Hamburg. Hamburg will den Jahresverbrauch von 1800 Wohnungen einsparen – und setzt dabei nicht nur auf Hightech-Lösungen.
Die Stadt Hamburg will mit einem großangelegten Energiesparprojekt den Heizenergieverbrauch in öffentlichen Gebäuden um bis zu 30 Prozent senken. Durch den Einbau neuer intelligenter Thermostate sowie eine messtechnische Optimierung sollen rund 15 Gigawattstunden an Heizenergie pro Jahr eingespart werden. Das entspricht in etwa dem Jahresverbrauch von 1800 Wohnungen mit einer Fläche von 60 Quadratmetern. Die städtische Sprinkenhof GmbH will die neue Technik in rund 50 eigenbewirtschafteten öffentlichen Gebäuden an rund 10.000 Heizkörpern anwenden.
„Im Rahmen des Energieeinsparplans des Senats ist es natürlich unsere Verpflichtung bei den öffentlichen Gebäuden mit gutem Beispiel voranzugehen“, sagte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) am Donnerstag bei der Vorstellung der Technik im Rathaus Altona. Neben langfristigen Projekten gehe es angesichts der bevorstehenden kalten Jahreszeit jetzt auch um kurzfristig wirkende Sofortmaßnahmen.
Energiekrise: Hydraulischer Abgleich soll Heizenergie in Hamburgs öffentlichen Gebäuden sparen
Den öffentlichen Unternehmen und öffentlichen Gebäuden komme bei den Herausforderungen der Energiekrise eine Vorbildfunktion zu – „sie haben allein schon durch ihre Größenordnung eine entsprechend starke Hebelwirkung und können bedeutende Energiemengen einsparen“, so Dressel. Vier Millionen Euro hat Sprinkenhof in die energieeinsparende Technik investiert. Bereits seit August lässt die Stadt die Heizkörper in überwiegend großen öffentlichen Gebäuden umrüsten.
Dabei wird zum einen ein sogenannter hydraulischer Abgleich durchgeführt. Das messtechnisch gestützte Verfahren der Firma myWarm ermöglicht die gleichmäßige Erwärmung aller Heizkörper in allen Räumen und verhindert so einen Mehrverbrauch durch Über- oder Unterversorgung. Dafür werden die einzelnen Werte alle drei Sekunden an einen Server gesendet, der wie eine Waage fungiert und darauf achtet, dass alle Heizkörper gleichmäßig versorgt werden.
Heiztemperatur auf maximal 19 Grad Celsius abgesenkt
Zum anderen werden neue, intelligente Thermostate des Hamburger Unternehmens Vilisto installiert, die mithilfe von Sensoren automatisch erkennen, ob und wann ein Raum genutzt wird und diesen dann je nach Bedarf beheizen. Dadurch könne ein Raum rechtzeitig erwärmt werden, bevor jemand ihn beispielsweise um 8 Uhr morgens betritt oder sich am Abend runterregulieren, wenn der entsprechende Raum nicht mehr genutzt wird.
Das sei deshalb so wichtig, da öffentliche Gebäude wie Büros oder Schulen meist durchgängig beheizt, aber über die Hälfte der Zeit überhaupt nicht genutzt werden, beispielsweise nach Feierabend, am Wochenende oder an Homeofficetagen. Die Heiztemperatur wird dabei auf maximal 19 Grad Celsius abgesenkt. Die Temperaturabsenkung geht aus der im September in Kraft getretenen Energieeinsparverordnung des Bundes hervor, die unter anderem vorsieht, dass öffentliche Gebäude nur noch bis maximal 19 Grad beheizt werden dürfen.
Auch Rathaus Altona und Hamburger Rathaus betroffen
„Mit unserem Vorstoß auf neue Technologien zu setzen, können wir in den rund 50 Gebäuden kurzfristig auf die Energiesparverordnung des Bundes reagieren und es unseren Mieterinnen und Mietern ermöglichen, energieeffizient und intelligent zu heizen“, sagte Sprinkenhof-Geschäftsführer Jan Zunke. „So können wir beispielsweise die 19-Grad-Vorgabe zentral steuern ohne Aufwand für unsere Nutzenden.“ Der Eingriff sei dabei „minimalinvasiv“ und es werde nicht auf einen Einmal-, sondern einen Dauereffekt gesetzt.
Die 50 Immobilien umfassen Büro- und Verwaltungsgebäude, Feuer- und Rettungswachen, Polizeikommissariate, Kultureinrichtungen, Gewerbehöfe und Hochschulimmobilien mit einer Fläche von rund 1000 bis 40.000 Quadratmetern. Dazu gehören neben dem Rathaus Altona beispielsweise das Hamburger Rathaus, die Rathäuser Bergedorf und Harburg, das Planetarium, das Deutsche Schauspielhaus, die Hamburger Kunsthalle oder das Gerichtsgebäude am Sievekingplatz.
Bezirksamt Altona verteilt warme Decken
Altonas Bezirksamtsleiterin Stefanie von Berg zeigte sich bei der Präsentation begeistert. „Gerade mit dem Wechsel ins Homeoffice ist es toll zu wissen, dass hier keine Energie mehr verschwendet wird.“ Das liege daran, dass die intelligente Heizungssteuerung merke, ob eine Person im Raum ist oder nicht. „Im Bezirksamt Altona gehen wir gerne voran. Deswegen freue ich mich, dass das Altonaer Rathaus als eines der ersten Gebäude mit der neuen Heizungstechnologie ausgestattet worden ist.“
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Die 19 Grad Raumtemperatur seien zwar erstmal kühl, „aber man gewöhnt sich dran“, sagte von Berg mit einem Blick auf ihren Schreibtisch auf dem eine Wärmflasche und dicke, selbst gestrickte Socken liegen. Auch an ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter habe sie gedacht. „Für diejenigen, die bei unseren Besprechungen einen höheren Wärmebedarf haben, habe ich ein paar Decken gekauft.“ Es gehe bei dem Projekt nicht nur darum, über diesen Winter zu kommen, sondern „es geht langfristig darum, Energie einzusparen“, so von Berg. „Es ist eine gemeinsame Anstrengung, die wir jetzt leisten müssen.“
Energiekrise: Kritik von der CDU
Die CDU-Fraktion kritisierte, dass die angestrebte Senkung des Heizenergieverbrauchs zu spät komme. „Ich staune, dass es erst einer Energiekrise bedarf, um die Stadt in Bewegung zu setzen, bei ihrem riesigen Pool an eigenen Gebäuden Einsparungen zu leisten“, sagte Anke Frieling, stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Fraktion. „Unsere Klimaschutzziele gelten doch schon seit Jahren und die intelligenten technischen Lösungen sind nicht neu. Sie kommen in vielen privaten Gebäuden schon lange zum Einsatz, um Kosten zu sparen.“