Hamburg. Die in Erbpacht vergebene Villa Lupi soll als Kulturzentrum betrieben werden. Doch dort wohnen Monteure – und das Haus verkommt.
Ihren Namen teilt die Villa Lupi in Eimsbüttel mit einem Luxus-Anwesen im spanischen Marbella, das vor Kurzem für 4,2 Millionen Euro im Internet zum Verkauf stand. Doch der Unterschied zwischen beiden Gebäuden könnte größer nicht sein. Denn statt durch Pool und Sonnenterrassen fällt das Grundstück am Heußweg 40 durch seinen verwahrlosten Zustand ins Auge: Von der Fassade drohen Teile herabzufallen, überall liegt Müll. „Villa Lupi – forum fuer kunst“ steht auf einem beschmierten Schild, der Schaukasten darunter ist zerschlagen.
Kunst und Kultur gibt es hier schon lange nicht mehr. Dafür Beschwerden aus der Nachbarschaft über Vermüllung und Lärmbelästigung. Und jede Menge Rätsel. Eigentümerin des Gebäudes ist seit 1998 die Villa Lupi Kunstforum GmbH, der die Stadt das Gebäude bis 2032 in Erbpacht überlassen hat.
Villa in Eimsbüttel zu Wohnzwecken genutzt
Schon 2016 erfuhr die SPD in einer Anfrage vom Senat, es sei „davon auszugehen, dass das Gebäude zurzeit ausschließlich zu Wohnzwecken genutzt wird“ – was gegen die Vertragskonditionen verstoße. Ein mit der Verwaltung des Objekts beauftragter Dienstleister sollte damals Kontakt mit dem Nutzer aufnehmen, um eine vertragskonforme Nutzung sicherzustellen. Doch passiert ist nichts. Denn ein Kulturzentrum ist die Villa definitiv nicht. Stattdessen wird sie mittlerweile seit einiger Zeit an Männer, die wohl überwiegend aus Osteuropa stammen, vermietet.
Die SPD-Fraktion stellte in den vergangenen Jahren weitere Anfragen an den Senat. Und erfuhr 2020, dass „fortwährend Gespräche“ mit der Erbbauberechtigten und deren Rechtsanwalt, teilweise auch unter Beteiligung des Bezirksamtes Eimsbüttel, geführt würden, um eine Lösung zu finden. Auch von einer möglichen Vertragsstrafe war die Rede.
SPD fordert Rückabwicklung der Erbpacht
Ein Jahr später war diese wieder Thema, zudem, so der Senat damals, bestehe „bei wesentlicher Verletzung der vertraglichen Nutzung die Möglichkeit, den Heimfallanspruch geltend zu machen“ – sprich: die Erbpacht rückgängig zu machen. Die Villa fiele dann wieder in den Besitz der Stadt. Ein Mietvertrag, den die Erbpächter mit einem Betreiber zur gewerblichen, kulturellen Nutzung des damals leerstehenden Gebäudes geschlossen hatte, sollte geprüft werden.
Doch: „Von der vereinbarten kulturellen Nutzung des Kleinods ist nach wie vor nichts zu sehen. Stattdessen wird das Gebäude augenscheinlich als Wohnunterkunft genutzt und verwahrlost zunehmend“, sagen der SPD-Fraktionsvorsitzende Gabor Gottlieb und der kulturpolitische Sprecher Christian Schütt. „Es gilt, gemeinsam mit der Stadt als Besitzer schnell eine Lösung zu finden und die Villa als Kulturzentrum zugänglich zu machen.
Erbpachtnehmer stammt von Sylt
Gibt es dazu keine Bereitschaft seitens des Investors, sollte die Stadt die notwendigen Schritte einleiten, um das Erbbaurecht rückabzuwickeln. Die Villa Lupi muss Eimsbüttel als Kulturzentrum zur Verfügung stehen.“ Mit ihrer Forderung sind die Politiker nicht allein. Ein Antrag, den sie kürzlich in der Bezirksversammlung stellte, wurde fraktionsübergreifend einstimmig angenommen.
Auch Nachbarin Gesa von Staden ist mittlerweile mit ihrer Geduld am Ende. Sie wohnt seit 2002 neben der Villa, deren Rückwand direkt an ihr Grundstück grenzt. „Die Misere begann, als der jetzige Erbpächter das Haus von seinem Vater geerbt hat“, sagt sie. Der eigentliche Erbpachtnehmer war Heinrich Matthias Haase, ein Sylter Immobilienunternehmer, der 2015 verstorben ist. Das Familienunternehmen, das jetzt sein Sohn Matthias Haase führt, betreibt auf der Nordseeinsel unter anderem ein kleines Hotel über einem von ihm errichteten Supermarkt.
Fenster der Villa wurden mittlerweile verklebt
Nachdem Matthias Haase auch die Geschäftsführung der Villa Lupi Kunstforum GmbH übernommen hatte, versuchte er laut Nachbarin von Staden, die Miete für die Villa Lupe drastisch zu erhöhen. „5000 Euro monatlich – da blieb dem früheren Mieter, zu dem ich ein nettes, nachbarschaftliches Verhältnis pflegte, und dem Pianist, der im Anbau lebte, nichts anderes übrig, als auszuziehen.“
Jetzt wohne „eine unüberschaubare Zahl Männer“ in dem Acht-Zimmer-Haus, so Gesa von Staden, die von ihrem Haus in die Schlafzimmer blicken konnte – bevor die Fenster der Villa wohl genau deshalb verklebt wurden. Zwei Stockbetten ständen in jedem Zimmer, sagt sie und zeigt zum Beweise Fotos. Immer wieder lagere säckeweise Müll im Garten, der Ratten anlocke. Und abends dringe Lärm aus den gekippten Fenstern oder dem benachbarten Henry-Vahl-Park, den die Männer dann aufsuchten. Auf keine ihrer Beschwerdeanrufe und -mails habe Matthias Haase reagiert, klagt die Nachbarin.
Villa in Eimsbüttel: Vermieter ließ Fragen unbeantwortet
Auch zwei Abendblatt-Anfragen zu dem Thema ließ der Unternehmer unbeantwortet.
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Drei Verfahren strengte das Bezirksamt Eimsbüttel nach eigenen Angaben bislang gegen ihn an. Zwei konnten nach Auskunft von Sprecher Kay Becker wieder eingestellt worden, da die Missstände (Müll und bauliche Mängel) behoben wurden. Das dritte Verfahren wegen einer ungenehmigten Nutzung laufe noch. Gesa von Staden wundert sich über die Auskunft aus dem Bezirksamt. „Die Missstände wurden keinesfalls behoben“, sagt sie. Vielmehr drohten weiterhin Fassadenteile auf ihr Grundstück zu fallen.