Hamburg. Standbetreiber für Kunsthandwerk, Spielzeug und Selbstproduziertes werden dringend gesucht. Veranstalter stehen vor weiteren Problemen.

Die klassische Vielfalt aus Glühwein-, Bratwurst- und Kunsthandwerkerständen könnte in diesem Jahr etwas weniger opulent ausfallen. Viele Veranstalter von Weihnachtsmärkten suchen derzeit noch händeringend nach Händlern, die Kunsthandwerk, Selbstproduziertes oder Spielzeug verkaufen wollen, damit es nicht allerorten ein Einerlei aus Essständen gibt. Auch nach Personal für die Buden wird händeringend gesucht.

Frederic Günther, Geschäftsführer des Verbandes Erzgebirgischer Kunsthandwerker und Spielzeughersteller in Sachsen, erhielt schon Anfragen aus Hamburg. Und er würde auch gern helfen, doch bislang konnte er nach eigenen Angaben keinen Hersteller oder Händler in die Hansestadt vermitteln. Dabei ist Kunsthandwerk aus dem Erzgebirge wie Nussknacker, Räuchermännchen oder Engel auf Hamburger Weihnachtsmärkten überaus beliebt.

Weihnachtsmärkte in Hamburg: „Es fehlen noch Aussteller“

„Es kommt nicht jedes Verbandsmitglied dafür infrage“, erklärt Günther dem Abendblatt. In der Pandemie hätten viele Kunsthandwerksbetriebe im Erzgebirge andere Vertriebswege für ihre handgemachten Waren gefunden: „Ein Paket zu verschicken ist weniger aufwendig als fünf Wochen lang einen Stand auf einem Weihnachtsmarkt zu betreiben“, so der Verbandschef.

„Alle Veranstalter haben die gleichen Sorgen“, sagt Sabine Vogt, Sprecherin der Bergmanngruppe, einer Veranstaltungsagentur, die mehrere Weihnachtsmärkte in Hamburg organisiert – der größte ist jener vor dem Mercado in Ottensen mit 40 Hütten. Außerdem verantwortet das Unternehmen die Adventszeit St. Markus, den Weihnachtsbummel Eppendorf und – ganz neu – den Wintertreff Winterhude, außerdem im benachbarten Norderstedt das Wintervergnügen. „Es fehlen noch Aussteller“, bestätigt Sabine Vogt, vor allem im Bereich Kunsthandwerk und Design suchten sie. „Die Leute haben sich eventuell in der Pandemie andere Standbeine gesucht“, mutmaßt auch sie. Fünf Wochen lang auf einem Weihnachtsmarkt zu stehen sei eine Herausforderung.

„Wir brauchen sehr motivierte Teamplayer“

Insgesamt sei es keine einfache Lage, weil alle Kosten deutlich gestiegen seien, „aber man kann in einem Rutsch recht viel Geld verdienen“, wirbt die Unternehmenssprecherin um Händler und Personal. Sie spricht auch ganz konkret ältere Arbeitskräfte an. Wer auf einem der Weihnachtsmärkte arbeiten will, müsse über 18 Jahre alt sein, „wir freuen uns auch sehr über Senioren“. Denn obwohl das Unternehmen vor der Pandemie auf einen großen Personalstamm zurückgreifen konnte, habe sich das in der Corona-Zeit geändert.

„Wir brauchen sehr motivierte Teamplayer“, sagt Vogt, die Arbeit in der Kälte sei durchaus anspruchsvoll. Um neue Mitarbeiter zu finden, setze man auf persönliche Kontakte, Social Media und Online-Plattformen wie Stellenwerk. Um Kosten zu senken, hofft Vogt, dass den Markt­betreibern die Sondernutzungsgebühren erlassen werden „wie schon im vergangenen Jahr“.

„Die Stände bringen ja ihre Leute mit"

Damit genügend Umsatz erzielt wird, will die Bergmanngruppe den Glühwein an jenen Ständen, die sie selbst betreibt, nicht teurer machen als 2021 und wieder für 3,50 Euro pro Becher verkaufen, ebenso den Apfelpunsch, dessen Basis der Apfelsaft des Herstellers „Das Geld hängt an den Bäumen“ ist. Die Sprecherin von Roncalli, das wieder den großen Weihnachtsmarkt auf dem Rathausmarkt veranstaltet, sieht derzeit keine Engpässe, was das Personal betrifft. „Die Stände bringen ja ihre Leute mit. Bei den Mitarbeitern, die wir brauchen, haben wir keine Probleme.“

Wilfried Thal, Präsident des Landesverbandes des Ambulanten Gewerbes und der Schausteller Hamburg, sagt dagegen: Auch gerade für den Warenhandel – also Spielzeug, Schmuck, Accessoires oder Kunsthandwerk – sei es schwierig, Händler zu finden, die wochenlang einen Stand betreiben wollen. „Das war schon in den letzten Jahren so. Deshalb gibt es immer mehr Wochenend-Weihnachtsmärkte, das schaffen sie mit ihren Kapazitäten leichter.“

Viele Mitarbeiter haben sich neu orientiert

Bei Buden mit Essen und Getränken könne man aus dem großen Pool der Schausteller schöpfen. Allerdings hätten auch diese Betriebe Schwierigkeiten, Personal zu finden. Während der Pandemie hätten sich viele Mitarbeiter etwa aus Bulgarien, Rumänien oder Polen, die früher auch beim Aufbau der Märkte halfen, neu orientiert. „Da kamen früher ganze Busse, aber die verdienen inzwischen auch gutes Geld in ihren Ländern.“ Die Schausteller hierzulande hätten jetzt ähnliche Personalprobleme wie die ganze Gastronomie.

Die Beleuchtung wird in diesem Jahr eher später eingeschaltet.
Die Beleuchtung wird in diesem Jahr eher später eingeschaltet. © Michael Rauhe / FUNKE Foto Services

Alle Veranstalter und Standbetreiber hätten es zudem mit erheblich gestiegenen Kosten zu tun, sagt Thal: „Jeder Handwerker, der auf einem Weihnachtsmarkt Infrastruktur schafft, kostet jetzt mehr. Ich weiß nicht, wie weit die Stadt den Betreibern mit den Gebühren entgegenkommt.“ Jeder rechne in diesem Jahr genau, ob es sich für ihn lohne. Er erwarte auch bei den Besuchern eine gewisse Kaufzurück­haltung.

Weihnachtsmärkte in Hamburg rechnen mit niedrigeren Umsätzen

„Es gilt zu befürchten, dass viel weniger konsumiert wird, der dritte Glühwein wird dann nicht mehr getrunken. Umsätze wie vor Jahren wird es nicht mehr geben“, mutmaßt Thal. „Wir werden nicht mehr zu der Größe kommen, die wir gewohnt sind.“ Viele Chefs stünden aus Personalnot wieder selbst hinter dem Tresen. Für die Mitglieder seines Landesverbandes dürfte die erste Dezemberwoche eine harte Woche werden, weil sie dann schon auf den Weihnachtsmärkten aktiv sind, während der Winterdom noch läuft (4. November bis 4. Dezember).

In diesem Jahr werden zudem einige Weihnachtsmärkte mit etwas weniger Lichterglanz aufwarten. So hat die Bergmanngruppe geplant, die Beleuchtung erst mit Einsetzen der Dämmerung anzuschalten und nicht schon mittags. Bei Roncalli heißt es, in Sachen Beleuchtung gebe es noch keine endgültige Entscheidung.