamburg mit einem eigenen 125-Millionen-Euro-Paket noch ergänze.
Grüne wollen Schüler und Mieter noch stärker in der Krise unterstützen
Darüber hinaus fordern die Grünen aber, dass auch Schülerinnen und Schüler auf weiterführenden Schulen einen staatlichen Essengeld-Zuschuss erhalten, die bundesweite Begrenzung von Indexmieten (die inflationsbedingt besonders stark steigen) und dass die Wohnungsgesellschaft Saga sowie die ebenfalls städtische Sprinkenhof AG für ein Jahr einen Mieterhöhungsstopp verkünden. Insgesamt brauche Hamburg „dringend ein temporäres Nettokaltmieten- und ein Räumungsmoratorium“, so der Leitantrag.
Der städtische „Notfallfonds Energiekrise“ müsse „entsprechend der zukünftigen Krisensituation weiter angepasst werden“, heißt es. Notfalls müsse dafür auch die Schuldenbremse ausgesetzt werden. Hamburg müsse „insgesamt gerechter“ werden: „Denn die Armut vieler Menschen ist die Grundlage dafür, dass in der Krise existenzielle Nöte entstehen und verstärkt werden.“
Parteichefin Lang erklärt: „Klimaschutz ist nichts anderes als Menschenschutz.“
Als Gastrednerin stellte die Grünen-Bundesvorsitzende Ricarda Lang die Erfolge ihrer Partei innerhalb der Ampel heraus: „Grün macht den Unterschied.“ Sie komme gerade von der Weltklimakonferenz in Ägypten, wo sich die grüne Außenministerin Annalena Baerbock massiv für das 1,5-Grad-Ziel einsetze. Nach Gesprächen mit vom Klimawandel Betroffenen habe sie festgestellt, dass Klimaschutz eigentlich das falsche Wort sei, so Lang: „Klimaschutz ist nichts anderes als Menschenschutz.“
Lang lobt die geplante Abschöpfung krisenbedingter „Übergewinne“ etwa bei Energiekonzernen: „So kann aus einem Winter der Wut ein Winter der Solidarität werden.“ Gelohnt habe sich auch der Grüne Einsatz für das neue Bürgergeld und das künftige 49-Euro-Ticket im Nahverkehr, das ein „Riesenerfolg“ sei.
Grüne loben sich für 49-Euro-Ticket und kritisieren Cosco-Deal im Hafen
So sah es auch Hamburgs Verkehrssenator Anjes Tjarks: „Das hätte es ohne grüne Beteiligung an der Bundesregierung nicht gegeben.“ Mit 49 Euro pro Monat werde der HVV so günstig wie zuletzt 1993, biete aber doppelt so viel Strecke an – „und ganz Deutschland gibt’s noch obendrauf.“ Verkehrsstaatsrat Martin Bill sagte mit einem Seitenhieb auf die FDP: „Der Tankrabatt wird nicht mal als Fußnote in die Geschichte eingehen, das 49-Euro-Ticket ist dagegen die grüne Revolution.“
Auf dem Parteitag, den die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank wegen einer Corona-Infektion verpasste, wurde mehrfach der Einstieg der chinesischen Staatsreederei Cosco beim Hamburger Containerterminal Tollerort kritisiert. Auch im Leitantrag wird dieser als „Fehler“ bezeichnet und gelobt, dass „auf grünen Druck“ hin das Bundeskabinett die mögliche Beteiligung von 35 auf maximal 24,9 Prozent reduziert habe. Das wird der Koalitionspartner in Hamburg um Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) nicht so gern hören – denn er hatte sich massiv für die Beteiligung ausgesprochen.
Kritik am iranischen Regime und dessen „Außenposten“ an der Außenalster
Ein weiterer Schwerpunkt des Parteitages waren die vor allem von Frauen getragenen Aufstände im Iran. Eingangs berichtete eine iranischstämmige Ärztin vom UKE als Gastrednerin von Gräueltaten des Regimes sogar gegen Kinder und rief die Grünen auf, die Revolution unter dem Motto „Frauen, Leben, Freiheit“ zu unterstützen.
Diese Unterstützung war auf dem Parteitag unstrittig, ebenso wie die Kritik am Islamischen Zentrum Hamburg (IZH), das unter anderem die Blaue Moschee an der Außenalster betreibt. Dieses werde vom Verfassungsschutz als „weisungsgebundener Außenposten Teherans“ bezeichnet, sagt die Grünen-Landesvorsitzende Maryam Blumenthal. Das IZH als Teil der Schura, die wiederum wie andere Religionsgemeinschaften einen Staatsvertrag mit dem Hamburger Senat habe, sei „antiwestlich und radikalislamisch“, daher gelte: „Wir reichen unsere Hände nicht dieser menschenverachtenden Diktatur.“
Etliche Grünen drängten auf klarere Formulierung zum Ausschluss des IZH
Anderseits betonte die selbst in Teheran geborene Blumenthal aber auch, dass die Blaue Moschee auch das religiöse Zentrum der Schiiten in Deutschland sei und es ein solches weiterhin geben müsse, schließlich lebe in Hamburg eine große iranische Gemeinschaft. Die Formulierung in dem entsprechenden Antrag fiel daher vergleichsweise mild aus: Es sei „darauf hinzuwirken, dass das IZH kein Akteur im Rahmen der Verträge mehr sein kann“, heißt es dort. Und: Der Beschluss des Bundestages, die Schließung des IZH zu prüfen, sei „in jeder Hinsicht zu unterstützen“.
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Das ging vielen Grünen nicht weit genug. So verwies die Bürgerschaftsabgeordnete Gudrun Schittek darauf, dass die Schura am Sonntag darüber entscheiden wolle, ob sie ihrerseits das IZH ausschließt, und die Grünen müssten jetzt beschließen, wie sie damit umgehen wollen: „Die Menschen erwarten von uns eine klare Position: Wenn die Schura das IZH nicht ausschließt, ist sie kein mehr Partner mehr für die Stadt Hamburg. Punkt.“
Ähnlich äußerte sich Kevin Köhler von der Landesarbeitsgemeinschaft Säkulare: „Wenn schon Staatsverträge, dann nur mit Vertragspartnern, die fest auf dem Boden unseres Grundgesetzes stehen.“ Das müsse doch eine Selbstverständlichkeit sein.
Am Sonntag stimmt die Schura ab, ob sie das IZH ausschließt
Der Bürgerschaftsabgeordnete Michael Gwosdz hielt dagegen: Es sei doch ein Erfolg des Dialogs mit den Religionsgemeinschaften, dass die Schura das IZH-Verhalten als so kritisch bewertet habe, dass sie über den Ausschluss berate. Diese Abstimmung möge man doch abwarten. Dieses etwas moderatere Position setzte sich letztlich durch.