Hamburg. Zweifacher Vater verabredet sich mit 35-Jähriger über das Internet. Auf einem Parkplatz eskaliert die Situation. Richter liest Brief vor.
Von Angst ist die Rede, von Panik, von Hilflosigkeit. Wer hört, was Dennis K. über jenen Moment schreibt, in dem er offenbar eine Frau tötete, könnte meinen, der Täter verstehe sich eher als Opfer. Er habe sich „gefangen und hilflos“ gefühlt und die „Angst intensiv“ gespürt, formuliert der 32-Jährige. Es sind die Worte eines Mannes, den die Staatsanwaltschaft indes als „körperlich deutlich überlegen“ beschreibt. Gegen diesen Täter, so heißt es, habe sich die Frau nicht erwehren können.
Was ist wirklich geschehen in jener Nacht vom 13. auf den 14. Mai dieses Jahres? Wie genau waren die Umstände, als eine 35 Jahre alte Hamburgerin gewaltsam ums Leben kam? Dies soll jetzt in einem Prozess vor dem Schwurgericht geklärt werden, in dem dem Angeklagten Dennis K. Totschlag vorgeworfen wird. Den Ermittlungen zufolge hat der gebürtige Niedersachse die Geschädigte auf einem Parkplatz im Hamburger Stadtgebiet erwürgt.
Prozess Hamburg: Täter und Opfer verabredeten sich im Internet
Zuvor hatten sich laut Anklage Dennis K. und die 35-Jährige, die gelegentlich im Internet ihre Dienste als Prostituierte angeboten habe, zu sexuellen Handlungen gegen Bezahlung verabredet. Bei ihrem Treffen soll es plötzlich zum Streit gekommen sein, in dessen Verlauf der Angeklagte die Geschädigte am Hals packte und längere Zeit würgte, bis sie durch Sauerstoffmangel starb, so die Staatsanwaltschaft. Anschließend soll er den unbekleideten Leichnam in einem Wald in Stelle (Landkreis Harburg) abgelegt haben.
Auf dem Weg zum Gerichtssaal, zu dem er aus der Untersuchungshaft an Handschellen geleitet wird, hält sich der Angeklagte einen Aktenordner vors Gesicht. Er ist ein großer, kräftiger Mann, der zum Prozessauftakt mit fester Stimme seine Personalien nennt. Danach aber, so erklärt es seine Verteidigerin, wolle Dennis K. lieber nichts mehr sagen. Doch bereits wenige Stunden nach der Tat soll er sich seiner Lebensgefährtin offenbart haben, die seinerzeit die Polizei informierte.
Dennis K. schrieb einen Brief an seinen Vater
Und: Ausführlich hat sich Dennis K. auch in einem Brief aus dem Gefängnis geäußert, den der 32-Jährige an seinen Vater gerichtet hat. Darin schreibt er, er wolle „erzählen, was passiert“ ist, damit sein Vater nicht länger durch „Ungewissheit gequält“ werde. Und der Tenor dieses Schreibens ist, dass es viele unglückliche Umstände gegeben habe, die letztlich dazu geführt hätten, dass die Prostituierte starb — Umstände, die Dennis K. nicht gewollt und nach seinem Empfinden wohl auch nicht zu verantworten habe.
Seine Lebensgefährtin sei wenige Stunden vor der Tat mit den gemeinsamen Kindern zu ihren Eltern gefahren und sei „wieder mal schlecht gelaunt“ gewesen. Er habe unterdessen etwas mit einem neuen Job klären wollen, was seine Partnerin aber auch nicht gefallen habe. Am Telefon habe sie einen „Wutausbruch“ gehabt.
So ging es nach Schilderung des Angeklagten in dem Brief an seinen Vater, den der Vorsitzende Richter im Prozess verliest, weiter: Dennis K. trank Alkohol und konsumierte Drogen, verabredete sich über Internet mit der 35-Jährigen zum Sex. Schon während sie gemeinsam zu einem Parkplatz fuhren, hatte Dennis K. demnach ein „komisches Gefühl, weil ich ziemlich schlecht drauf war“.
Prozess Hamburg: „Ich wollte sie nicht umbringen“
Er öffnete den Kofferraum, klappte die Sitze um. Die Prostituierte zog sich aus. Doch er habe Erektionsprobleme gehabt und gesagt: „Ich habe Frau und Kinder.“ Nun habe die Frau ihn beleidigt und attackiert, ihn unter anderem ins Gesicht geschlagen und gedroht, seiner Frau zu erzählen, „was du so treibst“.
„Sie schrie: Ich bring dich um“, begleitet von Beleidigungen, heißt es in dem Brief weiter. „Sie schlug auf mich ein.“ Er habe versucht, ihre Angriffe abzuwehren, und ihr schließlich „an den Hals gefasst“.
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Dann sei sie „ruhig“ gewesen. „Ich habe sie gerüttelt, aber sie hat sich nicht bewegt.“ Am Ende beteuert Dennis K. in dem Brief: „Ich wollte sie nicht umbringen.“ Aber er „werde damit leben müssen, was passiert ist.“ Der Prozess wird fortgesetzt.