Hamburg. Anbieter werben mit Billigangeboten für Beisetzungen. Doch wie günstig kann die letzte Reise eines Menschen sein?

„Hamburgs Discounter seit 1988 – Preise wie früher“, prangt auf der rot hinterlegten Anzeige. Mit „Feuerbestattungen ab 899 Euro“ wirbt das Unternehmen Sarg-Discount mit Sitz in Hamburg im Internet. Und hat dort zahlreiche Mitbewerber. „Feuerbestattung zum Preis von 890 Euro inkl. Mwst.“ bietet die Firma Hansa Bestattungen an. „Sie sind auf der Suche nach einer würdevollen und preiswerten Bestattung?“, fragt der Hamburger Anbieter Himmelfahrt Bestattungen, der Seebestattungen ab 840 Euro im Programm hat. „Bei uns finden Sie mit Sicherheit das Richtige für Sie. Und das zu einem fairen Preis.“

Das Thema Sparen ist am Ende des Lebens angekommen. Trauerfeier, Sarg, Grabpflege – auch beim Finden der letzten Ruhe wird aufs Geld geguckt. Und der Markt hat reagiert: Die Zahl der „Discount-Bestatter“ steigt, im Netz, aber auch auf der sogenannten Bestatter-Meile an der Fuhlsbüttler Straße, direkt am Friedhof Ohlsdorf.

Discount-Bestatter: Kampf um den letzten Cent

Ein paar Kilometer entfernt, in Rahlstedt, hat Malte Fischer von Hansa Bestattungen sein Büro, online zu finden unter bestatter-guenstig.de. Die Nachfrage nach preiswerten Angeboten steige kontinuierlich, so der Unternehmer, erst im Zuge der finanziellen Belastungen durch die Pandemie, jetzt noch einmal durch die gestiegenen Lebenshaltungskosten. „Die Menschen möchten auch im Bereich der Bestattungen nicht mehr Geld ausgeben als notwendig“, sagt Fischer. „Bestatter konnten jahrelang utopische Gewinnmargen verlangen. Dies ist durch die Discount-Bestatter nicht mehr der Fall.“

Wie wichtig das Thema Kosten geworden ist, hat auch der Bundesverband Deutscher Bestatter (BDB), der mehr als 80 Prozent aller Anbieter vertritt, beobachtet – gerade in großen Städten wie Hamburg. „Die Frage, was eine Bestattung kostet, ist zu einer der wichtigsten geworden“, sagt Sprecherin Elke Herrnberger. „Es gibt ein großes Preisbewusstsein.“

Der Bundesverband Deutscher Bestatter warnt vor „Lockvogelangeboten“

Weniger ausgeprägt sei hingegen das Preisgefühl. Was eine Bestattung am Ende wirklich kostet, sei zum einen sehr individuell und hänge zum anderen stark vom Ort und der Art der Beisetzung ab. Pauschale All-inclusive-Angebote“ seien darum immer mit Vorsicht zu genießen, so BDB-Generalsekretär Stephan Neuser, der vor „schwarzen Schafen“ in der Branche warnt: „Die meisten Menschen haben keine konkrete Preiserfahrung mit Bestattungen und können dadurch anfällig für unrealistische Versprechungen sein, wie eine Bestattung für wenige Hundert Euro.“

Hier müsse der Kunde sehr genau hinsehen, ob alles Notwendige enthalten und keine versteckten Kosten dabei seien. „Solche Lockvogelangebote gelten möglicherweise nur für ganz wenige Orte, Überführungskosten sind nur teilweise eingerechnet, und es ist meist auch keine Trauerfeier enthalten“, sagt Neuser.

Bestattungskosten sind nicht dasselbe wie Bestatterkosten

Denn was viele Menschen nicht wüssten: „Bestattungskosten sind keine Bestatterkosten.“ Letztere machen laut BDB nur rund ein Drittel des Gesamtpreises aus und fallen neben den Formalitäten unter anderem für die Überführung, die hygienische Versorgung, Aufbahrung, Sarg und Urne an. Ein weiterer Teil seien Fremdleistungen, um die sich der Bestatter auch kümmern könne, wie Todesbescheinigung, Kremierung, Todesanzeige und Trauerfeier. Der dritte Baustein sind die Begräbniskosten, darunter vor allem die Friedhofsgebühren und möglichen Grabpflegekosten, die sich nicht nur von Kommune zu Kommune, sondern auch von Friedhof zu Friedhof extrem unterscheiden.

