Hamburg. The Cure, Fehlfarben und der (Langzeit-) Wecker machen Alarm – Hamburgs beste Termine, für die es noch Karten gibt.
Jungs weinen nicht? Doch, zum Beispiel vor Freude, und Mädchen auch beim Wiedersehen mit englischen und deutschen Rocklieblingen der 80er, beim queeren Filmfestival, beim Anblick von restaurierten Kunstwerken und vielen weiteren Angeboten der Hamburger Kulturwelten. Unsere Auswahl.
KINO
Als Vater der Film-Avantgarde, vor allem als (vermutlicher) Erfinder des Tagebuchfilms, hat Jonas Mekas (1922–2019) Geschichte geschrieben. Aus Anlass seines 100. Geburtstags zeigt das Metropolis-Kino am Sonntag, 16. Oktober, vier Filme, die sein langjähriger Freund, der Regisseur Peter Sempel, über und mit Mekas gedreht hat: „Jonas in the Desert“ (16 Uhr), „Jonas at the Ocean“ (18 Uhr), „Jonas in the Jungle“ (20 Uhr) und „Jonas in the Fields“ (22 Uhr).
Zu sehen sind Szenen aus dem Leben dieses unvergleichlichen Wegbereiters des New American Cinema, der in Litauen geboren wurde, vor den Russen flüchtete, in einem Arbeitslager der Nazis landete und schließlich als „displaced person“ nach New York kam. Hier traf er auf Größen wie Andy Warhol, Yoko Ono, John Lennon, Al Pacino, Alan Ginsberg und Patti Smith. Regisseur Sempel gibt im Metropolis Einführungen und beantwortet Fragen.
KONZERT
Auch 43 Jahre nach der Gründung macht die Düsseldorfer Band Fehlfarben weiter Geschichte und gönnt sich keine Atempause. In den 80ern legte die Gruppe um Sänger Peter Hein mit dem Album „Monarchie und Alltag“ einen wichtigen Grundstein für die moderne deutsche Rockmusik, wurde zur Inspirationsquelle für viele weitere Bands.
Am 14. Oktober ist das neue Album „?00??“ mit zwölf neuen Fehlfarben--Songs erschienen, nur einen Tag später ist die Band an diesem Sonnabend im Monkeys Music Club in Altona zu erleben. Wer Post-Punk mit Historie liebt, macht hier nichts falsch.
THEATER-FESTIVAL
Ihre Inszenierungen auf die große Bühne bringen – das können Talente am 16. und 17. Oktober beim 17. „Kiezstürmer“-Festival im St. Pauli Theater: Vier junge Regisseurinnen und Regisseure präsentieren an zwei Tagen ihre einstündigen Aufführungen. Es geht um Aktivismus, um Freundschaft, Politik und die eigene Identität.
So hat Yida Guo die Spuren seiner Familie in China verfolgt. Welche Rolle spielten dabei Politik und Gesellschaft? In seinem Stück widmet er sich dem Wunsch nach Zugehörigkeit – und warum dieser oft im Konflikt mit den eigenen Lebensentscheidungen steht.
LITERATUR
Was macht einen guten Krimi aus? Ausgefeilte Figuren, unvorhersehbare Wendungen, Spannung bis zuletzt – all das vereint Garry Disher, ein Meister der Kriminalromane. Der australische Schriftsteller stellt sein neues Werk „Stunde der Flut“ am 18. Oktober im Literaturhaus vor: Charlie Deravin plagt seit 20 Jahren das spurlose Verschwinden seiner Mutter.
Als er vom Kriminalpolizeidienst suspendiert wird, kehrt er an den Ort seiner Kindheit zurück und denkt über den Fall nach, bei dem sein eigener Vater als Hauptverdächtiger galt. Zu der Ungewissheit gesellen sich neue Erkenntnisse, und abermals kommt die Frage auf: Was geschah tatsächlich mit Deravins Mutter?
KONZERT
Er ist Musiker, Dichter, Schriftsteller und Schauspieler. Konstantin Wecker macht besonders mit sozialkritischen Liedtexten auf sich aufmerksam. Fast 50 Jahre sind seit seinem Debütalbum ,,Die sadopoetischen Gesänge des Konstantin Amadeus Wecker“ vergangen. Sein Hang, die Musik als politisches Instrument zu nutzen, blieb bis zu seinem aktuellen Album ,,Utopia“ (2021) bestehen.
