Hamburg. Zum ersten Mal seit Jahren sinkt die Qualität wieder. Stadteigener Betrieb bewertet 15,6 Prozent der Straßen mit „mangelhaft“.

Verkehrssenator Anjes Tjarks spricht von einer Sanierung auf Rekordniveau – dennoch hat sich die Qualität der Hamburger Straßen leicht verschlechtert. Das geht aus dem neuen Straßenzustandsbericht vor, demzufolge jede sechste Fahrbahn im Stadtgebiet die Schulnote 5 erhält.

Die Gesamtnote der aktuellen Erhebung liegt bei 2,45 – das ist zwar der zweitbeste Wert seit dem Straßenzustandsbericht 2010, im Straßenzustandsbericht 2018 fiel die Beurteilung mit der Note 2,37 allerdings etwas besser aus.

Zustand der Hamburger Straßen leicht verschlechtert

Für die Untersuchung, der der Landesbetrieb für Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) alle zwei Jahre erstellt, legten Kamerawagen zwischen April 2020 und April 2021 auf Hamburgs Straßen 2167 Kilometern zurück.

Einen „sehr guten Straßenzustand“ (Note 1,0 bis 1,49) wurde insgesamt 42,7 Prozent der befahrenen Straßenkilometer bescheinigt. Für weitere 26,2 Prozent gab es ein „gut“ oder ein „befriedigend“, 13,1 Prozent erhielten noch die Note „ausreichend“, bei 15,6 Prozent der befahrenen Straßen wurde der Zustand mit „mangelhaft“ bewertet.

„Wir sanieren Hamburgs Straßen aktuell auf einem Rekordniveau“

Neben dem Straßenzustand gibt der Bericht auch einen Überblick über die aktuelle Sanierungsleistung. Wurden 2020 und 2021 noch 197 beziehungsweise 196 Kilometer Straße in Hamburg saniert – womit die beiden Jahre 22 Prozent über dem Niveau der vorigen zwei Jahren liegen – wird für die Jahre 2020 bis 2022 eine Gesamtsanierungsleistung von 570 Kilometern erwartet. Im Koalitionsvertrag hatte Rot-Grün ein Ziel von 500 Kilometern für die gesamte Legislaturperiode ausgegeben hatte.

„Wir sanieren Hamburgs Straßen aktuell auf einem Rekordniveau“, sagte daher Anjes Tjarks, Senator für Verkehr und Mobilitätswende (Grüne), am Dienstag. „Das ist wichtig für den Erhalt unserer Straßeninfrastruktur und leistet einen wichtigen Beitrag zur Verkehrssicherheit.“ Ziel sei, Hamburgs Infrastruktur in einen guten Zustand zu bringen – und zu erhalten. Daher werde die Sanierungsstrategie in den kommenden Jahren fortgesetzt.

„Dies ist naturgemäß mit Baustellen verbunden, die wir so gut wie möglich koordinieren wollen, um die Beeinträchtigungen für die Menschen in Hamburg zu minimieren“, betonte Tjarks. „Eine Reduktion der Baustellen würde immer auch einen Verlust in der Qualität der Infrastruktur und konkret des Straßenbelags bedeuten – und damit eine Verminderung der Verkehrssicherheit.“

SPD Hamburg: „Straßen sanieren sich nicht von allein“

Laut Koalitionspartner SPD zeige der Straßenzustandsbericht 2020, dass Hamburg den von 2011 bis 2018 stark verbesserten Straßenzustand in den letzten Jahren auf gutem Niveau erhalten hat. „Hamburgs Straßen sanieren sich nicht von allein. Sie werden täglich stark beansprucht und müssen laufend in Stand gehalten werden“, sagte Ole Thorben Buschhüter, verkehrspolitischer Sprecher der SPD in der Bürgerschaft. Das 2011 von den CDU-Senaten übernommene Straßennetz habe sich in einem katastrophalen Zustand befunden. Der Erhalt der Straßeninfrastruktur auf einem guten Niveau sei eine Daueraufgabe, die eine mindestens so starke Sanierungsleistung wie die bisherige erfordere. „Dazu müssen wir unsere Anstrengungen, auch mithilfe neuer digitaler Erfassungssysteme, weiter erhöhen.“

Von den verkehrspolitischen Sprechern der Opposition hagelte es erwartungsgemäß Kritik. „Straßensanierungen des rot-grünen Senats führen viel zu häufig zu Spurenreduzierung, provozieren dadurch Staus und schädigen Hamburgs Wirtschaft“, sagte Richard Seelmaeker von der CDU-Fraktion. Zudem seien neu ausgebaute Velorouten in die Zahlen geflossen, obwohl dort kein motorisierter Individualverkehr fahren könne. Auch Baumfällungen und Parkplatzabbau fielen negativ ins Gewicht.

Opposition kritisiert Zustand von Hamburgs Straßen

Der Zustand der Hamburger Straßen habe sich erstmalig seit sechs Jahren verschlechtert, betonte die FDP-Landesvorsitzende Sonja Jacobsen. „Hohe Ausgaben für die Infrastruktur und Vernachlässigung im Bestand ergeben in der Summe keine nachhaltige Verkehrspolitik.“ Der Senat müsse nun dringend aktiv werden, um Hamburgs Straßensubstanz insgesamt auf soliden Stand zu bringen. „Die notwendigen Fakten liegen vor.

Die AfD monierte, dass der grüne Fahrradsenator den Fokus in erster Linie auf die Fahrradlobby setze. „Er übersieht dabei: Eine verkehrstüchtige Infrastruktur ist das Rückgrat unserer Wirtschaft“, sagte der Vorsitzende Dirk Nockemann. „Wer sie aufs Spiel setzt, riskiert Fortschritt und Entwicklung. Das ist grob fahrlässig!“

Hamburg: Verbesserte Technik soll Straßenzustand genauer messen

Um den Hamburger Straßenzustand künftig noch realistischer abbilden zu können, soll das Verfahren zur Bewertung dank weiterentwickelter Technik modifiziert werden. So könne laut LSBG in Zukunft zwischen aufgelegten Flicken (beispielsweise notdürftig beseitigte Schlaglöcher mit aufgefülltem Kaltasphalt) und eingelegten Flicken (Fräsen der schadhaften Stelle und höhengleiches Abschließen der Oberfläche mit eingelegten Fugenband) unterschieden werden.

Bislang wurden beide Sanierungsmaßnahmen gleich bewertet. Dabei sind eingelegte Flicken gegenüber aufgelegten Flicken aber deutlich nachhaltiger.