Hamburg. Serie: Die Geschichte Hamburgs – erzählt entlang der großen Themen. Teil 4: Wie Feuer, Pest und Cholera in der Hansestadt wüteten.
Seuchen, Brände, Fluten, Kriege – immer wieder erlebt Hamburg auch Katastrophen. Und häufig fürchten die Einwohner dann, dass es sehr lange dauern werde, bis die Stadt sich erholt. Doch werden sie immer eines Besseren belehrt. Es ist erstaunlich, welche Widerstands- und Aufbaukräfte die Hamburgerinnen und Hamburger entwickeln können, wenn es sie hart getroffen hat.
Und meistens werden die Stadtväter auch klug aus den Schäden: Nach dem Großen Brand 1842 wird der Brandschutz endlich ernst genommen; nach der Cholera-Epidemie 1892 werden Slums abgerissen und die Trinkwasserversorgung verbessert, nach der Flut 1962 die Deiche modernisiert.
Die Pest: Der Schwarze Tod und seine verheerenden Folgen
Jeder Tod ist eine Katastrophe. Ob Krankheit oder Unfall, wir empfinden jeden Verlust eines Lebens, das nicht mindestens 70 Jahre gewährt hat, als besondere Tragödie, als etwas Unerwartetes, Vermeidbares. Um zu verstehen, was Mitte des 14. Jahrhunderts in Hamburg und ganz Europa passiert und wie die Menschen darauf reagieren, müssen wir das alles vergessen. Für den Hamburger im späten Mittelalter ist der Tod viel gegenwärtiger und viel selbstverständlicher. Schon die Kindersterblichkeit ist dramatisch hoch. Eltern, die „nur“ jedes zweite Kind verlieren, dürfen sich glücklich schätzen. Niemand rechnet damit, 70 oder gar 80 Jahre alt zu werden, solch biblisches Alter erreichen nur sehr, sehr wenige.
Der Blickwinkel vieler ist ohnehin aufs Jenseits gerichtet. Der meist frühe Tod ist unabänderlich und offenbar Gottes Wille. Und was sind schon ein paar Jahrzehnte voller Mühsal und Ungerechtigkeiten gegen das ewige Leben im Himmelreich? So lehrt es die Kirche und so denken auch fast alle Menschen im 14. Jahrhundert, das schon vor der Pest viele kleinere Katastrophen bereithält. Mehrere Hungersnöte gibt es in Europa, das unter einem Klimawandel mit niedrigeren Temperaturen und extremen Niederschlägen leidet: Immer häufiger gibt es Missernten, die die seit Jahrhunderten stetig anwachsende Bevölkerung treffen und schwächen. Ein Faktor, der zur extrem hohen Sterblichkeit beitragen wird.
Pest bricht in Hamburg 1350 aus
Als in Hamburg 1350 die Pest ausbricht, geschieht dies nicht überraschend. Seit drei Jahren schon wütet die Seuche in Europa, die vermutlich von genuesischen Kaufleuten eingeschleppt worden ist. Langsam bewegt sie sich von Süden nach Norden und hat vor allem in den dicht bevölkerten Städten verheerende Folgen. Die ohnehin katastrophalen hygienischen Bedingungen tun ihr Übriges. Die Menschen stehen der Pandemie weitgehend hilflos gegenüber: Weder kennt man die Ursachen, noch gibt es Behandlungsmethoden. Oft dauert es nur wenige Stunden von den ersten Symptomen bis zum Tod.
Wie viele Hamburger der Seuche zum Opfer fallen, kann nur geschätzt werden. Von den etwa 10.000 Einwohnern stirbt mindestens ein Drittel, wahrscheinlich mehr als die Hälfte. Die Reichen trifft es genauso wie die Armen. So geht aus den Stadtbüchern hervor, dass von den 21 Ratsherren des Jahres 1349 zwei Jahre später nur noch fünf am Leben sind – die meisten dürften Pestopfer gewesen sein. Gemessen an der Todesrate ist die Pest die mit Abstand größte Katastrophe in der Geschichte Hamburgs.
