Hamburg. 32-Jähriger erwürgte Altenpflegerin beim Sex und legte die nackte Leiche ab. Richter nennt Darstellung des Angeklagten „lebensfremd“.
„Ich liebe dich“, schrieb sie ihm. „Bitte komm heim.“ Außerdem schickte sie weitere Handy-Botschaften mit dem Tenor, dass sie beide ihr gemeinsames Leben schon hinkriegen würden. Doch die Nachrichten seiner Lebensgefährtin las Dennis K. nicht. Er war viel zu beschäftigt mit einer anderen Frau. Einer Frau, die er für Sex bezahlt hatte – der er dann aber, nach einer Auseinandersetzung, die Hände um den Hals legte und zudrückte. Bis sie sich nicht mehr bewegte. Die 35-Jährige war tot.
Es ist ein Geschehen, das jetzt, gut sechs Monate nach dem Verbrechen aus der Nacht zum 14. Mai dieses Jahres, vom Vorsitzenden Richter im Prozess vor dem Hamburger Schwurgericht als „furchtbare Tat“ bezeichnet wird. Sie sei Folge eines „fatalen, durch nichts zu rechtfertigenden Gewaltausbruchs. Die Tat kam aus dem Nichts.“
Neun Jahre Freiheitsstrafe wegen Totschlags verhängt das Gericht gegen den Angeklagten Dennis K. Die Staatsanwaltschaft hatte zehn Jahre Haft gefordert, die Verteidigung indes auf Freispruch wegen Notwehr plädiert. Während der Urteilsbegründung wirkt der Angeklagte, ein fülliger Mann mit Brille, konsterniert, schüttelt mehrfach den Kopf.
Prostituiertenmord: Angeklagter ließ Brief sprechen
Der 32-Jährige hatte sich im Prozess nicht geäußert, aber in einem Brief aus der Untersuchungshaft an seinen Vater eingeräumt, für den Tod der Frau verantwortlich zu sein. Allerdings hatte er darin nicht die Frau als Opfer dargestellt – sondern vielmehr sich selber. Die Gelegenheitsprostituierte habe ihn aus Wut beleidigt, ihn körperlich attackiert und ihm gedroht: „Ich bringe dich um.“ Er habe sich daraufhin „gefangen und hilflos gefühlt“ und „Angst“ empfunden. Also habe er sich gewehrt.
„Er ist Täter, nicht Opfer“, stellt indes der Kammervorsitzende in der Urteilsbegründung klar. „Es handelte sich mitnichten um Notwehr.“ Die Version, die der Angeklagte zur Tat geliefert habe, sei „lebensfern und lebensfremd“.
Tatsächlich habe Dennis K. die Altenpflegerin, die als Gelegenheitsprostituierte etwas Geld hatte dazu verdienen wollen, aus einem Streit heraus zunächst geschlagen, dann mit beiden Händen um den Hals massiv gewürgt. Dabei habe er ihren Tod „billigend in Kauf genommen“. Allerdings trage das Verbrechen „Züge einer affektiven Impulstat“, so dass bei dem Angeklagten von einer verminderter Steuerungsfähigkeit auszugehen sei.
Dennis K. kontaktierte Prostituierte trotz Corona
Nach Überzeugung der Kammer hatte Dennis K. am Abend jenes Tages den Totschlag begangen, nachdem er seinen Job verloren hatte. Er war nun auch noch in Streit mit seiner Lebensgefährtin geraten, dann zunächst zu Freunden gefahren, hatte Alkohol und wohl ebenfalls Kokain konsumiert und sich dann mit der Prostituierten verabredet.
Das Haus hätte er damals allerdings überhaupt nicht verlassen dürfen: Der 32-Jährige war zu jener Zeit an Corona erkrankt. Dass er seine Mitmenschen habe anstecken können, habe ihn nicht interessiert, sondern vielmehr habe Dennis K. eine Gefährdung anderer in Kauf genommen, „um seinen Wunsch nach Sex zu befriedigen“, sagt der Richter. „Das ist erschütternd.“
Die Tat sei von „Eigensucht geprägt gewesen. Hätte er sich an die Regeln gehalten, die für alle gelten“, nämlich die Corona-Bestimmungen, wäre es nicht zu dem Tod der Frau gekommen. „Das ist bitter.“
Prostituierte war Dennis K. körperlich unterlegen
Als es schließlich auf der Rückbank von Dennis K.’s Auto zum Sex habe kommen sollen, die 35-Jährige aber die von ihm gewünschte Praktik verweigerte, habe der Mann die Ablehnung der Frau nicht akzeptiert und sich in eine „unerklärliche Wut hineingesteigert“. Als Folge eines „Impulskontrollverlusts“ habe er die Frau an den Armen gepackt, ihr die Mund zugehalten und sie schließlich erwürgt, bis sie sich nicht mehr rührte.
Die Frau müsse sich zuvor gegen die Gewalt des Mannes „verzweifelt gewehrt“ haben, so der Richter, sei dem 1,88 Meter großen und damals 140 Kilogramm schweren Mann aber körperlich weit unterlegen gewesen und schließlich erstickt. Mit dem Leichnam im Auto fuhr Dennis K. in jener Nacht noch eine Weile herum, legte dann den nackten und geschundenem Körper in einem Wald bei Stelle (Niedersachsen) bäuchlings auf den Boden, wo sie später von Spaziergängern gefunden wurde.
Richter: „Gruselige“ Entledigung der Leiche
Wie der Täter sich der Toten entledigt habe, sei eine „gruselige und bestürzende Vorstellung“, betont der Vorsitzende. Später habe Dennis K. dann versucht, sich noch in seinem Wagen selber zu töten – ein Versuch, der misslang.
Dann fuhr der Mann nach Hause zu seiner Lebensgefährtin, offenbarte ihr, dass er eine Frau umgebracht habe und nun einen Suizid begehen wolle. Dies alles konnte seine Freundin erst gar nicht glauben. Dann weckte sie die Kinder, fuhr mit ihnen los zu ihren Eltern und alarmierte von unterwegs die Polizei. Wenig später wurde Dennis K. festgenommen und sitzt seitdem in Untersuchungshaft.
Prostituiertenmord: Applaus für das Urteil
Die Angehörigen des Opfers, unter anderem die beiden halbwüchsigen Kinder der 35-Jährigen und ihre Mutter, waren an beinahe jedem Verhandlungstag zum Prozess gekommen. Nach der Urteilsverkündung applaudierten drei Leute aus den Reihen der Zuhörer.
Die Vertreterin der Familie des Opfers, Rechtsanwältin Claudia Krüger, spricht nach der Verhandlung von einem Strafmaß, das für die Angehörigen eine „Befriedigung“ sei. Krüger betont auch, dass das Urteil „große Signalwirkung“ habe. Frauen könnten sich wieder „etwas sicherer fühlen“, weil nun bekannt werde, dass „solche Taten hart bestraft werden“.