Volker Wittenburg ist Geschäftsführender Vorstand des Großhamburger Bestattungsinstituts GBI.
Volker Wittenburg ist Geschäftsführender Vorstand des Großhamburger Bestattungsinstituts GBI. © Michael Rauhe | Michael Rauhe

Ohne genaue Informationen zum Sterbefall könne deshalb kein seriöses Unternehmen einen Festpreis vorab nennen, so Stephan Neuser. Er rät allen Kunden, die einzelnen Posten genau durchzugehen und sich anschließend vom Bestatter einen Kostenvoranschlag geben zu lassen.

Online gibt es einen Preisplaner für Bestattungen

Um eine Vorstellung davon zu bekommen, was die gewünschte Bestattung ungefähr kosten wird, hat der Verband unter www.bestatter.de vor Kurzem einen Preisplaner eingerichtet. Für eine standardmäßige ausgestattete Urnenbestattung ohne Abschiednahme bei der Aufbahrung und mit einer minimal gehaltenen Trauerfeier kommt man da auf geschätzte 3200 Euro – ohne Friedhofsgebühren, Grabmal oder Grabpflege.

Vor allem Letztere kann teuer werden – weil die Kosten über Jahre anfallen. An diesem Punkt würden die Menschen heute häufiger sparen, so Lutz Rehkopf, Sprecher der Hamburger Friedhöfe. Alternativ seien baumbezogene Bestattungen, zum Beispiel im Ohlsdorfer Ruhewald, beliebt – der Anteil steige jährlich um fünf Prozent. Der Trend zu anonymen Bestattungen sei hingegen gebrochen, auch Trauerfeiern würden wieder etwas häufiger stattfinden. Dafür werde beispielsweise an Blumen, Kerzen und Trauerdrucksachen gespart und stattdessen Trauerseiten auf Facebook erstellt und per WhatsApp eingeladen.

Günstige Konditionen für die Einäscherung

Laut Rehkopf sprechen die Menschen heute auch häufiger vorher mit ihren Angehörigen über Ablauf und Wünsche – und wüssten daher im Todesfall besser, was sie wollen und auf was sie verzichten können. „Wir begrüßen auch, dass die Menschen zu mehreren Bestattern gehen, sich detaillierte Kostenvoranschläge geben lassen und genau vergleichen“, sagt Rehkopf. Da werde deutlich, ob und wo Sparpotenzial vorhanden sei.

Seine günstigen Preise seien auf einen sehr gut organisierten Einkauf zurückzuführen, sagt Malte Fischer von Hansa Bestattungen, der als einziger der angefragten Discount-Anbieter über seine Angebote sprechen wollte. So habe man beispielsweise Verträge mit mehreren Krematorien in Deutschland, die günstigere Konditionen für eine bestimmte Anzahl an Einäscherungen anbieten.

Discounter bietet Feuerbestattung für 890 Euro an

„Natürlich haben wir andere Einkaufspreise als ein kleiner Familienbetrieb“, sagt Fischer. „Der ausschlaggebende Punkt ist aber, dass wir pro Bestattung keine riesen Gewinnmargen verbuchen, wie es eben leider oftmals bei den klassischen, alteingesessenen Betrieben, die auch den Bundesverband prägen, der Fall ist.“

In den oben genannten 890 Euro für eine anonyme Feuerbestattung seien alle Kosten, auch für das Krematorium (wer in Hamburg stirbt, wird in der Regel in Lüneburg eingeäschert) und die Beisetzung der Asche, enthalten – bis auf die Friedhofsgebühren. Diese liegen laut Fischer in und um Hamburg je nach Friedhof bei 300 bis circa 1300 Euro. Es gibt auch das Paket inklusive Friedhofsgebühren auf einem „Friedhof unserer Wahl“ für 1080 Euro. Das günstigste Komplettangebot, das das Unternehmen anbietet, ist eine Seebestattung ohne Begleitung für 1064 Euro.