Viele Gesunde erwarten schon den Tod
Die Begleiterscheinungen und Folgen der Seuche sind im ganzen Reich dramatisch. Viele noch Gesunde hören auf zu arbeiten und geben sich Ausschweifungen hin – in der sicheren Erwartung des Todes. Andere tun sich in „Geißlerzügen“ zusammen und peitschen sich selbst öffentlich aus, um Gott zu besänftigen. Tausende Juden werden überall in Europa ermordet, weil man in ihnen die Schuldigen sieht – und sich ihren Besitz aneignen, bezie-hungsweise Schulden loswerden will. In Hamburg gibt es 1350 allerdings noch keine jüdische Gemeinde.
Der europaweite Tod so vieler Menschen hat große Umwälzungen zur Folge. Tausende Dörfer werden aufgegeben, die hohe Nachfrage nach Arbeitskräften führt zu Einwanderung und höheren Löhnen. Auch in Hamburg lockern die Handwerkszünfte ihre rigide Aufnahmepraxis und locken so Arbeitskräfte aus dem Umland an, in dem die Pest wegen der geringeren Bevölkerungsdichte weniger stark gewütet hat. Hamburg kann den Bevölkerungsverlust so relativ schnell zumindest teilweise wieder ausgleichen. Gleichzeitig wird die Gesellschaft etwas durchlässiger, und es gibt bessere Aufstiegschancen für die vielen Neu-Hamburger.
Die Zeit der Pest ist aber keineswegs vorbei. Noch rund 150 Jahre lang gibt es fast alle zehn Jahre Pestausbrüche in Hamburg mit insgesamt Zehntausenden Opfern; das Ausmaß von 1350 wird aber nicht mehr erreicht. Das liegt auch an verbesserten Quarantänemaßnahmen, die man zu ergreifen gelernt hat – Erkrankte werden möglichst schnell isoliert und außerhalb der Stadt untergebracht.
Franzosentid: Die Hälfte der Bevölkerung stirbt oder flieht
Siebeneinhalb Jahre lang ist Hamburg von französischen Truppen besetzt, drei Jahre lang ist die Stadt als „Hambourg“ sogar offiziell Teil des französischen Kaiserreichs (Departement Nr. 125). Eine einzige Katastrophe sind diese Jahre sicherlich nicht – es gibt durchaus Positives –, wirtschaftlich leidet Hamburg aber enorm.
Und am Ende ereignet sich ein Drama, das nach heutigen Maßstäben ein Kriegsverbrechen ist. Die Besetzung beginnt 1806. Gerade hat Napoleon die preußischen Armeen vernichtend geschlagen und ist unumstrittener Herr über Kontinentaleuropa, nur Großbritannien leistet noch Widerstand. Napoleon will die Insel wirtschaftlich in die Knie zwingen – und bei diesem Plan spielt Hamburg eine entscheidende Rolle.
Mit den Briten ist jeglicher Handel verboten
„Kontinentalsperre“ nennt der Kaiser seine Blockade gegen die Briten, mit denen jeglicher Handel verboten wird. Und weil Hamburg einer der wichtigsten Häfen ist, rücken am 19. November französische Truppen ein. Widerstand gibt es nicht: Schon zwei Jahre zuvor hat sich Hamburg für neutral erklärt und die Befestigungsanlagen einreißen lassen – wohlwissend, dass die Stadt gegen eine große moderne Armee ohnehin nicht zu verteidigen wäre. So verhindern die Stadtväter sinnloses Blutvergießen.
Viele Handelshäuser aber müssen in den nächsten Jahren ihren Bankrott erklären, die Wirtschaft liegt danieder. Außerdem müssen ja die fremden Truppen einquartiert und versorgt werden. Es gibt aber auch einen Modernisierungsschub, denn als Hamburg 1811 französisch wird, tritt auch der „Code Napoléon“ in Kraft. Dieses hochmoderne Gesetzbuch, das in Teilen heute noch gilt, trennt Verwaltung und Justiz, es macht alle vor dem Gesetz gleich – auch die Juden, die bis dahin offen diskriminiert worden sind –, und es führt Geschworenengerichte ein.
