Hamburg. Für das Projekt „U-Bahn100“ will die Hamburger Hochbahn in den kommenden Jahren 200 Millionen Euro investieren. Das ist geplant.
Alle 100 Sekunden eine U-Bahn: Das könnte zukünftig im Hamburger Osten Realität werden. Mit der Automatisierung der ersten Hamburger U-Bahn-Linien bereitet die Hamburger Hochbahn auf der gemeinsamen Strecke von U2 und U4 zwischen Horner Rennbahn und Jungfernstieg eine technische Aufwertung des U-Bahn-Systems vor.
Für das Projekt „U-Bahn100“ will die Hochbahn in den kommenden Jahren rund 200 Millionen Euro investieren. Ziel sei eine Kapazitätssteigerung auf den Linien U2 und U4 um bis zu 50 Prozent. Der 100-Sekunden-Takt soll auf der gemeinsamen Strecke der beiden Linien Ende 2026 eingeführt werden.
Verkehr Hamburg: U-Bahn – 100-Sekunden-Takt bei U2 und U4
„Die Grundbotschaft ist, nicht immer nur neue Bahnen zu bauen, sondern die Bestandslinien zu modernisieren und dadurch kapazitativ auszubauen“, sagte Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) am Donnerstag bei der Vorstellung der Pläne. „Alle 100 Sekunden eine Bahn – das bedeutet für die Fahrgäste aus Billstedt und Horn kaum Wartezeit, eine schnellere Verbindung in die Innenstadt und damit mehr Komfort im ÖPNV."
Im Zuge des Projektes wird die U-Bahn-Linie U 2 von Mümmelmannsberg bis Christuskirche und die komplette Strecke der U 4 automatisiert. Wo heute rund 20.000 Fahrgäste pro Stunde und Richtung befördert werden können, sollen es mit der neuen Technik künftig bis zu 30.000 sein, so Tjarks. „Dadurch wertet die Hochbahn das Bestandsnetz im Hinblick auf den Hamburg-Takt auf.“
Auf der Strecke zwischen Mümmelmannsberg/Billstedt und Horner Rennbahn sollen künftig bis zu vier Züge in zehn Minuten verkehren können. Derzeit fahren dort zwei und ab Billstedt drei Züge in Richtung Innenstadt. Ab Ende 2026 kommt zudem die Verlängerung der U4 auf die Horner Geest hinzu.
An der Haltestelle Horner Rennbahn können dann weitere zwei Züge pro zehn Minuten auf die U 2-Strecke einfädeln. Auf der gemeinsamen Strecke von U 2 und U 4 zwischen Horner Rennbahn und Jungfernstieg können dann insgesamt bis zu sechs Züge in zehn Minuten fahren – was in jede Richtung alle 100 Sekunden eine U-Bahn bedeutet.
Verkehr Hamburg: U-Bahn-Fahrt vollautomatisch über Rechner gesteuert
„Durch den Ausbau der U 4 erhalten Hornerinnen und Horner zusätzlich künftig eine umstiegsfreie Verbindung in die Innenstadt mit einer Fahrzeitverkürzung um knapp die Hälfte der Zeit – von derzeit 23 auf 13 Minuten“, so Tjarks weiter. Durch den neuen Streckenabschnitt hätten 13.000 Hamburgerinnen und Hamburger erstmalig einen U-Bahnanschluss.
Anders als bei der Linie U 5 soll die Automatisierung des gemeinsamen Streckenabschnitts der U 2 und U 4 die Fahrerinnen und Fahrer nicht ersetzen. Sie sollen weiterhin für den Fahrgastwechsel verantwortlich sein und im Bedarfsfall eingreifen können. Die Fahrt selbst wird hingegen vollautomatisch über Rechner gesteuert erfolgen. Dies sei die einzige Möglichkeit, den 100-Sekunden-Takt zu erreichen, so die Hochbahn, die vor Kurzem eine europaweite Ausschreibung für die Beschaffung der modernen DT6-Fahrzeuge gestartet hat.
Im aktuellen Betrieb liege der engstmögliche Takt bei 2,5 Minuten. Für den automatisierten Betrieb müssen alle sechs Stellwerke entlang der betroffenen Strecke und die 163 DT5-Fahrzeuge aufgerüstet werden.
Hochbahn-Chef: U-Bahn-Fahren wird zu einem neuen Erlebnis
„Mit der Automatisierung wird U-Bahn-Fahren zu einem komplett neuen Erlebnis“, sagt Henrik Falk, Vorstandsvorsitzender der Hochbahn. „Bei einem 5-Minuten-Takt benötige ich als Fahrgast keinen Fahrplan mehr. Ein 100-Sekunden-Takt heißt, dass ich keiner U-Bahn mehr hinterherlaufen muss.“ Beobachtungen aus anderen europäischen Städten würden nahe legen, „dass Fahrgäste mit diesem System entspannter sind, nicht mehr die Treppen herunterrennen oder versuchen, beim Türschließen noch in die U-Bahn zu springen“. Der automatisierte Betrieb verbessere zudem die Energiebilanz, da die Fahrt auf Energieeinsparung optimiert werde.
Neben der Digitalisierung von Schienen und Bahnen, ist auf den betreffenden Strecken auch eine neue Zugsicherungstechnologie geplant. Das System „Moving Block“ ermöglicht es, dass U-Bahnen über eine Funkverbindung miteinander kommunizieren und in einem beweglichen Raumabstand fahren – im Gegensatz zur heutigen Zugsicherung, bei der nachfolgende U-Bahnen in Blöcken mit einem festgelegten Abstand zueinander fahren. Das neue System wird bereits auf der Elizabeth Line in London oder der S-Bahn in Kopenhagen eingesetzt und soll Störungen verringern und einen stabileren und verlässlicheren Betrieb ermöglichen.
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„Durch Moving Block können unsere U-Bahnen in Zukunft effizienter auf bestehender Infrastruktur fahren“, sagt Jan Frederik Bremen, „U-Bahn100“-Projektleiter bei der Hochbahn. „Die Fahrzeuge kommunizieren über Funk ständig mit den Stellwerken und anderen Fahrzeugen, um die aktuelle Position auszutauschen und somit stets im optimalen und sicheren Abstand zu fahren.“ Dadurch verringerten sich die Abstände und die U-Bahn kann in einem engeren Takt fahren. Für den 100-Sekunden-Takt ist sowohl die Automatisierung der Strecke als auch das neue Zugsicherungssystem notwendig.
Aktuell erfolge der Ausbau des vorhandenen Testgleises zwischen Farmsen und Berne. Die ersten automatisierten Testfahrten sollen bereits im Frühjahr 2023 stattfinden. Der gesamte Streckenabschnitt des Projekts „U-Bahn100“ soll bis Ende 2029 abgeschlossen sein. „Mit dem Projekt heben wir die erste Bestandsstrecke auf ein neues Niveau, das hinsichtlich Taktung, Leistungsangebot und Komfort der vollautomatischen U 5 sehr nahe kommt“, so Hochbahn-Chef Falk. „Das ist das Ziel, das wir langfristig im gesamten U-Bahn-Netz erreichen wollen.“