Darauf träumt er von einer visionären Gesellschaft, eine Fantasie, die er mit seinem Publikum teilen möchte. Und so besucht der gebürtige Münchner getreu seiner Devise ,,Ich sing, weil ich ein Lied hab“ im Jahr seines 75. Geburtstags am Mittwoch die Laeiszhalle.
AUSSTELLUNG
Wie erhält man all die kostbaren Exponate in den Museen, welche Werkzeuge brauchen Restauratorinnen und Restauratoren? Am Sonntag, 16. Oktober, können Interessierte beim 5. Europäischen Tag der Restaurierung Fachleuten über die Schulter gucken und Einblicke in deren Arbeitswelt bekommen. Den Auftakt macht um 10 Uhr die Kunsthalle mit der feierlichen Eröffnung. Im Museum für Kunst und Gewerbe geht es um Kunsthandwerk, Papier und Möbel, im Museum für Hamburgische Geschichte gibt es Führungen durch die Restaurierungswerkstätten.
- Festival stellt historischen Flügel in den Vordergrund
- ruangrupa-Künstler in Hamburg: „Wir sind traurig“
- Ausstellung mit unveröffentlichten Werken Axel Schefflers
Im MARKK können Neugierige mit Experten über die Pflege der Sammlungen aus konservatorischer Sicht sprechen. In der Restaurierungswerkstatt St. Jacobi wird eines der ältesten Steinobjekte Hamburgs aus der Domplatzgrabung untersucht, am Hulbe-Haus (Mönckebergstraße) kann eine laufende Restaurierungsbaustelle besichtigt werden. Auch einige private Ateliers empfangen Publikum.
KONZERT
Als The Cure 2019 beim Hurricane Festival in Scheeßel auftrat, zeigten Robert Smith und seine Jungs, dass auch nach mehr als 40 Jahren immer noch mit den Goth- und Alternative-Rock-Pionieren aus England zu rechnen ist. Die Band lebt zwar schon sehr von früher, das letzte Album „4:13 Dream“ erschien vor 14 Jahren.
Aber gegen „A Forest“ oder „Boys Don’t Cry“ ist ja trotzdem nichts einzuwenden. Für das Konzert am Sonntag in der Barclays Arena sind nach der Austüftelung des Bühnenaufbaus kurzfristig noch neue Kartenkontingente frei geworden – im 90-Grad-Winkel zur Bühne, das sollte man wissen beim Kauf.
FESTIVAL
Die 33. „LesBiSchwulen Filmtage“ kehren nach einer Pandemie-Pause unter neuem Namen in die Hansestadt zurück: Als ,,Hamburg International Queer Film Festival’’ möchte das Fest ein filmbegeistertes Publikum mit jeglicher sexueller Orientierung und Geschlechteridentität ansprechen. Geboten wird bis zum 23. Oktober ein breites internationales Repertoire.
Der Eröffnungsfilm ,,Três tigres tristes“ („Drei traurige Tiger“), eine brasilianische Verfilmung des gleichnamigen Romans von Gustavo Vinagre, feierte im Frühjahr Weltpremiere auf der Berlinale. Er begleitet eine Gruppe queerer Menschen, die von einer dystopischen Zukunft in São Paulo geplagt sind. Auch der afro-futuristische Musical-Film ,,Neptune Frost’’ aus Ruanda hat es nach seinem Debüt 2021 in Cannes ins Programm geschafft.
KABARETT
Spätestens seit ihrem ausgezeichneten drittem Soloprogramm „NoLobby is perfect“ gilt Anny Hartmann hierzulande als die politische Wirtschaftskabarettistin. Kein Wunder, verfügt die Kölnerin als Diplom-Volkswirtin doch über den wissenschaftlichen Hintergrund, Zusammenhänge zu analysieren, um diese dann anschaulich, gewitzt und überspitzt unters Volk zu bringen.
Mit den drei „H“ des Kabaretts, Haltung, Humor und Hirn, will sie am Donnerstag im Lustspielhaus im neuen Programm zeigen, dass Umweltschutz kein Verbotsregime bedeuten muss. Im Solo „Klima-Ballerina“ tanzt sie sogar – den Mächtigen auf der Nase herum.