Hamburg. Was sind die häufigsten Komplikationen? Experte spricht über Fehlentwicklungen und die Behandlung im Mutterleib.

„Wir sind schwanger!“ Für die meisten Paare ist es wohl ein Moment größter Freude, wenn sie erfahren, dass Nachwuchs unterwegs ist. Doch nicht selten mischt sich dazu in den Monaten bis zur Geburt auch ein bisschen Sorge darüber, ob auch wirklich alles gut gehen wird.

Schwangerschaft: Welche Untersuchungen sind sinnvoll?

„Erfreulicherweise verlaufen die allermeisten Schwangerschaften absolut unkompliziert“, beruhigt Professor Dr. Ioannis Kyvernitakis. „Und sollte es doch Pro­bleme geben, so können diese durch hervorragende Pränataldiagnostik früh erkannt und teils schon im Mutterleib behandelt werden“, sagt der Sektionsleiter für pränatale Diagnostik und fetale Therapie von der Asklepios Klinik Barmbek, wo jedes Jahr mehr als 3000 kleine Hamburger auf die Welt kommen.

Als „Risikoschwangere“ gelten Frauen, die jünger sind als 18, und jene, die älter sind als 35 Jahre. „Ich weiß, insbesondere in einer Großstadt wie Hamburg ist Letzteres ein durchschnittliches Alter fürs erste Kind, aber medizinisch gilt das Risiko für Fehlbildungen dann schon als erhöht.“ Das treffe, unabhängig vom Alter, auch auf werdende Mütter zu, die an Diabetes, Bluthochdruck oder chronischen Darmentzündungen leiden oder beispielsweise einen angeborenen Herzfehler haben.

Grundsätzlich empfiehlt der habilitierte Experte allen werdenden Eltern, das sogenannte Ersttrimester-Screening zwischen der 11. und 14. Schwangerschaftswoche wahrzunehmen. Eine Ultraschall-Untersuchung, die von den Krankenkassen übernommen wird und durch die sich bis zu 60 Prozent aller potenziellen Fehlbildungen erkennen lassen. „Auch das Risiko für chromosomale Anomalien, also Trisomie 21, 13 und 18, kann bestimmt werden.“

In der sogenannten Feindiagnostik, zwischen der 18. und 22. Schwangerschaftswoche, würden dann bei Risiko­patientinnen noch einmal alle Organe des Ungeborenen genau angeschaut.

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Schwangerschaft: In der Feindiagnostik werden gut 95 Prozent aller Fehlbildungen erkannt

„Allein die Untersuchung des kleinen Herzens dauert mindestens zehn Minuten, weil bis zu 30 Eckpunkte genau untersucht werden“, sagt der gebürtige Grieche, dessen Vater, ebenfalls Arzt, auf Rhodos eine Praxis betreibt. Selbstverständlich gebe es leider keine „absolute Garantie“, dass nichts übersehen werde, aber: „Allein am Herzen werden 80 Prozent aller möglichen Fehlbildungen entdeckt, insgesamt – also die anderen Organe mit betrachtet – sind es sogar mehr als 95 Prozent.“

Prof. Dr. Ioannis Kyvernitakis von der Asklepios  Klinik Barmbek
Prof. Dr. Ioannis Kyvernitakis von der Asklepios Klinik Barmbek © Mark Sandten

Doch was sind eigentlich die häufigsten Komplikationen in der Schwangerschaft? „Wir sehen häufig sogenannte fetale Wachstumsrestriktionen. Heißt: Das Ungeborene erreicht nicht sein Wachstumspotenzial. Ursache dafür ist oft eine Mutterkucheninsuffizienz.“ Man versuche, die Schwangerschaft möglichst lange aufrechtzuerhalten, aber die einzig „kausale Therapie“ sei, wenn das Kind entbunden werde. „Weil es einem solchen Kind eben ab einem gewissen Zeitpunkt außerhalb der Gebärmutter besser geht.“

Doch es sei frühestens ab der 24. Woche – wenn die Lungenfunktion ausgereift sei – möglich, das Baby auf die Welt zu holen. „Es ist dann natürlich noch sehr zart, muss auf der Intensivstation beobachtet werden, aber entwickelt sich in der Regel dann ganz normal“, sagt der verheiratete Vater von zwei Kindern, die er selbst als Arzt mit auf die Welt geholt hat. „Bei meiner Tochter, heute sieben Jahre alt, war es sehr stressig. Irgendwann musste ich sie mit der Saugglocke holen.“

Herausfordernd: Zwillinge, die sich Mutterkuchen teilen

Herausfordernd sei es immer noch, wenn sich Zwillinge einen Mutterkuchen teilten. „Das ist insofern gefährlich, weil ein Zwilling zum Spender wird und sein gesamtes Blutvolumen an das Geschwisterkind abgibt. Da gibt es das Risiko einer Sterblichkeit.“ Man müsse sich das wie eine Torte vorstellen, auf der zwei Kerzen stünden, die miteinander verbunden seien. „Was wir als Ärzte dann tun? Mit einer Art Spiegelung können wir diese Verbindung durch eine Laserung trennen und damit im besten Fall beide Kinder retten.“