Hamburg. An der Anlage wird seit sieben Jahren “herumgedoktert“. Nun kündigte die Bahn ein neues Datum der Fertigstellung an.
Eigentlich war die Botschaft klar. Die Deutsche Bahn hatte im Sommer 2015 – also vor mittlerweile sieben Jahren – mit der Sanierung des Blankeneser Bahnhofs begonnen und zunächst den September 2016 als Datum der Fertigstellung angekündigt. Das erschien schon damals vielen reichlich sportlich, aber man war ja optimistisch.
Als sich das Ende der Arbeiten zur „Wiederherstellung und Inbetriebnahme der S-Bahn-Station“ offiziell auf 2019 verschob, fanden das viele ärgerlich, aber wenigstens halbwegs realistisch. Doch dann hagelte es Beschwerden, von denen viele auch das Abendblatt erreichten. Monatelang werde auf den Bahnsteigen mehr herumgedoktert als gebaut, lautete ein häufiger Vorwurf, oft seien über Wochen gerade mal höchstens zwei Arbeiter zu sehen – wenn überhaupt.
S-Bahn Hamburg: Blankeneser Bahnhof ist historischer Schatz
Viele Blankeneser ärgerten sich auch deshalb über den vernachlässigten Eindruck, den der Bahnhof machte, weil das Hauptgebäude mit der kleinen Wandelhalle eigentlich ein historischer Schatz ist, das zu den Wahrzeichen des Stadtteils gehört. Der Bahnhofsbau stammt aus den Jahren 1866/67 und wurde von 2007 an sehr aufwendig renoviert. Seit 2008 steht das Hauptgebäude unter Denkmalschutz.
Im Juli 2020, also ein Jahr nach dem verkündeten Bauende, besuchte ein Reporterteam die Dauerbaustelle. Einige Eindrücke, die damals festgehalten wurden: Überall werden Kabel durch oder über provisorische Holzständer geführt. Die schönen Gründerzeitsäulen sind verschalt, an der südlichen Böschung lehnen große Metallgitter, Baumaterialien liegen herum. Auf Nachfrage bestätigte die Bahn dann endlich, was die täglichen Nutzerinnen und Nutzer des Bahnhofs kaum überraschen konnte: Die Arbeiten würden sich weiter hinziehen und „voraussichtlich“ noch bis zum Frühjahr 2021 andauern – also rund zwei Jahre länger als geplant.
Plakate sollen über Planungsschritte informieren
Gegenüber dem Abendblatt begründet eine Bahnsprecherin den ausufernden Zeitplan damals knapp mit „Verzögerungen im Rahmen des Planungsprozesses und der Bauausführung, die vorher nicht absehbar waren“. Der ursprüngliche Zeitplan habe dem damaligen Planungsstand entsprochen. Weitere Erklärungen gab es nicht – auch wenn sich Kundinnen und Kunden darunter kaum etwas vorstellen konnten.
Im Mai 2020, so war noch zu erfahren, hätten die Arbeiten zur Erneuerung des Blindenstreifens begonnen, nun würden, so die Ankündigung, sukzessive Arbeiten an den Stromkabeln sowie an den Verkleidungen der Stützen und am Dach folgen. Da schließlich auch die Bahn den Unmut der Nutzerinnen und Nutzer zu spüren bekam, wurden vor Ort kleine Plakate aufgehängt, die über die zeitliche Verzögerung und die weiteren Planungsschritte informierten. Auch eine Kontakt-Mailadresse für Fragen und Beschwerden wurde angegeben.
Ende der Arbeiten noch nicht in Sicht
Vor wenigen Tagen – mehr als zwei Jahre nach dem letzten Besuch, sah sich das Abendblatt wieder vor Ort um. Dass es mittlerweile Fortschritte gegeben hat, ist nicht zu bestreiten, aber von einem Ende der Arbeiten kann auch weiterhin keine Rede sein. Sieben Jahre nach Baubeginn und 24 Monate nach dem letzten Ortstermin sind die Gründerzeitsäulen immer noch verschalt oder mit Plastikfolien umwickelt.
Alle paar Meter ragen schwarze Plastikröhren aus dem Boden, in die mutmaßlich einmal Kabel geführt werden. Das Gleisbett ist dunkel, in der Vorhalle funktioniert höchstens jede zweite Lampe, und an einem Betriebshäuschen hängen außen Kabelbündel, die wohl irgendwann mal verschalt werden sollen. Die Arbeiten an der Stromversorgung, die – siehe oben – vor zwei Jahren begonnen werden sollten, kommen offenkundig nicht von der Stelle. Und wie so oft waren auch bei diesem und weiteren Besuchen keine Bauarbeiten zu beobachten.
„Wir können die Kritik der Fahrgäste nachvollziehen"
Auf Nachfrage gibt sich die Bahn diesmal selbstkritisch. „Wir können die Kritik der Fahrgäste und Anwohner nachvollziehen“, so eine Bahnsprecherin zum Abendblatt, „Auch für uns ist es sehr ärgerlich, dass wir unser Versprechen für eine Fertigstellung nicht halten können.“ Bei der Planung im Jahr 2019 und dann während der Bauausführung bis 2021 habe es Mängel gegeben, die „recht frühzeitig“ erkannt worden seien. Für deren Behebung arbeite man nun gemeinsam mit externen Ingenieurbüros „intensiv an einer neuen Planung“.
Vom Abendblatt befragt, listet die Sprecherin zunächst auf, welche Teile der Umbauten abgeschlossen sind. Dazu gehören ein neuer Aufzug, die Erneuerung von Bahnsteigkanten und Treppen sowie die Sanierung der Bahnsteigdächer. Das wirkt eindrucksvoll, ist aber in einem Zeitrahmen von insgesamt sieben Jahren in einem Industriestaat auch keine Hexerei.
S-Bahn Hamburg: Arbeiten am Blankeneser Bahnhof dauern an
Die schlechte Nachricht zum Schluss: Die schleppenden Elektroarbeiten, die nun schon jahrelang das Erscheinungsbild der Bahnsteige prägen, sind noch lange nicht abgeschlossen. Hier geht die Bahn davon aus, die alte („bauzeitliche“) Beleuchtung erst bis zum Frühjahr kommenden Jahres zurückgebaut zu haben, eine endgültige Umsetzung der aktuellen Planung soll dann „voraussichtlich leider nicht“ vor Mitte 2023 erfolgen.
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Auf erneute Nachfrage, was denn nun genau das Problem gewesen sei?, teilt die Sprecherin schriftlich mit, dass es vor allem um die Umsetzung der Bahnsteigbeleuchtung gehe. „Hier sind verschiedene Stromtechniken – zum Beispiel die Bahnsteigbeleuchtung und für die Stromschiene der S-Bahn – zu betrachten, bevor diese installiert werden können“, so die Antwort. Die Bahn bittet alle Betroffenen um Verständnis.