Bahrenfeld. Viel Potenzial liegt bisher brach: Der Überschuss aus den Anlagen könnte auch Wohnungen in der Science City dienen.
Etwa 300 Gebäude auf einer Fläche von 59 Hektar – das Deutsche Elektronen-Synchrotron (Desy) nimmt in Bahrenfeld viel Raum ein, bedingt auch durch seine großen Forschungsanlagen. Bei deren Nutzung spielte Nachhaltigkeit früher eine untergeordnete Rolle.
Das hat sich ein Stück weit geändert: Seit 2017 verwendet das außeruniversitäre Zentrum die Abwärme aus immerhin einer Anlage zum Heizen auf dem Campus und deckt damit mindestens 30, bestenfalls 50 Prozent seines Gesamtbedarfs. Dieser beträgt in warmen Wintern etwa 20 Gigawattstunden (GWh), in kalten bis zu 25 GWh. Für die restlichen 50 bis 70 Prozent ist das Desy allerdings noch auf Fernwärme angewiesen.
Desy will „starkes Zeichen in Sachen Klimaschutz" setzen
Viel Potenzial liegt bisher brach, wie das Desy in Kooperation mit der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW) festgestellt hat: Allein die riesigen Teilchenbeschleuniger der Anlagen Flash, Petra III und European XFEL erzeugen im Jahresverlauf eine nutzbare Abwärme von 129 GWh – mehr als zehnmal so viel, wie das Desy an Fernwärmeenergie in der kalten Jahreszeit benötigt.
„Unsere Vision ist die direkte Nutzung dieser Abwärme, größtenteils ohne energetisch intensives Hochpumpen der Temperaturen“, sagt Ingenieurin Denise Völker, Leiterin der Stabsstelle Nachhaltigkeit am Desy. Gelingen könnte das bis Ende 2025. Zusammen mit dem geplanten Bezug von Strom nur noch aus erneuerbaren Energien von 2023 an wolle Desy ein „starkes Zeichen in Sachen Klimaschutz an Forschungszentren setzen“, so Völker.
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Desy: Abwärme soll in Neubauten auf Campus genutzt werden
In den genannten Teilchenbeschleunigern stecken gewaltige Elektromagneten, die Magnetfelder erzeugen, wenn ein elektrischer Strom fließt. Dabei werden die Magneten warm. Um eine Überhitzung zu verhindern, wird acht Grad kaltes Wasser durch die Beschleuniger geleitet. Heraus kommt warmes Wasser. Dem wird Wärme entzogen. Diese wird bisher an die Luft abgegeben, die Wärme verpufft also.
Künftig soll die sogenannte Niedertemperaturabwärme erst in Neubauten auf dem Campus genutzt werden und – wo technisch möglich – in sanierten Altbauten. Dafür muss ein neues Leitungsnetz gebaut werden. Für dessen Finanzierung hat das Desy einen Antrag bei der Helmholtz-Gemeinschaft gestellt. Selbst bei zunehmenden Bedarfen durch neue Gebäude auf dem Campus bliebe aber mehr Abwärme übrig als das Desy benötigt. Dieser Überschuss, sagt Denise Völker, könnte in der Science City Bahrenfeld für Wohnungen und Anlagen genutzt werden.