Bestattungsunternehmen GBI nennt 2500 Euro als Mindestpreis

Dass andere Anbieter mit solchen und noch niedrigeren Preisen werben, treibt Volker Wittenburg, Geschäftsführender Vorstand des Bestattungsunternehmens GBI mit 15 Standorten in Hamburg, um. „Eine Bestattung muss nicht teuer sein“, sagt er. „Aber es gibt immer einen Mindestpreis, wenn Qualität, Pietät und der Einsatz qualifizierter sowie entsprechend bezahlter Beschäftigter seriös Berücksichtigung finden.“

Das GBI nenne immer nur die Gesamtkosten inklusive aller Gebühren – 2500 Euro seien das Mindestmaß, um jemanden seriös bestatten zu können, allerdings anonym, ohne Trauerfeier und Angehörige. Für eine anonyme Feuerbestattung auf einem unbekannten Feld auf dem Friedhof Öjendorf berechnet das GBI rund 1750 Euro, Einäscherung in einem Hamburger Krematorium und Beisetzung der Urne sowie Friedhofsgebühren noch nicht inbegriffen.

Preisgünstig und würdevoll – oder einfach nur billig?

Die Endsummen könne man aber nicht einfach eins zu eins vergleichen, so Wittenburg, man müsse auch die Rahmen- und Arbeitsbedingungen der Anbieter berücksichtigen. „Das GBI ist kein inhabergeführtes Unternehmen, sondern ein Verein. Wir verfolgen einen ganzheitlichen Ansatz, der eine zugewandte und sehr transparente Beratung der Angehörigen, einen würdevollen Umgang mit den Verstorbenen und ganz individuelle Trauer- und Abschiedsformate miteinander kombiniert“, sagt Wittenburg.

Zudem sei das GBI das einzige Unternehmen in der Me­tropolregion Hamburg, für dessen Beschäftigte ein Tarifvertrag gelte und welches dementsprechend Arbeits- und Ausbildungsplätze biete, für die es „klare Regelungen in Bezug auf faire und gute Arbeitsbedingungen“ gebe. „Nach unserer Erfahrung sind diese Aspekte unseren Auftraggebern wichtig und führen zu einer bewussten und reflektierten Entscheidung dahingehend, ob man einen preisgünstigen und würdevollen Abschied gestalten möchte – oder ob es ausschließlich darum geht, dass es billig sein soll.“

Bestatter rät Hinterbliebenen von anonymer Beisetzung ab

Wittenburg sei wichtig, dass die Hinterbliebenen preislich transparent, aber auch in allen anderen Punkten rund um den Bestattungsprozess umfassend beraten werden. „Der Verstorbene muss vernünftig behandelt werden“, sagt Wittenburg. Dazu gehöre eine entsprechende hygienische Versorgung und dass der Verstorbene so wenig und so kurz wie möglich transportiert und eben nicht durch die halbe Republik oder noch weiter zu einem Krematorium gefahren werde.

Auch seien Rituale wichtig, um den Trauerprozess als Hinterbliebener abschließen zu können. So rät der Geschäftsführende Vorstand beispielsweise von einer anonymen Beisetzung ab. „Es ist wichtig, einen Ort zum Trauern zu haben“, sagt Wittenburg. „Viele Menschen, die darauf zunächst verzichten, bereuen es später.“

Hamburger Bestatter: „Für 700 Euro kann das nicht funktionieren“

Diese Kunden kenne auch Frank Kuhlmann, Obermeister der Bestatter-Innung Hamburg. „Bei uns melden sich Menschen, die nicht richtig beraten wurden – wir versuchen dann zu retten, was zu retten ist.“ Zwar habe sich die Wertschätzung von Bestattungen gewandelt, die Menschen seien nicht mehr bereit, so viel für die letzte Ehrung zu zahlen wie früher. Trotzdem könne eine Bestattung nicht „billig“ sein. „Für 700 Euro kann das nicht funktionieren“, sagt Kuhlmann. „Man kann günstig bestatten – aber in Würde.“