Hamburg. Bei den „Vier Flaschen“ ist diesmal Georg Klein zu Gast. Und er hat auch eine ungewöhnliche Idee mitgebracht.
Vor 32 Jahren wurde Christoph Körner quasi über Nacht zum Winzer. Seine Großmutter schenkte dem Österreicher ein kleines Stück Land im sogenannten Weinviertel, mit einer Fläche von insgesamt 14.000 Hektar die größte Anbaufläche im Land. Körner machte aus dem Geschenk das Weingut Dürnberg, welches nun seinerseits Tausende andere Weinliebhaber über Nacht zu Winzern machen will. Mit einer Idee, die es so zumindest in Europa nicht gegeben hat – und die Dr. Georg Klein, heute Chef des Unternehmens, als Gast in unserer Reihe „Vier Flaschen“ verrät.
Zusammen mit ihm testen Weinkenner Michael Kutej, Rieslingliebhaber Lars Haider und Apfelsaftschorlentrinker Axel Leonhard natürlich auch vier Weine, von denen mindestens drei typisch für Österreich sind. Bevor es losgeht, erzählt Klein aber, wieso das eher kleine Weingut aus Falkenstein im Moment in der Branche ein großes Gesprächsthema ist: Dürnberg will in den kommenden Wochen bis zu 10.000 Menschen am Unternehmen beteiligen. Man wird verschiedene Anteile kaufen können, Mindesteinsatz ist 300 Euro, maximal kann man 5000 Euro anlegen.
Georg Klein betreibt das Weingut Dürnberg
Klein ist ein Quereinsteiger, der nach zwei Jahrzehnten in der Finanzindustrie vor 13 Jahren seine bäuerlichen Wurzeln wiederentdeckte und seitdem gemeinsam mit seinen Jugendfreunden Christoph (der Gründer) und Matthias das Weingut Dürnberg betreibt. „Wir suchen keine Investoren, wir suchen Weinfreunde, die hoffentlich zu Botschaftern für unsere Marke werden“, sagt er, um Missverständnissen vorzubeugen. „Wer sein Geld investieren will, um reich zu werden, ist bei uns an der falschen Adresse.“
Er gehe zwar für das nächste Jahr von einer Dividende von fünf Prozent aus – das heißt, wer 1000 Euro anlegt, bekäme 50 Euro ausgezahlt. Und selbstverständlich wolle das Unternehmen in den nächsten Jahren auch weiterwachsen und „die besten Weine im Weinviertel produzieren“. Nur: Eine Garantie für den Erfolg kann Klein nicht geben, das ist bei Wein genauso wie bei anderen Unternehmen.
Klein will Anteile für rund sechs Millionen Euro abgeben
Das Interesse ist dennoch groß, kurz vor dem Start der Zeichnungsfrist hatten sich schon 9400 potenzielle Neu-Winzerinnen und -Winzer auf der Homepage von Dürnberg registrieren lassen. Insgesamt will Klein Anteile für rund sechs Millionen Euro abgeben – dass das gelingt, ist sicher. Schon 2017 hatte Dürnberg mit einem ähnlich ungewöhnlichen Projekt 645.000 Euro eingesammelt, von damals 245 Weinfreunden, die der Firma unterschiedlich hohe Darlehen gewährt hatten.
„Die Darlehensgeber haben seitdem eine intensive Beziehung zum Weingut entwickelt, das hoffen wir von den künftigen Anteilseignern auch“, sagt Klein. Das Kalkül: Wer Mitbesitzer eines Weingutes ist, kauft natürlich auch die „eigenen“ Weine und macht Werbung dafür, „so lange, bis Falkenstein in einem Atemzug mit Bordeaux und Burgund genannt wird. Das ist die Vision.“ Sagt Klein, und man merkt, dass er das nicht ganz ernst meint – zumindest im Moment.
Flasche Nummer eins: Blanc de Noir vom Zweigelt
Denn noch bewegen sich die Weine der Dürnberg Fine Wine AG – so heißt das Unternehmen offiziell, um Aktien ausgeben zu können – in einem anderen Preissegment als die Hochkaräter aus dem Bordeaux und dem Burgund. Die teuerste Flasche kostet gerade einmal 39 Euro, die vier Weine im Test liegen sogar nur rund um 10 Euro.
Los geht es mit einem Blanc de Noir vom Zweigelt, dem zweitmeistverkauften Wein von Dürnberg. Blanc de Noir heißt: Dies ist ein Weißwein, der aus roten Trauben hergestellt worden ist, und das sieht man ihm auch an. Die Farbe sieht aus, „als wäre ein Lachs vorbeigeschwommen“, sagt Klein, der Wein ist saftig, sehr fruchtig. Für Lars Haider hat er „etwas von einem Himbeerdrops“.
Flasche zwei ist ein Grüner Veltliner
Flasche zwei enthält eine Rebsorte, die viele schon getrunken haben, wahrscheinlich die meisten Menschen außerhalb Österreichs mit dem Land verbinden und die dort auch am stärksten verbreitet ist: 34 Prozent aller Reben in Österreich sind Grüner Veltliner, zwölf Prozent Zweigelt. Der Grüne Veltliner sei etwa so vielseitig einsetzbar wie ein Grauburgunder, sagt Michael Kutej, „man kann ihn praktisch zu jedem Essen servieren“. Typisch ist, auch bei dieser Flasche, der Geschmack nach Weißem Pfeffer, der lange am Gaumen bleibt, dazu kommt etwas gelbe Paprika.
Der Wein in Flasche Nummer drei ist eine Hommage an die großen Rosés aus der Provence und heißt deshalb, und das ist angenehm selbstironisch: Roséaus der Provinz. Wie die beiden ersten Weine stammt er aus dem Jahr 2021, schmeckt nach Erdbeere sowie Sauerkirsche und liegt für Leonhard „genau zwischen den sehr fruchtigen, süßen Rosé-Weinen, die in Deutschland gern getrunken werden, und den eher kräftiger Varianten aus der Provence“.
Flasche Nummer vier für 10 Euro erhältlich
Bleibt Flasche Nummer vier, ein Rotwein, der Zweigelt Falkenstein 2020, ein einfacher Ortswein für 10 Euro, welcher der Runde sehr gut gefällt: Das sei ein richtig schöner Trinkwein für jeden Tag, saftig, beerig, pfeffrig, nicht im Holz ausgebaut und, so Kutej, „unbedingt kühl zu trinken.“
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Die „Vier Flaschen“ können Sie sich auch unter www.abendblatt.de/podcast anhören oder auf dem YouTube-Kanal des Hamburger Abendblatts ansehen. Im Wechsel mit der bekannten, insgesamt etwa 90 Minuten langen Folge gibt es alle zwei Wochen eine schnelle Variante: In maximal 9:59 Minuten testen Kutej, Haider und Leonhard eine Flasche Wein, die unter 10 Euro kosten muss und die am Ende mit Punkten von eins bis zehn bewertet wird.