Hamburg. Die Arbeiten zur Umgestaltung verzögern sich um Jahre und die Bahn bekommt das Taubenproblem nicht in den Griff.
Eigentlich ist er – mit historischer Wandelhalle, vielen Säulen und Bahnwärterhäuschen samt Geranien-Blumenkasten – ein architektonisches Kleinod. Doch der S-Bahnhof Blankenese bietet den Benutzern schon lange einen unerfreulichen Anblick. Seit mittlerweile rund fünf Jahren wird an den Bahnsteigen mehr herumgedoktert als gebaut – und ein baldiges Ende ist nicht in Sicht.
Das Bild vor Ort verändert sich seit vielen Monaten kaum: Überall werden Kabel durch oder über provisorische Holzständer geführt. Die schönen Gründerzeitsäulen sind verschalt, an der südlichen Böschung lehnen große Metallgitter, Baumaterialien liegen herum.
S-Bahnhof Blankenese: Ende der Arbeiten frühestens 2021
Eigentlich hört es sich eher unspektakulär an, was die Bahn dort plant: Bahnsteige, Beläge und Dächer sollen erneuert und ein neues Blindenleitsystem erstellt werden. Aber: Die Arbeiten haben bereits im Sommer 2015, also vor mittlerweile rund fünf Jahren begonnen. Seitdem hat sich zwar einiges getan, aber das Gesamtbild blieb in der ganzen Zeit immer gleich. Und wie zahlreiche Blankeneser beklagen, tut sich auf der Baustelle oft tagelang überhaupt nichts.
Jetzt bestätigt die Bahn, was die täglichen Nutzer des Bahnhofs kaum überraschen kann: Die ursprünglich mal für 2019 geplante „Wiederherstellung und Inbetriebnahme der S-Bahn-Station“ (so die offizielle Bezeichnung des Projekts) wird noch bis „voraussichtlich“ zum Frühjahr 2021 andauern. Gegenüber dem Abendblatt begründet eine Bahnsprecherin den ausufernden Zeitplan knapp mit „Verzögerungen im Rahmen des Planungsprozesses und der Bauausführung, die vorher nicht absehbar waren“. Dadurch werde der Ablauf bis heute beeinflusst. Der ursprüngliche Zeitplan habe dem damaligen Planungsstand entsprochen.
Viele Blankeneser sind verärgert
Im vergangenen Mai hätten die Arbeiten zur Erneuerung des Blindenstreifens begonnen, nun würden sukzessive Arbeiten an den Stromkabeln sowie an den Verkleidungen der Stützen und am Dach folgen. Viele Blankeneser ärgern sich auch deshalb über den vernachlässigten Eindruck, den der Bahnhof macht, weil das Hauptgebäude mit der kleinen Wandelhalle eigentlich ein historischer Schatz ist, das zu den Wahrzeichen des Stadtteils gehört. Der Bahnhofsbau stammt bereits aus den Jahren 1866/67 und wurde von 2007 an sehr aufwendig renoviert. Seit 2008 steht das Hauptgebäude unter Denkmalschutz.
Vor Ort hängen mittlerweile kleine Plakate, die über die zeitliche Verzögerung und die weiteren Planungsschritte informieren. Auch eine Kontakt-Mailadresse für Fragen und Beschwerden ist dort angegeben. Dem Vernehmen nach wird sie stark genutzt.
Ein weiteres Ärgernis, das im Bahnhof für viel Unmut sorgt, ist die massive Taubenplage, die vor allem den Aufenthalt in der Wandelhalle erheblich beeinträchtigt. Vor Ort sind etliche Taubennester auszumachen, unter anderem auf Anzeigetafeln und Wandvorsprüngen.
Die Tiere fliegen immer wieder in niedriger Höhe direkt über die Köpfe der Fahrgäste, putzen und schütteln sich in unmittelbarer Nähe von Passanten und Ladengeschäften. Scheiben, Schaukästen, Briefkästen, Passbild- und EC-Automaten in der Wandelhalle sind unglaublich verdreckt, Federn fliegen umher. Statt sich in der Halle aufzuhalten, hasten die Passanten so schnell wie möglich hindurch, den ängstlich-kritischen Blick immer wieder nach oben gerichtet.
Bahnhof Blankenese wird täglich gereinigt
„Den EC-Automaten mag man nicht anfassen“, sagt ein Passant kopfschüttelnd, „und bei diesen Briefkästen tun mir diejenigen leid, die sie täglich aufs Neue leeren müssen.“ In einem Schreiben auf eine Anfrage des Abendblatts teilte die Bahn mit, mit der Situation vor Ort nicht zufrieden zu sein. „Grundsätzlich arbeiten unsere Reinigungskräfte aber mit Hochdruck daran, den Taubenkot zu entfernen“, heißt es.
„So wird der Bahnhof Blankenese täglich gereinigt.“ Das Problem dabei: Die Anlage ist nach jeder Reinigungsaktion im Handumdrehen wieder neu verschmutzt. Entsprechend wird schon länger versucht, die Tauben dauerhaft zu vertreiben (in der Fachsprache: „vergrämen“).
Die Bahn hat dabei das Problem, dass die Tauben zwar nach Möglichkeit vertrieben werden sollen, dass dies aber unter Vorbehalten steht. Denn dafür müssten Maßnahmen gefunden werden, die mit dem Tierschutzgesetz vereinbar sind, erläutert die Bahnsprecherin, „ohne gesundheitsschädigende oder lebensbedrohende Folgen für die Vögel zu verursachen“. Verursacher der massiven Verschmutzung sind verwilderte Stadttauben, lässt die Bahn mitteilen, die ein großes Problem in vielen Hamburger Bahnhöfen darstellten.
Die angebrachten Spikes schaffen kaum Abhilfe
Wie das Abendblatt kürzlich berichtet hat, ist unter anderem der S-Bahnhof Poppenbüttel von derartigen Verschmutzungen betroffen. Zu den vielen Beschwerden, welche die Bahn deshalb erreichen, kommt noch die Sorge um die eigene Infrastruktur: Der ätzende Taubenkot führt langfristig zu Substanzverlusten an Gebäude- und Konstruktionsteilen, die mühsam und kostenaufwendig ausgebessert werden müssen.
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In Blankenese ließ die Bahn im vergangenen Jahr sogenannte Spikes, also nach oben zeigende Nägel an Treppenabgängen und auf Anzeigetafeln, anbringen, um zu vermeiden, dass sich Tauben dort niederlassen können. Aber: Den Vögeln gelingt es, ihre Nester genau so in die Zwischenräume der Spikes zu bauen, dass sie dort weiterhin ungestört brüten können. Hinzu kommt: Durch die zusätzlichen Verschalungen im Zuge der laufenden Instandsetzung sind als unwillkommener Nebeneffekt zusätzliche Nistplätze für Tauben entstanden.
Gegenüber dem Abendblatt kündigte die Sprecherin vor rund zwei Wochen an, den Bahnhof umgehend einer Kontrolle unterziehen zu lassen, „um die angesprochene Missstände zu lokalisieren“. Geschehen ist seitdem nur wenig – und das, obwohl die Bahn in ihrem Antwortschreiben mitteilt, dass Taubenkot nachweislich auch als ein Krankheitsüberträger gilt.