Zwei 16-Jährige brachten einen 73-jährigen Lebensmittelhändler um. Beide hatten schon vorher etliche Straftaten verübt.

Diese Bluttat hat Hamburg erschüttert und sogar bundesweit für Aufsehen gesorgt: Es war der Mord an einem 73 Jahre alten Lebensmittelhändler. Begangen wurde die Tat von zwei 16-Jährigen. Beide waren sogenannte Intensivtäter, hatten schon etliche Straftaten verübt.

True Crime: Die beiden Jugendlichen planten ihre Tat ganz kaltblütig

„Und nun also wurde es ein tödliches Gewaltverbrechen, das sie am 29. Juni 1998 begingen“, sagt Abendblatt-Gerichtsreporterin Bettina Mittelacher im Crime-Podcast „Dem Tod auf der Spur“ mit Rechtsmediziner Klaus Püschel. „Auf die Idee waren sie einige Tage vorher gekommen, nachdem einer der beiden Jugendlichen in dem kleinen Laden in Hamburg-Tonndorf Süßigkeiten gekauft hatten. Kurz danach planten die beiden ihre Tat, ganz kaltblütig.“„So muss man das wohl sehen, wenn man überlegt, wie die beiden Täter sich vorbereitet haben“, überlegt Püschel.

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„In einem Hamburger Einkaufszentrum besorgten sich Christian L. und Patrick E. ein dreiteiliges Messer-Set und ein Paket Nylonstrümpfe. Dann warteten sie in der Nähe des Feinkostladens auf eine günstige Gelegenheit, um den Ladeninhaber zu überfallen.“ Es ging ihnen darum, Geld zu erbeuten. Doch bei ihrer Tat haben sie offenbar skrupellos den Tod eines Menschen mit einkalkuliert. Christian L., der allgemein „Psycho“ genannt wurde, soll mit seinem Komplizen vor dem Raubüberfall abgesprochen haben: „Wenn er sich wehrt, machen wir ihn klar.“

Die Ehefrau entdeckte ihren toten Mann in einer Blutlache

„,Machen wir ihn klar‘“: Das hieß in der Sprache der Jugendlichen ja wohl, ihn umzubringen, wenn er sich wehren oder um Hilfe rufen sollte“, erzählt Püschel. „Und so kam es dann ja auch. Willi D. wurde niedergestochen. Der Notarzt konnte nur noch den Tod feststellen. Das Opfer hatte drei Stiche in die Brust erlitten, unter anderem direkt in die Herzregion.“ Gefunden wurde das Opfer dann nur wenige Minuten nach dem Mord. Lisa D., die Frau des 73-Jährigen, entdeckte ihren toten Mann. Er lag in einer Blutlache. Es muss ein unglaublicher Schock für die Frau gewesen sein.

„Ich durfte Lisa D. in Begleitung eines Mitarbeiters vom Weißen Ring in ihrer Wohnung in Tonndorf besuchen“, erinnert sich Mittelacher. „Als ich Lisa D. traf, lag der Mord an ihrem Mann knapp sechs Monate zurück. Die Witwe sagte mir, dass es für sie ,unmöglich‘ sei, die Tat zu verarbeiten. ,Das kann man nicht wegstecken‘, sagte sie wörtlich. Lisa D. erzählte, es sei ihr gleichgültig, ob die Angeklagten acht oder zehn Jahre Jugendstrafe bekommen. ,Das macht meinen Willi auch nicht wieder lebendig.‘“

Die beiden Täter waren gerade erst aus der Untersuchungshaft entlassen

Die Angeklagten Patrick E. und Christian L. brachten es schon vor dem Mord an Willi D. auf zusammen fast 70 Straftaten. Zuletzt waren sie in Untersuchungshaft gewesen, dann wurden sie aus dem Gefängnis freigelassen und zogen in eine Jugendwohnung. „Und gerade mal drei Tage später töteten sie Willi D.“, erzählt Mittelacher. „Dabei gab es Menschen, die gerade vor Christian L. gewarnt hatten. Ein Kripobeamter bezeichnete den 16-Jährigen sogar als ,tickende Zeitbombe. Eines Tages‘, sagte der Ermittler, ,wird er jemanden abstechen.‘“

Trotzdem landeten sie in der Jugendwohnung, die sie ohne Auflagen während einer Mittagspause verlassen konnten. „Und nachdem sie ja gerade erst aus der U-Haft entlassen worden waren, wollten die Jugendlichen sich sofort Geld beschaffen“, berichtet Püschel. „Um jeden Preis. So kam es zu dem Raubmord an Willi D. ,Wir haben gerade einen Opa abgestochen‘, soll Christian L. nach dem Mord zu seiner Freundin gesagt haben. Und: ,Der Opa war doch schon alt.‘“

Beide Täter wurden zu Jugendstrafen von acht Jahren verurteilt

Die beiden Jugendlichen erhielten jeweils eine Jugendstrafe von acht Jahren. Die wesentlichen Punkte der Urteilsverkündung wurden über einen Gerichtssprecher kommuniziert. Es hieß: „Die Täter haben schwerstes Unrecht verübt.“

Laut Gericht spielte sich die Tat so ab: Als Christian L. nach Geld sucht, erscheint Willi D., der offenbar kurz in den Flur hinter dem Laden gegangen war. Und nun, als er die maskierten Täter sieht, die sich an seiner Kasse zu schaffen machen, ruft der 73-Jährige laut um Hilfe. Daraufhin sticht einer der Täter zu. „Das ist nach Überzeugung des Gerichts Patrick E. gewesen“, berichtet Mittelacher. „Letztlich ist dieses Detail bei so einer Tat aber nicht übermäßig entscheidend für die Verurteilung. Sie waren gemeinsam dabei, also ist der Mord juristisch gesehen auch beiden zuzurechnen – nicht nur dem, der wirklich zugestochen hat.“

True Crime: Beide Männer wurden nach der Entlassung wieder straffällig

„Beide Angeklagten haben die meiste Zeit ihrer Freiheitsstrafe abgesessen“, führt Püschel aus. „Patrick E. hat seine voll verbüßt. Christian L. kam allerdings etwa ein Jahr vor Ablauf der achtjährigen Freiheitsstrafe auf freien Fuß. Es gab in Bezug auf beide Verurteilten Kritiker, die befürchteten, sie könnten wieder Straftaten begehen.“ Sie sollten Recht behalten.

Patrick E. stand zuletzt im Juli 2015 vor Gericht – wegen versuchten Raubes und gefährlicher Körperverletzung. Aber vor allem Christian L. setzte seine Laufbahn als Straftäter weiter fort. Nur wenige Tage nach der vorzeitigen Haftentlassung beging er zwei Raubüberfälle. Er bekam siebeneinhalb Jahre Haft. Die Richter verhängten außerdem die Sicherungsverwahrung.