Hamburg. Unbekannte haben am Wochenende die Infrastruktur beschädigt – der Zugverkehr war massiv betroffen. Nun wissen Ermittler mehr.
Im Fall der Bahn-Sabotage mit stundenlangem Stillstand des Bahnverkehrs in Hamburg und Norddeutschland geht der Staatsschutz von einer politisch motivierten Tat aus. Das sagte ein Polizeisprecher in Bochum am Montag. „Wir haben eine größere Ermittlungsgruppe beim Staatsschutz gebildet, die mit Hochdruck daran arbeitet, die Hintergründe der Tat zu klären.“
Am Sonnabendmorgen wurden unverzichtbare Kabel für den Zugfunk der Bahn beschädigt, über Stunden stand deswegen der Schienenverkehr in weiten Teilen Norddeutschlands still. Tausende Reisende strandeten an großen Bahnhöfen wie Hannover, Hamburg und Berlin.
Deutsche Bahn: Sabotage-Akt mit Insiderwissen
Das Vorgehen setzt nach Einschätzungen aus Sicherheitskreisen Insiderwissen über die Bahn voraus. Dass bislang kein Bekennerschreiben bekannt wurde, spricht gegen Täter aus der linksextremistischen Szene, denen in der Vergangenheit Anschläge gegen die Bahn zugeschrieben wurden.
Der Bochumer Staatsschutz ermittelt zum Tatort in Herne. Da auch Berlin ein Sabotage-Ort war, stehen die Ermittler aus dem Ruhrgebiet in engem Austausch mit dem Landeskriminalamt in der Hauptstadt. Auch dort ermittelt der Staatsschutz.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) und die Bahn selbst sprachen in der Folge von Sabotage. Nach dpa-Informationen waren in Nordrhein-Westfalen die Kabelschäden nahe des Bahnhofs Herne entstanden. Wo genau, sagte die Polizei aus ermittlungstaktischen Gründen nicht. „Es gibt jetzt sowieso nichts mehr zu sehen, da die Schäden behoben wurden“, sagte der Polizeisprecher.
Bahn-Sabotage ein Angriff Russlands?
Aus Sicherheitskreisen hieß es, es seien in beiden Fällen vorsätzlich sogenannte Lichtwellenleiterkabel beschädigt worden. Auch das Backup-System sei damit ausgefallen. Vieles ist in dem komplexen Fall noch unklar. Die „Bild“-Zeitung hatte am Sonntag berichtet, das Bundeskriminalamt (BKA) halte in einer internen Einschätzung auch staatliche Sabotage für denkbar. BKA und Bundesinnenministerium kommentierten den Bericht auf Nachfrage jedoch nicht.
Der Sicherheitsexperte Peter Neumann hält auch einen Angriff Russlands für möglich. „Russland hat schon ein Interesse daran, in Europa Panik zu verursachen und zu signalisieren, dass es ganz heftig das Leben lahmlegen kann“, sagte der Wissenschaftler dem Sender RTL. Allerdings gebe es natürlich keine eindeutigen Beweise. „Momentan ist es noch eine Theorie.“
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Aus Sicht der Deutschen Bahn haben zumindest die Notfallkonzepte des Konzerns „optimal gegriffen“. „Unsere Teams haben den Funkverkehr bereits drei Stunden nach dem Ausfall wieder hergestellt“, sagte Fernverkehrsvorstand Michael Peterson. „Das ist wirklich sehr, sehr gut. Und ihnen gebührt ein großes Dankeschön dafür.“ Bereits am Sonnabendvormittag hätten die Züge wieder fahren können. Die Auswirkungen, also Verspätungen und Ausfälle, waren im gesamten Fernverkehrsnetz allerdings noch deutlich länger zu spüren.
Bahn-Sabotage: Mehr Befugnisse für die Bundespolizei?
An Auskunftsschaltern etwa am Hamburger Hauptbahnhof bildeten sich am Sonnabend lange Warteschlangen. Gleichzeitig herrschte an den Anzeigetafeln in den Bahnhofshallen etwa am Bahnknotenpunkt Hannover, an dem sich wichtige Nord-Süd- und Ost-West-Verbindungen der Bahn treffen, vorübergehend entweder Leere oder es wurde über „unbestimmt verspätete“ Züge oder Komplettausfälle informiert.
Auch bei der Nordwestbahn ging wegen der Störung zwischenzeitlich nichts mehr. Das gesamte Weser-Ems-Netz war zwischenzeitlich betroffen, außerdem die Regio-S-Bahn und Teile Ostwestfalens. Auch die S-Bahn Hannover war betroffen, die Regionalzüge von Metronom, Enno und Erixx fielen während der Störung ebenfalls aus. Internationale Verbindungen waren ebenfalls betroffen.
In der SPD gibt es einem Bericht zufolge Überlegungen, der Bundespolizei mehr Befugnisse zu verschaffen. „Die Bedrohungslage ist hoch. Dies haben die Sabotageakte auf unsere Infrastruktur nochmal sehr deutlich gemacht“, sagte Fraktionsvize Dirk Wiese der „Rheinischen Post“. Wichtig sei, „dass unsere Sicherheitsbehörden die erforderlichen Ermittlungsbefugnisse zur Verfügung haben. Insbesondere müssen wir jetzt sehr schnell ein modernes Bundespolizeigesetz im Bundestag auf den Weg bringen.“ Die bisher letzte Reform sei von 1994, seitdem habe sich viel geändert. 2021 scheiterte eine Reform des Bundespolizeigesetzes im Bundesrat.