Hamburg. Erst Corona, dann die Folgen des Angriffs Russlands auf die Ukraine: Wie sich die Lage entwickelt hat – ein überraschende Bilanz.
Erst Corona mit dem Personalmangel im Schlepptau, dann der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, die galoppierende Inflation und jetzt drastisch steigende Preise für Strom und Gas – die Hamburger Gastronomie gehört zweifellos zu den leidgeprüften Wirtschaftszweigen der Krisenjahre. Die Verwerfungen in der Branche sind, wie das Abendblatt mehrfach berichtete, massiv.
Doch von einem großen Gastro-Sterben seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs im Februar dieses Jahres kann – zumindest noch – keine Rede sein. Das geht aus der Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage des fraktionslosen Bürgerschaftsabgeordneten Sami Musa hervor, der aus der SPD ausgetreten war und nun Parteimitglied der FDP ist. Musa sieht als Folge des russischen Angriffskriegs „Hoteliers und Gastronomen nun mit deutlich steigenden Energiekosten und einer nachlassenden Konsumfreude von Verbraucherinnen und Verbrauchern konfrontiert“.
Gastronomie Hamburg wächst weiter
Allerdings kamen nach Senatsangaben bei den Restaurants und Cafés, dem mit mehr als 5000 Unternehmen größten Gastro-Zweig in der Hansestadt, seit Februar 2022 unter dem Strich sogar noch weitere Betriebe hinzu. Den 344 neuen Anmeldungen in den sieben Hamburger Bezirken standen bis Ende September insgesamt 296 Abmeldungen gegenüber. Allerdings erfassten die Behörden im September mit 53 Abmeldungen bei 42 Betriebsanmeldungen deutlich mehr Schwund als in den Monaten zuvor. Ist das ein erstes Indiz für eine nun doch eintretende Trendwende zum Negativen?
Die meisten neuen Restaurants, Imbisse und sonstigen Gastronomiebetriebe, nämlich 89 an der Zahl, entstanden seit Februar im Hamburger Bezirk Mitte, zu dem auch das Vergnügungsviertel St. Pauli gehört. Allerdings machten hier auch 79 und damit stadtweit die meisten Betriebe das Licht aus. Es folgt der Bezirk Altona mit 75 An- und 44 Abmeldungen.
Bei Umsätzen zeigt sich ein gemischtes Bild
Während in den Bezirken Eimsbüttel und Wandsbek mehr Betriebe schlossen als neue eröffneten, fällt die Bilanz im Bezirk Nord nach den aktuellen Senatszahlen noch positiv aus. Hier öffneten seit Februar 50 Betriebe, 47 verschwanden. Kaum Veränderungen gab es in der Hotellandschaft: 16 neue Hotels und andere Beherbergungsbetriebe entstanden, 15 schlossen.
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Bei den Umsätzen zeigt sich ein gemischtes Bild. So legten Hotels, Gasthöfe und Pensionen im Juni zwar einen kräftigen Schlussspurt hin und übertrafen die Umsätze vom Juni 2019, dem letzten „normalen“ Jahr vor der Corona-Pandemie, sogar um sechs Prozent – dies allerdings nach einer ausgeprägten Durststrecke in den Monaten davor.
Gastronomie Hamburg: Lieferdienste profitieren stark
Die klassische Hamburger Restaurantsparte hingegen musste offenbar Federn lassen. Das Geschäft scheint nach den Lockdowns noch nicht wieder so angezogen zu sein. Die Umsätze lagen selbst im Juni noch 16,5 Prozent unter dem 2019er-Niveau. Primus sind die Imbissbuden, bei denen bis zu 31 Prozent mehr Umsatz in der Kasse landete. Auch die Caterer und Lieferdienste profitieren immens – was bei einem Blick auf die zahllosen Essenskuriere auf Hamburgs Straßen kaum überraschen dürfte.