Hamburg. Stundenlang ging am Sonnabend auf den Schienen im Norden nichts mehr. Wer steckt hinter dem Zug-Chaos?
Eine technische Störung hat am frühen Sonnabendmorgen den gesamten Fernverkehr in Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen lahmgelegt – ausgerechnet zum Start in die Herbstferien. Reisende der Deutschen Bahn mussten daher noch den ganzen Tag mit erheblichen Einschränkungen rechnen: Wie ein Sprecher der Deutschen Bahn bestätigte, waren zwischen kurz vor 7 Uhr bis 10.15 Uhr alle Züge in Hamburg, Bremen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein ausgefallen.
Gegen 10.15 Uhr konnte die Störung behoben werden – dennoch kam es im Laufe des Tages zu Verspätungen und vereinzelt auch zu Zugausfällen, teilte die Deutsche Bahn mit. Die großflächigen Ausfälle im Zugverkehr in Norddeutschland gehen nach Aussage des Unternehmens auf Sabotage zurück. Die Bundespolizei hat die Ermittlungen aufgenommen.
Bahnchaos im Norden – alle Entwicklungen in unserem Newsblog:
- Bahn-Sabotage sorgt für Chaos im Norden: Ermittlungen laufen
- Wissing zu Bahnchaos: Kabel an zwei Standorten durchtrennt
- Lange Schlangen vor Bahn-Schaltern in Hamburg
- Sabotage war Grund für Zugausfälle im Norden
- Hannover: Reisende warten auf Weiterfahrt
- Störung behoben: Die Lage am Hamburger Hauptbahnhof
- Sonderkulanz der Deutschen Bahn
- Metronom: Verkehr fällt komplett aus
- Bahnchaos: Diese Züge sind betroffen
Bahn-Sabotage sorgt für Chaos im Norden: Ermittlungen laufen
Stundenlang ging am Sonnabend auf den Schienen im Norden nichts mehr. Der Grund: Unbekannte hatten wichtige Kommunikationskabel zerstört. Nun sucht die Polizei nach den Tätern. Die Ermittlungen würden dabei in alle Richtungen geführt, erklärte die Bundespolizei. Am Abend wurden die Ermittlungen dann an das Landeskriminalamt in Berlin übergeben, wie Sprecher der Bundespolizei und des Berliner Lagezentrums am frühen Sonntagmorgen bestätigten.
„Wir haben einen Tatort in Berlin-Hohenschönhausen“, sagte ein Sprecher der Bundespolizeidirektion Berlin. „Ein weiterer befindet sich in Nordrhein-Westfalen.“ Aus Sicherheitskreisen hieß es, es seien am Karower Kreuz in Berlin und in Herne in NRW vorsätzlich so genannte Lichtwellenleiterkabel beschädigt worden. Auch das Backup-System sei damit ausgefallen.
„Aktuell ist von einer zielgerichteten Fremdeinwirkung von außen auf Kabel der Deutschen Bahn auszugehen“, sagte der Sprecher. Zu weiteren Details könne er auch aus ermittlungstaktischen Gründen keine Auskunft geben.
Wissing zu Bahnchaos: Kabel an zwei Standorten durchtrennt
Auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing sprach von Sabotage an zwei Standorten. Es seien Kabel durchtrennt worden, sagte der FDP-Politiker am Sonnabend. „Es wurden Kabel mutwillig und vorsätzlich durchtrennt, die für den Zugverkehr unverzichtbar sind.“ Die Bundespolizei ermittle. Zum möglichen Motiv machte Wissing keine Angaben. „Die Hintergründe dieser Tat sind derzeit noch nicht weiter bekannt.“
„Wir haben einen Tatort in Berlin-Hohenschönhausen“, sagte ein Sprecher der Bundespolizeidirektion Berlin. „Ein weiterer befindet sich in Nordrhein-Westfalen.“ Aus Sicherheitskreisen hieß es, es seien am Karower Kreuz in Berlin und in Herne in NRW vorsätzlich so genannte Lichtwellenleiterkabel beschädigt worden. Auch das Backup-System sei damit ausgefallen.
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Lange Schlangen vor Bahn-Schaltern in Hamburg
An den Auskunftsschaltern der Deutschen Bahn im Hamburger Hauptbahnhof bildeten sich am Vormittag lange Schlangen von Menschen, die ihre Reise unterbrechen mussten oder gar nicht erst antreten konnten. Viele machte dies wütend. Eine 26-Jährige etwa, die seit geraumer Zeit wartete, schimpfte: „Auf die Bahn ist kein Verlass!“ Sie werde überhaupt nicht mehr Bahn fahren.
Während in Durchsagen angeraten wurde, wenigstens im Großraum Hamburg auf „andere Verkehrsmittel“ umzusteigen, fanden sich manche Reisende mit der Situation ab.
Eine wartende Familie nahm die Situation gelassen. Verspätungen oder Zugausfälle sei man schon gewohnt. „Wir müssen keinen Anschluss bekommen, deshalb sind wir entspannt“, sagte die Frau. Eine andere Betroffene sagte wiederum: „Manchmal bleibt nichts anderes übrig als die Bahn zu nehmen, aber inzwischen mache ich es nur noch ungern.“
Zwei Frauen aus Hamburg, die wegen der Ausfälle ihren Flug in den Urlaub verpasst hatten, zeigten sich ernüchtert wegen der Kosten, die nun auf sie zukämen. „Es ist frustrierend, dass man in so einer Situation nicht weiß, wen man bei der Bahn kontaktieren soll“, sagte die eine Reisende. Ihre Begleiterin vermutete scherzhaft einen „Hacker-Angriff“ hinter der so weiträumigen Störung.
