Hamburg. Derzeit wird der Wohnblock aus der Schumacher-Ära modernisiert. Wie herausfordernd die Vorgaben des Denkmalschutzes für die SAGA sind.

Der hässliche Anstrich in dunklem Ocker hat den großen Wohnblock an der Wilhelmsburger Straße fast 50 Jahre lang verschandelt – und ihn unter den Backsteinbauten auf der Veddelzum Außenseiter degradiert. Jetzt erhält der sogenannte Warmwasserblock, angeblich das erste Gebäude der Siedlung, dessen Bewohner warmes Wasser aus der Leitung bekamen, sein wahres Gesicht zurück.

Dort, wo die braune Farbe bereits entfernt wurde, ist die originale Ziegelfassade wieder aufgetaucht. An etlichen Stellen weist sie Schäden auf. Der gesamte Block mit seinen 161 Wohnungen muss denkmalgerecht saniert und modernisiert werden. Die Arbeiten haben bereits begonnen. Eine Mammutaufgabe für die SAGA. Sie hat das Gebäude, das vom vorherigen Eigentümer mit Blick auf den auslaufenden städtischen Erbbaurechtsvertrag lange vernachlässigt worden war, 2015 übernommen. Und sich, nach ersten Abrissüberlegungen, für den Erhalt entschieden hat.

Warmwasserblock Veddel: Sanierung Kraftakt für SAGA

Bei einem Vor-Ort-Termin wollen SAGA und Denkmalschutzamt den großen Aufwand verdeutlichen, mit dem die Sanierung vorbereitet und betrieben wird. Aber sie verweisen auch auf „das gute Miteinander und den anschaulichen Abstimmungsprozess“ (Katrin Hotop, Denkmalschutzamt), die „unterschiedlichen Blickwinkel, aber auch das Verständnis für die Sichtweisen der anderen“ (Ulrike-Christina Jordan, SAGA) und die Herausforderungen die sich bei den Bauarbeiten aus den Vorgaben des Denkmalschutzamtes, aber auch aus den Wünschen der Mieter ergeben.

So sieht ein saniertes Badezimmer im Warmwasserblock auf der Veddel aus.
So sieht ein saniertes Badezimmer im Warmwasserblock auf der Veddel aus. © FUNKE Foto Services

Als 2018 die Überlegungen, den Wohnblock abzureißen, bekannt wurden, wehrten diese sich vehement dagegen. „Wir haben aber von Anfang an beide Möglichkeiten durchgespielt: Abriss und Neubau ebenso wie eine energetische Sanierung“, sagt Projektleiterin Jordan.

Lagerflächen der Mieter ziehen vom Keller ins Dach

Die Schäden an dem 1928/29 nach Vorgaben von Oberbaudirektor Fritz Schumacher waren groß. Feuchtigkeit in den Fassaden (die den 70er-Jahren Grund für den braunen Anstrich waren), verrostete Stahlträger über den rückwärtigen, zum großen Innenhof liegenden Loggien, viele verrottete Fensterrahmen, keine Wärmedämmung – doch es gab auch positive Überraschungen. „Die zahlreichen Betonpfähle, zur Bauzeit eine absolute Innovation, sind noch in gutem Zustand.“

Auch eine Lösung, die aufwändige Kellersanierung zu vermeiden, wurde gefunden: Die Lagerflächen der Mieter werden in die obere Etage ziehen. „Dort wurden nach dem Krieg Behelfswohnungen errichtet, die aber wegen der niedrigen Geschosshöhe seit den 80er-Jahren nicht mehr vermietet werden“, so Ulrike-Christina Jordan.

In„Museum“ werden Originalfunde aufbewahrt

Sie steht vor dem Wohnblock und weist auf das obere Stockwerk. Die Fassade hinter ihr sieht ein bisschen aus wie eine Schautafel. Ein guter Teil ist gespickt mit kleinen, nummerierten Schildern. Beim zweiten Blick sieht man, dass sie auf unterschiedlich farbige Gesimse, Schmuckelemente und Ziegel hinweisen. Auch Musterplatten mit Klinkerriemchen in verschiedenen Farbschattierungen hängen an der Außenwand. Zudem wurden bereits einige neue Fenster eingebaut, die sich von den alten deutlich unterscheiden.

