Hamburg. Nachbarbezirke, aber zwei Welten – in einem wollen die Politiker die Außengastro eindämmen, im anderen großzügigere Regelungen.
Es ist paradox. Die Bezirke Hamburg-Mitte und Altona sind Nachbarn – doch beim Thema Außengastronomie gehen die Meinungen der Politik, auch innerhalb der Parteien, weit auseinander. Jüngst wurden Beschlüsse in beiden Bezirksversammlungen gefasst, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Altona will die Außengastronomie weiter stärken, während Mitte strikte Regelungen anwenden möchte.
Wegen der Umsatzeinbußen während der Corona-Pandemie, durften die Gastronomen auch in Parkbuchten und Lieferzonen ihre Tische aufstellen. In Mitte war diese Ausnahmeregelung eh schon eingeschränkt worden und soll jetzt nicht mehr möglich sein. In dem durch den Hauptausschuss beschlossenen Antrag, den die Koalition aus CDU, FDP und SPD gestellt hatte, heißt es: "Der Bezirksamtsleiter wird gebeten, dafür Sorge zu tragen, dass die bisherige Ausnahmepraxis zur Nutzung von Parkständen und Lieferzonen zum 31.10.22 ersatzlos ausläuft."
Gastronomie Hamburg: Keine Außengastro auf öffentlichen Flächen
Und dann gehen die Koalitionäre im Bezirk Mitte, zu dem Ausgehquartiere wie der Kiez, St. Georg und das Portugiesenviertel gehören, noch ein Stück weiter. So ist in dem beschlossenen Antrag auch zu lesen: "Der Bezirksamtsleiter wird gebeten, dafür Sorge zu tragen, dass aufgrund der hohen Belastungen für die Wohnquartiere in den vergangenen Corona-Jahren, in denen temporär sinnvolle Ausnahmen für die Außengastronomie in Mitte beschlossen wurden, nun für die Wintersaison 2022/23 zwischen dem 1.11.22 und dem 31.3.23 lediglich eingeschränkte Außenbewirtung auf öffentlichen Flächen vergleichbar zur Winternutzung vor der Pandemie genehmigt wird. Hierzu gehören beispielsweise Steh- beziehungsweise Rauchertische."
Damit ist eine Außenbewirtung in dem oben genannten Zeitraum also mehr oder minder auf öffentlichen Flächen nicht mehr möglich. Diese Regelung gilt aber nicht, wenn der Gastronom eine eigene Terrasse hat, die zum Gebäude gehört, in dem sich das Restaurant befindet. Auch für Weihnachtsmärkte hat dieser Beschluss keine Bedeutung.
Außengastro in Hamburg: Bezirk Mitte sieht Anwohner belastet
Aber warum diese Einschränkungen? Dem Abendblatt sagte Mittes SPD-Fraktikonschef Oliver Sträter. „Nach drei für alle Seiten herausfordernden Jahren, in denen wir als Bezirkspolitik Ausnahmeregelungen zum Überleben der Gastronomie gefunden haben, ist nun in der Wintersaison eine Verschnaufpause nötig. Die Belastungen durch zusätzliche Außenflächen in den Wohnstadtteilen St.Paulis, der Neustadt oder St. Georgs waren enorm. Den Anwohnenden haben wir zugesagt, dass Ausnahmen nicht zur Regel werden."
Dieses Versprechen werde nun eingelöst. Und CDU-Bezirksfraktionschef Gunter Böttcher ergänzt. "Die Corona-Ausnahmepraxis wurde von uns sehr weit bewilligt, um allen die Möglichkeit zu geben, auch unter erschwerten Bedingungen die Gastronomie unbeschwert nutzen zu können." Das sei jetzt aber auch im Rahmen des Normalbetriebs der Gastronomie möglich.
Altona für Gebührenerlass bei Sondernutzungen für Außengastro
In diesem Jahr gilt noch die vom Senat beschlossene Regelung, das die öffentlichen Außenflächen von Gastronomen gebührenfrei genutzt werden können. Auch dazu sehen Sträter und seine Koalitionspartner für 2023 keine Veranlassung mehr.
Ganz anders läuft es im Bezirk Altona. Dort hatte die Bezirksversammlung auf Antrag von CDU, FDP, Grünen und SPD jüngst beschlossen, dass die Finanzbehörde nach Paragraf 27 BezVG aufgefordert wird, "die Gebühren für Sondernutzungen für Außengastronomie, wie im Jahr 2021 und 2022, erneut zu erlassen. Dem Bezirksamt sind die hierdurch entgangenen Einnahmen zu erstatten."
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Gastronomie Hamburg: Altona will Außengastro unterstützen
Und in einem weiteren Beschluss wird das Bezirksamt Altona aufgefordert, "soweit rechtlich möglich Anträge auf Sondernutzung auf Parkbuchten im Sinn von Ausnahmegenehmigungen befristet bis zum 31.12.2023 beziehungsweise längstenfalls bis dort Baumaßnahmen stattfinden zu genehmigen beziehungsweise unbürokratisch zu prolongieren."
Dem Abendblatt sagte Altonas CDU-Fraktionschef Sven Hielscher. "Die Gastronomen durchleben nach Corona wieder eine schwierige Zeit. Deshalb ist es erforderlich, dass die Politik die Branche unterstützt – und da ist die großzügige Regelung mit der Außengastro ein Instrument.“ Damit vertritt Hielscher eine ganz anderer Auffassung, als seine Parteifreunde in Mitte.
Dehoga-Chefin: Beschluss in Mitte führt zu Umsatzeinbußen
Unterdessen steht für Ulrike von Albedyll, Dehoga-Landesgeschäftsführerin fest: "Die Gastronomie in Hamburg steht nach zwei schweren Jahren erneut vor riesigen Herausforderungen. Aufgrund von gestiegenen Energie-, Lebensmittel- und Personalkosten bangen die Betriebe um ihre Existenz. Deshalb ist es nur schwer nachvollziehbar, dass die Bezirkspolitik in Mitte die Außengastronomie zwischen dem 1. November und Ende März nahezu verbieten möchte und die erweiterten Außenflächen generell nicht mehr zulässt."
Dieser Beschluss werde zu erheblichen Umsatzeinbußen führen. Die Initiative der Politik im Bezirk Altona begrüßte von Albedyll gegenüber dem Abendblatt. "Der Beschluss der Bezirkspolitik in Altona ist ein positives Signal für die Gastronomie", sagte sie. "Wir hoffen, dass die anderen Bezirke dem Altonaer Beispiel folgen werden.“