Am 12. März 1813 ziehen die Franzosen ab
Dass dies im kollektiven Gedächtnis heute kaum eine Rolle spielt, liegt an den Ereignissen der Jahre 1813/14. Zunächst scheint das Glück auf Hamburgs Seite, denn am 12. März 1813 ziehen die Franzosen ab, um gegen Preußen und die Russen zu kämpfen. Und russische Truppen kommen als bejubelte Befreier in die Stadt. Der befehlende General Tettenborn aber hat lediglich 1400 Mann, fordert von Hamburg Geld und die Ehrenbürgerwürde (beides bekommt er) und lässt es sich gut gehen. Dann rücken die Franzosen erneut an. Und was macht Tettenborn, der heldenhafte Ehrenbürger? Er nimmt Reißaus.
Nun beginnt die düstere Periode. Der Befehlshaber Marschall Davout, ein ebenso fähiger wie skrupelloser Militär, konfisziert den Staatsschatz und lässt Hunderte Häuser einreißen und die Bewohner vertreiben, um ein freies Schussfeld zu haben. Und als der Winter naht, muss jeder Hamburger nachweisen, ausreichend Lebensmittel für vier Monate zu haben – alle anderen müssen die Stadt verlassen.
Tausende sterben vor Hunger und Kälte
Rund 30.000 Menschen werden in den Weihnachtstagen des Jahres 1813 vor die Tore getrieben. Und trotz der großen Hilfsbereitschaft vor allem der Altonaer sterben Tausende vor Hunger und Kälte. Es folgen Monate der Belagerung durch alliierte Truppen. Fast alle europäischen Staaten haben sich mittlerweile gegen Napoleon verbündet. Erst Ende Mai 1814 räumen die Franzosen die ausgehungerte Stadt, in der längst Seuchen grassieren.
Durch Flucht und Tod hat sich die Bevölkerungszahl halbiert. Auch wegen des großes Hasses auf die Franzosen werden alle Reformen zurückgedreht, und die alte – und vor allem hoffnungslos veraltete – Verfassung wird wieder in Kraft gesetzt. Wirtschaftlich und demografisch erholt sich die Stadt aber erstaunlich rasch. 1814 haben nur noch etwa 45.000 Menschen in der Stadt gelebt, 1826 sind es bereits 122.000.
Der Große Brand – in vier Tagen ist ein Drittel der Stadt zerstört
Die spannendste Variante der Geschehnisse vom 5. Mai 1842 an hat sicherlich Boris Meyn geliefert. Der Kunsthistoriker und Autor erzählt in „Der Tote im Fleet“ die Ereignisse um Hamburgs großen Stadtbrand als Verschwörung von Grundstücksspekulanten. Beweise dafür gibt es natürlich nicht. Dass nach dem Feuer sehr lukrative Immobiliengeschäfte gemacht werden, stimmt allerdings.
Wenn binnen vier Tagen rund ein Drittel der Stadt niederbrennt, dann ist das Wort „Katastrophe“ sicher angebracht. Und es erscheint fast wie ein Wunder, dass die Zahl der Opfer so gering bleibt: 51 Hamburger lassen ihr Leben. Aber gut 20.000 werden obdachlos. Es wird Jahre dauern, bis die Letzten die rasch eingerichteten Notquartiere verlassen können.
Feuer gerät außer Kontrolle
Das Feuer bricht an der Deichstraße aus und scheint zunächst keine große Sache zu sein. Doch obwohl es rasch bemerkt wird und die Feuerwehr schnell vor Ort ist, greifen die Flammen auf benachbarte Häuser über – begünstigt durch die Trockenheit der vergangenen Wochen und böige Winde. Das Feuer gerät völlig außer Kontrolle und erreicht schnell das Nikolaiquartier, verzweifelt sprengt man das Rathaus (heute steht dort das Gebäude der Patriotischen Gesellschaft), doch die Flammen finden weiter Nahrung.
Der Bankier Salomon Heine lässt sogar sein Wohnhaus am Jungfernstieg sprengen, um dem Feuer Einhalt zu gebieten, später verzichtet er auf die Auszahlung der Versicherung, um den Zusammenbruch der Hamburger Feuerkasse zu verhindern, und hilft zahllosen Obdachlosen mit Spenden. Überhaupt schlägt jetzt seine Stunde: Während die Kaufmannschaft in Panik gerät und die Börse zu kollabieren droht, behält er die Ruhe, betont, dass seine Bank weiter Geld zu unveränderten Konditionen biete, und rettet so die Situation. Dennoch akzeptieren die Kaufleute Heine nicht als ihresgleichen, als Jude bleibt ihm das Bürgerrecht verwehrt.
