Hamburg. Orthopäde Dr. Anusch Sufi-Siavach über Veränderungen, die aus Knochen oder Gewebe hervorgehen – und wie sie behandelt werden.

„Wir haben einen Tumor entdeckt“: Kaum eine Diagnose klingt wohl für Patienten beängstigender als diese. Die Gretchenfrage ist dann: Handelt es sich um eine gutartige Veränderung oder um einen bösartigen Tumor? Und genau dies gilt es auch bei Knochen- und Weichteil­tumoren am Bewegungsapparat, dem Spezialgebiet von Dr. Anusch Sufi-Siavach, abzuklären.

„Mehrheitlich sind diese Tumoren glücklicherweise gutartig, wie beispielsweise die etwas bekannteren Lipome, die aus Fettzellen hervorgehen“, sagt der Mediziner, der seit 1. Juli als Leitender Arzt und Sektionsleiter der Abteilung für Tumororthopädie an der Asklepios Klinik Barmbek vorsteht. Auch unter den Knochentumoren seien Sarkome, also bösartige Veränderungen, eher selten.

Knochentumor sei häufig eher ein „Zufallsbefund“, so der Experte

Doch wie werden diese Tumoren entdeckt? „Bei Weichteiltumoren ist es so, dass Schwellungen entstehen können oder dass die Patienten ein Spannungs­gefühl unter der Haut spüren und daraufhin oft selbst den Arzt aufsuchen“, sagt der Mediziner, der in Göttingen studiert hat und als Sohn eines niedergelassenen Internisten schon früh wusste, dass Arzt auch sein Traumberuf ist. „Knochentumoren sind dagegen oft eher ein radiologischer Zufallsbefund, wenn beispielsweise jemand kommt, weil er Schmerzen im Knie hat.“

In der Diagnostik spiele die Bildgebung die entscheidende Rolle: „Bei Weichteiltumoren, die sich auch schon tastend untersuchen lassen, nutzen wir die Kernspintomografie (MRT), um das Ausmaß darzustellen.“ Bei Knochen­tumoren sei das klassische Röntgenbild als Erstuntersuchung maßgeblich. In manchen Fällen, wenn die Diagnostik bis dahin noch nicht ausreichend viele Informationen geliefert habe, sei eine Biopsie notwendig. Dieser chirurgische Eingriff, bei dem der Tumor zur Entnahme von Gewebe geöffnet wird, bereite viele Patienten im Vorfeld Sorge.

Tumor: Entnahme dauert oft nur 30 bis 45 Minuten

„Man sollte dafür auch unbedingt nur einem Spezialisten vertrauen“, sagt der Leitende Arzt, „denn die Herausforderung ist, die Kontamination mit Tumorzellen so gering wie möglich zu halten.“ Das heißt: Weil der Tumor unvermeidlich ein wenig blutet, wenn er geöffnet wird, muss vermieden werden, dass umliegendes, gesundes Gewebe von dem kranken „angesteckt“ wird. Der Eingriff selbst nehme nur 30 bis 45 Minuten in Anspruch, doch es dauere mitunter bis zu zwei Wochen, ehe das Ergebnis des Pathologen vorliege. „Da sind spezielle und komplexe Untersuchungen nötig, und deshalb müssen wir an dieser Stelle immer ein wenig an die Geduld der Patienten appellieren.“

Die Therapie des jeweiligen Tumors sei dann „hochindividuell“. „Manchmal reicht es, die Veränderung engmaschig zu beobachten. Manchmal ist eine Operation erforderlich, manchmal muss davor noch eine Bestrahlung oder Chemotherapie erfolgen“, sagt der verheiratete Vater von zwei Söhnen. Dass ein Tumor an derselben Stelle wiederkehre, sei leider nie ganz auszuschließen. „Es kommt auf den Tumor an, aber grundsätzlich ist ein solches Rezidiv doch eher selten“, sagt der Tumororthopäde aus Barmbek.