Hamburg. Neue Folge von „Dem Tod auf der Spur“: Ein Hamburger Feuerwehrmann ist auf Mallorca – und reist ganz plötzlich ab. Eine Frau ist weg.
Es ist mitten in der Nacht, als Maria del Carmen verschwindet. Fünf Monate lang bleibt die 28-Jährige verschollen. Man ahnt, dass der jungen Frau aus Mallorca etwas Schlimmes widerfahren ist und dass sie vermutlich getötet wurde. Aber es gibt zunächst keinen sicheren Hinweis, was tatsächlich geschehen ist.
„Lange Zeit galt dieser Fall als ,Mord ohne Leiche’“, erzählt Rechtsmediziner Klaus Püschel im Abendblatt-Crime-Podcast „Dem Tod auf der Spur“ mit Gerichtsreporterin Bettina Mittelacher. „Und das machte es so schwierig. Wir wissen: Ohne den Toten gefunden zu haben, bleibt vieles im Rahmen der Spekulation. Unter anderem, ob und wenn ja: wie dieser Mensch umgekommen ist.“
Kriminalität Hamburg: Tote zuletzt 1999 gesichtet
Zu diesem Podcast haben Mittelacher und Püschel einen Gast eingeladen: Joachim Bülter war Jahrzehnte lang als Richter in Hamburg tätig. So verhandelte er dann auch über den Fall der Maria del Carmen, die am 22. Mai 1999 zuletzt gesehen wurde. „In Hamburg stand später ein Hamburger Feuerwehrmann wegen dieser Tat vor Gericht“, erinnert sich Bülter. „Dieser 33-Jährige war es, in dessen Begleitung das spätere Opfer zuletzt gesehen worden war.“
Der Feuerwehrmann, der auf Mallorca regelmäßig auch als Tauchlehrer arbeitete, und die 28-Jährige waren sich in einer Diskothek begegnet. Maria del Carmen war erheblich alkoholisiert und der Feuerwehrmann bot an, sie in ein Krankenhaus zu bringen. Dort kam sie nie an.
Dem Tod auf der Spur: Leiche wurde fünf Monate später gefunden
Was mit ihr geschehen war, blieb lange im Dunklen. „Bis schließlich gut fünf Monate später die Leiche der 28-Jährigen gefunden wurde“, berichtet Bülter. „Von diesem Moment an konnten entscheidende weitere Erkenntnisse gewonnen werden, so dass sich schließlich die Verdachtslage gegen den Hamburger immer weiter verdichtete.“
Mittelacher meint: „Die Umstände, wie der Leichnam entdeckt wurde, waren schon ziemlich gruselig. Der Hund eines Schäfers hat eine Hand mit Unterarm apportiert. Beides war deutlich verwest. Der Schäfer fand unter einem Gebüsch in einem einsam gelegenen Gelände die Leiche.“ Die Art, wie die Kleidung angeordnet war, deutete auf eine Vergewaltigung hin. Unter anderem war der Büstenhalter hochgeschoben, und die Bluse war der Frau von hinten nach oben über den Kopf gezogen, so dass ihre Arme nahezu fixiert waren. Und am Hals lag die Bluse eng an.
Dem Tod auf der Spur: Leiche war schon stark verwest
„Eine exakte Feststellung der Todesursache war in diesem Fall nicht mehr möglich, weil die Leiche schon zu stark verwest war“, erinnert sich Püschel. „Aber der spanische Rechtsmediziner, der die Tote obduziert hat, und ich sind zu dem Schluss gekommen, dass ein Tod durch Strangulation überaus wahrscheinlich ist. So eng, wie die Bluse am Hals der Toten anlag, war dieses Kleidungsstück absolut als tödliches Werkzeug geeignet.“
„Mehrere Ermittlungsergebnisse deuteten darauf hin, dass die 28-Jährige gleich in jener Nacht getötet wurde, in der sie in Begleitung des Hamburger Feuerwehrmannes verschwand“, berichtet Bülter. „Unter anderem wurde festgestellt, dass sie danach von niemandem mehr lebend gesehen wurde. Es gab beispielsweise auch keinerlei Kontobewegungen.“
Dem Tod auf der Spur: Hamburger Feuerwehrmann angeklagt
Schließlich begann am 7. Juni 2000 der Prozess gegen den Hamburger Feuerwehrmann wegen Mordes. „Ihm wurde vorgeworfen, Maria del Carmen durch Strangulation getötet zu haben. Auf diese Weise habe er entweder den Geschlechtsverkehr mit ihr gewaltsam ermöglichen wollen. Oder aber er ermordete sie, um die von ihm begangene Sexualstraftat zu verdecken“, so Püschel.
- Spektakuläre Mordfälle – und keine Aufklärung
- Erst nahm er ihr ganzes Geld, dann tötete er sie
- Das tödliche Ende einer indischen Liebesgeschichte
„Ich erinnere mich vor allem noch an die Angehörigen der ermordeten 28-Jährigen, die als Nebenkläger aus Spanien zum Prozess gekommen waren“, erzählt Mittelacher. „Die Mutter umklammerte ein Foto ihrer Tochter. Es war ein Bild, auf dem Maria del Carmen glücklich und unbeschwert aussieht, eine strahlende junge Frau.“ Der Angeklagte hatte sich damals im Prozess nicht zu den Vorwürfen geäußert, so die Gerichtsreporterin. Aber es gab eine Aussage des 33-Jährigen bei der Polizei, in der er behauptete, er und die alkoholisierte junge Frau hätten einvernehmlichen Sex gehabt.
Der Tod auf dem Spur: Überstürzte Abreise des Hamburgers
Mit ihrem Verschwinden und ihrem Tod habe er nichts zu tun. „Allerdings gab es eine überstürzte Abreise des Angeklagten — wenige Stunden nachdem Maria del Carmen vermisst wurde“, so Mittelacher. „Er fuhr übereilt und unter einem Vorwand weg, der später widerlegt werden konnte.“ Außerdem erinnerten sich Zeugen, dass der Feuerwehrmann, obwohl er gesagt hatte, dass er die hinfällig wirkendende Frau in eine Klinik bringen wolle, mit ihr in eine andere Richtung fuhr. Und dass er sie nicht gedrängt und schon gar nicht vergewaltigt habe, erschien nicht glaubhaft.
Der Angeklagte ist am 13. Oktober 2000 zu lebenslanger Haft verurteilt worden — wegen Mordes und sexuellen Missbrauchs von Maria del Carmen. Nach dem Urteil sprang der Feuerwehrmann erbost auf. „Ich lasse mich hier nicht länger verarschen!“ zischte er in Richtung der Richter. Gleichzeitig jubelten in einer anderen Ecke des Gerichtssaals die Angehörigen von Maria del Carmen.