Feuer kann erst an der Alster gestoppt werden
Erst an der Alster (daher der Straßenname Brandsende) und am Gänsemarkt kann das Feuer endgültig gestoppt werden, am 8. Mai werden die letzten Flammen gelöscht. Die Nikolai- und die Petrikirche, das Rathaus und die Alte Börse konnten nicht gerettet werden – so wie insgesamt gut 1700 Häuser. Da ist es nur noch eine Randnotiz, dass die für den 7. Mai angesetzte große Feier zur Eröffnung von Hamburgs erster Eisenbahnlinie nach Bergedorf abgesagt wird.
Ist dies ebenso wie der nun kommende rasche Ausbau des Schienennetzes schon ein Meilenstein auf dem Weg in die Moderne, so sorgt auch das Feuer für einen Modernisierungsschub. Statt der alten Häuser und verwinkelten Gassen entstehen nun moderne Bauten, die das Stadtbild bis heute prägen. Alexis de Chateauneuf plant die Alsterarkaden und die Gestaltung des künftigen Rathausmarkts (auch wenn das neue Rathaus erst 55 Jahre später fertig ist). Auch verschafft er mit Gebäuden wie der Alten Post dem Backstein in Hamburg neue Geltung.
Hamburg baute erste Kanalisation Kontinentaleuropas
Die wichtigste Neuerung aber ist gar nicht zu sehen, denn Hamburg baut unter der Leitung von William Lindley die erste Kanalisation Kontinentaleuropas. In Rothenburgsort entsteht das Wasserwerk Kaltehofe, allerdings wird entgegen Lindleys Rat keine Filtration gebaut – ein folgenschwerer Fehler. Und eine weitere technische Neuerung ist mit dem Feuer verbunden. Hermann Biow macht während und kurz nach dem Brand die ersten Fotos der Stadt. Von seinen 47 Bildern sind leider nur drei erhalten geblieben.
Die Cholera oder: Das große Versagen der Hansestadt
Im Mittelalter und der frühen Neuzeit sind Seuchen in Europas Städten eher Regel denn Ausnahme. 1892 ist ein großer Cholera-Ausbruch aber in der zweitgrößten Stadt eines der modernsten Länder der Welt nicht nur eine medizinische Katastrophe, sondern auch eine große Peinlichkeit. Hamburg verliert mehr als 8600 Menschenleben, seinen Ruf und fast sogar seine Eigenständigkeit, weil sich die Behörden so offensichtlich unfähig sind.
Dabei geht es um eine grundsätzliche Frage: Was hat oberste Priorität? Die Gesundheit der Menschen oder die Aufrechterhaltung der Wirtschaft? Die Antwort damals lautet nicht Gesundheit. So ist die Epidemie von 1892 bis heute ein Lehrstück darüber, was passiert, wenn Politiker falsche Prioritäten setzen und wissenschaftliche Erkenntnisse ignorieren.
Erster Fall der Cholera wird vertuscht
Der August 1892 ist besonders heiß. Dass im Hochsommer vermehrt Durchfallerkrankungen auftreten, ist nicht ungewöhnlich, das kommt jedes Jahr vor. Als am 15. August ein Kanalarbeiter namens Sahling mit solchen Symptomen ins Krankenhaus kommt und wenige Stunden später stirbt, diagnostiziert der Arzt Hugo Simon allerdings die „asiatische Cholera“.
Sein Vorgesetzter aber ignoriert das und lässt „Brechdurchfall“ als Todesursache in den Totenschein eintragen. Doch die Zahl der Fälle nimmt in den nächsten Tagen dramatisch zu. Immer mehr Kranke, immer mehr Tote. Der Senat will die Sache „unter dem Deckel halten“. Der zuständige Senator Gerhard Hachmann will von Cholera nichts wissen, der Seuchenausbruch soll verheimlicht werden. Das hat handfeste wirtschaftliche Gründe: Kein Schiff dürfte mehr den Hafen anlaufen oder verlassen, die Verluste wären gewaltig. Und die Reedereien machen Druck. Die Hapag droht sogar mit dem Umzug nach Bremen, sollte der Hafen geschlossen werden. So wird die letzte Chance vertan, die Seuche einzudämmen.