Alte Fundstücke aus vergangenen Zeiten sind im „Museum“ zu sehen.
Alte Fundstücke aus vergangenen Zeiten sind im „Museum“ zu sehen. © FUNKE Foto Services

Kein Wunder, denn nicht nur in der Farbe (einem grün-grauen Schlammton) entsprechen sie den Fenstern aus der Originalzeit. Wie die jetzigen Fenster haben zwar auch drei Flügel, aber über dem mittleren ist ein Oberlicht. Wie viel Akribie auf die Suche nach dem Ursprungsaussehen der Fenster – und auch allem anderen – verwendet wurden, wird im Inneren, in einer „Museum“ genannten Wohnung, deutlich.

Dort zeigt die SAGA-Projektleiterin mit Denkmalpflegerin Hotop, wie sie recherchiert haben. Hier liegen in einem Zimmer auf einem Tisch ein verrotteter Fensterrahmen, alte Türklinken und Fenstergriffe, verwitterte Straßenschilder, auf einem anderen Stuck- und Gesimselemente in verschiedenen Farben. An der Wand hängen alte Fotos des Warmwasserblocks. Die typische Fensterform ist hier gut zu erkennen.

Luken im Mauerwerk bleiben – für Getränkekisten

Im Nachbarzimmer hängt die Zeichnung eines Fensters in Originalgröße an der Wand. So habe sie unter anderem prüfen wollen, ob die Vorgabe des Denkmalschutzamts - nämlich das Oberlicht – nicht den Blick nach draußen versperre, sagt Ulrike-Christina Jordan. Nachdem ein Prototyp des Fensters angefertigt worden war, stellte sich allerdings heraus, dass das Fenster unter dem Oberlicht zu klein war, um als Rettungsweg genutzt werden zu können. „Also haben wir uns für ein Fenster entschieden, das von außen so aussieht wie gefordert, aber bei dem sich der mittlere Flügel komplett öffnen lässt“, sagt Katrin Hotop. Manchmal seien auch beim Denkmalschutz Kompromisse unumgänglich.

Etwa bei den kleinen Luken, die von den Loggien aus das Verstauen von Kartoffeln oder Ähnlichem ermöglichten – und zwar in halbhohen Nischen, die ans Badezimmer grenzten – und jetzt abgebrochen werden dürfen, weil sich der so gewonnene Platz perfekt für den Einbau einer Dusche eignet. Der Kompromiss hier: Die Luken gibt es weiterhin, die Nische ist jetzt aber nur noch so tief wie das Mauerwerk. Es reicht aber für einen Getränkekasten.

Anfangsmiete nach Rückkehr beträgt 6,70 Euro

Komplett erhalten dagegen wurden die Einbauschränke, die den Mietern wichtig waren, sich aus Sicht von Jordans Kollege Muharrem Solmaz aber bestens für das Verlegen von Strangleitungen geeignet hätten. Die müssen jetzt mit viel Aufwand in der Küche durch die Hohlziegeldecke gezogen werden, so der Projektleiter für die Ausführung der Sanierungsarbeiten. Nicht erfüllen könne man jedoch den Wunsch nach einem Fahrstuhl, der sich aus denkmalpflegerischen und baulichen Gründen nicht realisieren ließe.

Zwei Hauseingänge weiter geht es in den dritten Stock, in eine Musterwohnung. Hier können sich die Mieter ansehen, wie es sich später im Warmwasserblock leben kann. PVC-Fußboden in Eichenholzoptik, ein geräumiges grau-grün gestrichenes Bad („Wir finden es gut, wenn der belegte historische Farbbefund auch innen auftaucht“, sagt Denkmalpflegerin Hotop) und eine helle Küche. Alle Mieter, die zurückkehren möchten, werden sukzessive vorübergehend in Wohnungen des Unternehmens untergebracht und nach ihrer Wiederkehr einen Anfangsmiete von 6,70 Euro zahlen.

Warmwasserblock Veddel: Sanierung dauert fünf Jahre

Insgesamt fünf Jahre wird die Modernisierung dauern, die abschnittsweise vorgenommen wird. Den Anfang macht das Torhaus, das seit April diesen Jahres saniert wird und Anfang Mai kommenden Jahres fertig sein soll. Anders als die übrigen Bereiche wird dieser prägnante Gebäudeteil von innen gedämmt, um die Originalfassade auch weiterhin zeigen zu können. Der Rest des Blocks erhält eine Außendämmung. Auch das erforderte eine aufwändige Abstimmung zwischen SAGA und Denkmalschutzamt. Allein die Auswahl der richtigen Klinkerriemchen und der Fugenfarbe sei, sagt Muharrem Solmaz, „ein langer Prozess“ gewesen.