Sabotage war Grund für Zugausfälle im Norden
Die großflächigen Ausfälle im Zugverkehr in Norddeutschland gehen nach Aussage der Bahn auf Sabotage zurück. „Aufgrund von Sabotage an Kabeln, die für den Zugverkehr unverzichtbar sind, musste die Deutsche Bahn den Zugverkehr im Norden heute Vormittag für knapp drei Stunden einstellen“, sagte eine Sprecherin. Die zuständigen Sicherheitsbehörden hätten die Ermittlungen aufgenommen.
Die heftigen Probleme in Norddeutschland seien auf eine Störung des digitalen Zugfunks GSM-R (Global System for Mobile Communications - Rail) zurückzuführen gewesen, so eine Sprecherin der Deutschen Bahn. „Er dient der Kommunikation zwischen den Leitstellen, die den Zugverkehr steuern, und den Zügen und ist damit unverzichtbarer Bestandteil für den reibungslosen Zugverkehr.“
Hannover Hauptbahnhof: Reisende warten auf Weiterfahrt
Zahlreiche Reisende am Hauptbahnhof Hannover warten auf ihre Weiterfahrt. Es bildeten sich lange Schlangen am Reisezentrum, vor dem Hauptbahnhof schlossen sich Taxi-Fahrgemeinschaften zusammen, wie ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur am Samstag beobachtete. In der Bahnhofshalle verteilten Mitarbeiter der Bahn Kaffee und Tee. Zwischenzeitlich standen auch die Regionalzüge still.
In Norddeich-Mole fuhr ein Regionalexpress nach Hannover am Samstagvormittag mit fünf Minuten Verspätung ab, weitere Züge wurden zunächst nicht erwartet. Der Zug war mit vielen Fahrgästen besetzt, aber nicht überfüllt. Normal für einen Samstag - zahlreiche Fähren von Norderney und Juist legten an und ab.
Ein Schaffner rief mit einem Megafon vom Bahnsteig aus in Richtung Schiffsanleger: „Bitte steigen sie in diesen Zug ein. In den nächsten Stunden fährt kein Zug von hier.“ Einige Nachzügler liefen daraufhin mit Koffern zum Bahnsteig und stiegen in den Zug ein.
Bahnchaos: Die Lage am Hamburger Hauptbahnhof
Seit 10.00 Uhr rollen die Züge am Hamburger Hauptbahnhof wieder – langsam, aber sicher. Immer mehr verspätete Nahverkehrszüge würden zur Abfahrt angesagt. Um 10.49 Uhr verließ als erstes der ICE 509 nach München über Berlin und Erfurt den Hamburger Hauptbahnhof, wie eine Reporterin der Deutschen Presse-Agentur berichtete. Er sei mit einer Verspätung von einer halben Stunde und stark überfüllt losgefahren.
Die Bahn teilte auf Twitter mit, dass es bis etwa 11 Uhr zu Beeinträchtigungen sowie zu Halt- und Zugausfällen kam. Auch der S-Bahn-Verkehr war von der Störung betroffen: Für die S3 zwischen Neugraben und Stade wurde zwischenzeitlich Ersatzverkehr eingerichtet – mittlerweile ist die Sperrung jedoch aufgehoben, wie die S-Bahn Hamburg twitterte.
Bahnchaos: Deutsche Bahn verspricht Sondekulanz
Vielleicht ein kleiner Trost für Bahnreisende, die aufgrund der Störung am Sonnabendmorgen nicht (oder nicht rechtzeitig) an ihr Reiseziel kamen: Wie die Deutsche Bahn auf ihrer Webseite mitteilte, können alle Fahrgäste, die von der Zugstörung im Norden betroffen waren, ihr gebuchtes Tickets für den Fernverkehrs ab sofort und bis sieben Tage nach Störungsende flexibel nutzen.
Außerdem gelten wie üblich die Fahrgastrechte bei Verspätung und Zugausfällen, Infos dazu online.
Bahnchaos im Norden: Auch Metronom, Enno und Erixx betroffen
Wie der Bahnbetreiber Metronom am Sonnabendmorgen mitteilte, waren auch die Regionalzüge der norddeutschen Eisenbahngesellschaft betroffen. Alle Verbindung von Metronom, Enno, und Erixx sind ausgefallen.
Die Bahngesellschaft wies darauf hin, dass die Einschränkungen auf einigen elektronischen Anzeigen nicht angezeigt werden: Reisende sollten sich online informieren.
Bahnchaos in Hamburg: Diese Züge waren betroffen
Der Fernverkehr von und nach Hamburg war komplett ausgesetzt. Betroffen waren zudem alle Züge in Schleswig-Holstein und Niedersachsen aus und zur Fahrtrichtung Kassel-Wilhelmshöhe, Berlin und Nordrhein-Westfalen (NRW). Zwischen Berlin, Hannover und NRW verkehrten keine ICE.
Wer am Sonnabendmorgen mit dem Zug ins Ausland reisen wollte, musste ebenfalls Nerven bewahren: Die IC-Züge von und nach Berlin Richtung Amsterdam fielen am Morgen aus. Auch der Verkehr von und nach Kopenhagen beziehungsweise Aarhus war eingeschränkt: Die Züge fuhren lediglich von und ab Padborg.