Hamburg. Außengastro auf Parkplätzen, vor Bars, Restaurants und Kneipen half, Einbußen auszugleichen. Doch der Bezirk hat andere Pläne.
Sie hatten sich solche Mühe gegeben. Hatten die weiß-roten Absperrgitter von innen mit Bastmatten verkleidet, Lampions aufgehängt und für Wind- und Sonnenschutz gesorgt, um ihre Gäste vergessen zu lassen, dass sie eigentlich auf Parkplätzen sitzen. Und es hat sich gelohnt. Dank der Sondernutzungsgenehmigungen, die Wirten die Außengastronomie auch auf Parkplätzen und Ladeflächen ermöglichten, konnten vielen die von Lockdown und Winter verursachten Umsatzverluste einigermaßen ausgleichen.
Jetzt soll damit Schluss sein – zumindest im Bezirk Mitte. Die ersten Gastronomen, die entsprechende Anträge gestellt haben, erfuhren jetzt, dass sie die Park- und Ladebuchten künftig nicht mehr nutzen dürfen. Einen entsprechenden Beschluss hatte die Bezirksversammlung bereits im Oktober gefasst.
Die zur Verfügung stehenden Außenflächen wären von den Menschen zwar sehr gut angenommen worden, was den Betrieben geholfen habe, zu wirtschaften und Arbeitsplätze zu erhalten. Doch in einigen Bereichen sei wegen wegfallender Parkplätze und erhöhten Lärmpegels „die Solidarität der Anwohnenden auf eine harte Probe gestellt“ worden.
Gastronomie: Kiez-Wirte starten Petition
„Es kann doch nicht sein, dass wir jetzt alle dafür bestraft werden, weil es an manchen Stellen Probleme gab“, sagt Kerstin Rose, die an der Wohlwillstraße das Café Kandie Shop betreibt. Für sie und viele andere Inhaber kleinerer Gastronomien auf St. Pauli sei die Sondernutzung der Parkflächen „der letzte Strohhalm“, um halbwegs finanziell wieder auf die Beine zu kommen. „Wir wollen uns ja nicht bereichern, sondern überleben.“
Mit 15 anderen jungen Kiez-Wirten hat sie daher die Petition „Wir wollen draußen sitzen – Appell Parkflächen“ gestartet, die in wenigen Tagen mehr als 2600-mal unterzeichnet wurde. Auch von dem bekannten Hamburger Gastronomen Fabio Haebel.
Die Unterstützer bitten das Bezirksamt, die Entscheidung noch einmal zu überdenken. „Es geht ja auch um die Stadtteilkultur von St. Pauli. Unsere kleinen Läden machen das Flair des Viertels aus und ziehen Hamburger und Touristen an“, sagt Kerstin Rose, die auf zwei Parkbuchten vor ihrem Laden immerhin zwölf weitere Plätze einrichten konnte. Natürlich wäre der Parkdruck hoch im Viertel. „Aber das liegt daran, dass die Menschen herkommen, um hier auszugehen. Nicht an den paar Parkplätzen, die wir nutzen.“ Die Lärmbelästigung aber könne angesichts der Sperrstunde (22 Uhr) nicht groß gewesen sein.
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Wo Gastronomie auf Parkplätzen erlaubt bleibt
Stephanie Döring vom Weinladen St. Pauli hat, wenn sie die Parkbuchten vor ihrem Geschäft nicht mehr nutzen darf, gar keine Außenplätze mehr. In den vergangenen Jahren konnten auf der Fläche an der Paul-Roosen-Straße, die sie sich mit Gastronom Haebel teilt, immerhin 30 Gäste bewirtet werden. „Wenn wir keine Außengastronomie mehr anbieten können, wird das eine sehr bittere Saison“, prophezeit Döring, die auch einen Laden in Köln betreibt – wo die Stadt den Gastronomen die Nutzung von Parkplätzen bis 2023 erlaubt und danach mit ihnen gemeinsam Konzepte für die Zukunft erarbeiten will.
Auch Christian Kaminski von Ban Canteen am Grünen Jäger hofft, dass das Bezirksamt noch ein Einsehen hat. „Es geht uns allen wirtschaftlich sehr schlecht. Daher hoffen wir, unser Kampf für Arbeits- statt für Parkplätze hat Erfolg!“
Bislang ist der Bezirk Hamburg-Mitte der einzige Bezirk, der ernst macht. Bergedorf und Wandsbek wollen die Sondernutzungsgenehmigung bis Jahresende verlängern, Altona stellt den Betrieb bis Ende Oktober in Aussicht. Eimsbüttel, wo bislang 50 Gastronomen Parkplätze nutzten, wird das Thema im nächsten Fachausschuss diskutieren, verweist aber auf gute Erfahrungen. Thomas Meyer, der sein Bistro „Küchenfreunde“ am Grindelhof auf diese Weise um 20 Plätze erweitern konnte, hofft, dass ihm das auch in diesem Jahr ermöglicht wird. „Es hat die ganze Zeit sehr gut funktioniert.“