Cholera breitet sich vor allem in Armenquartieren aus
Dass sich die Cholera fast ungehindert, vor allem in den Armenquartieren, verbreiten kann, liegt an den katastrophalen hygienischen Verhältnissen in den engen Gängevierteln, die man getrost als „Slums“ bezeichnen kann. Vor allem über das verseuchte Wasser, das ungefiltert aus der Elbe in die Leitungen fließt (es gibt nur große Becken, in denen sich Schwebeteilchen absetzen können), verbreitet sich die Krankheit. Obwohl der britische Arzt John Snow schon Jahrzehnte zuvor nachgewiesen hat, dass sich die Cholera über das Trinkwasser verbreitet, ignorieren die Hamburger Behörden diese Tatsache.
Dabei braucht man nur nach Altona zu schauen, das damals noch eigenständig ist. Dort ist längst eine Wasserfiltration gebaut worden, während Hamburg die Kosten scheut. Und obwohl beide Städte nahtlos ineinander übergehen, gibt es in Altona kaum Krankheitsfälle. Hamburg aber bleibt untätig, bis es zu spät ist. Als immer mehr Menschen sterben, bricht Panik aus. Wer kann, verlässt die Stadt.
„Ich vergesse, dass ich in Europa bin“
Die Berliner Reichsregierung schickt den Bakteriologen Robert Koch nach Hamburg, der fassungslos über die Verhältnisse ist. Beim Anblick der Slums sagt er: „Ich vergesse, dass ich in Europa bin.“ Gegen alle Widerstände setzt er einschneidende Quarantänemaßnahmen durch. Vor allem soll mit Hunderttausenden Flugblättern die Bevölkerung informiert werden, dass Wasser unbedingt abgekocht werden muss. Dass mangels eigener Kapazitäten die verhassten, aber gut organisierten Sozialdemokraten mit der Verteilung beauftragt werden müssen, schmerzt Senator Hachmann besonders.
Die Stadt steht nun völlig still, niemand darf rein oder raus. Hunderte Arbeiter schaufeln pausenlos Gräber auf dem Ohlsdorfer Friedhof, die Krankenhäuser errichten Notlazarette. Und die halbe Stadt ist volltrunken – denn es geht das Gerücht um, Alkohol schütze vor Ansteckung. Das hat seinen Ursprung wahrscheinlich in London, wo zuletzt 1854 die Cholera ausgebrochen ist. Der schon erwähnte Arzt John Snow findet damals heraus, dass kein Arbeiter einer Brauerei mitten im Seuchengebiet erkrankt – sie alle trinken kein Wasser, sondern Bier, das sie fast kostenlos bekommen. Natürlich schützt sie nicht das Bier, sondern der Verzicht auf das verseuchte Wasser. Während die allgemeine Panik auch absurde Blüten treibt (viele weigern sich aus Angst vor Ansteckung, Briefe und sogar Telefonanrufe aus Hamburg anzunehmen), dauert es quälende zehn Wochen, bis Hamburg die Cholera endlich überwunden hat.
Hamburger Stadtgeschichte: Gängeviertel abgerissen
Da haben viele Länder längst die Grenzen geschlossen, und Hamburgs Ruf ist weltweit gründlich ruiniert. In Berlin gibt es sogar Überlegungen, Hamburg die Eigenständigkeit zu nehmen und es zur preußischen Stadt zu machen, was aber bald dann doch nicht mehr verfolgt wird.
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Immerhin: Der Senat hat seine Lektion gelernt. Die Wasseraufbereitung wird nun zügig gebaut, die Gängeviertel werden nach und nach abgerissen, es gibt strenge Bau- und Hygienevorschriften, eine Müllverbrennungsanlage wird errichtet, ein Hygieneinstitut mit Bernhard Nocht an der Spitze gegründet. Erst jetzt wird Hamburg eine wirklich moderne Stadt.
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