Hamburg. Übersetzer der Steuerfahndung bot Verdächtigen Verrat von Ermittlungsgeheimnissen an. Was er dafür verlangte.
Ashkan K. witterte das große Geld, als er im staatlichen Auftrag die Telefonate von vier Männern belauschte und ihre Gespräche aus dem Persischen ins Deutsche übersetzte. Der Schmuck! Das viele Geld! Die teuren Autos! Die Reisen! Davon sprachen die Männer wieder und wieder, und für Ashkan K. klang das so verführerisch, das wollte er auch. Die Männer ahnten nicht, dass ihnen die Steuerfahndung im Nacken saß. Doch der Deutsch-Iraner wusste es. Und dieses privilegierte Wissen wollte er sich vergolden lassen, indem er der Bande den Verrat von Ermittlungs-Interna anbot – für eine Million Euro.
„Ich bereue zutiefst, was ich getan habe“, sagt der geständige Angeklagte am Freitag kleinlaut, den Kopf gesenkt. Vor dem Schöffengericht Barmbek hat ihn die Staatsanwaltschaft wegen Bestechlichkeit und der Verletzung von Dienstgeheimnissen angeklagt. Ashkan K. hatte vor anderthalb Jahren die Steuerfahndung in einem brisanten Strafverfahren als Übersetzer unterstützt. In dem Fall ist Anklage erhoben worden, verhandelt wird noch am Landgericht: Ein Rechtsanwalt und drei Mandanten aus Hamburg sollen vor zwei Jahren 23 Millionen Atemmasken im Wert von 109 Millionen Euro dem Bundesgesundheitsministerium geliefert und dabei mehr als fünf Millionen Euro Umsatzsteuer hinterzogen haben.
Wie der Angeklagte seine Informationen verkaufen wollte
Einer der jetzt Angeklagten und damals Überwachten – der Rechtsanwalt – sagt am Freitag gegen Ashkan K. aus. Am 25. März 2021 habe ihn der 40-Jährige vor seinem Haus in Bergstedt abgepasst und auf Farsi angesprochen. Es gehe um „die Sicherheit seiner Familie“, habe der Fremde gesagt. Und dass er Informationen für ihn habe, für deren Preisgabe er „sieben Jahren in den Knast“ gehen könne. Für eine Million Euro, am Folgetag auf dem Fischmarkt zu übergeben, könne er die „Gefahr minimieren“.
Woher er das alles wissen, habe er den Fremden gefragt. Da habe der auf „Connections“ zur Polizei verwiesen und ihn vor Telefonaten gewarnt: Die würden von den Behörden abgehört. „Ich dachte, das ist vielleicht so ein Möchtegern-Mafiosi“, sagt der Zeuge. „Umso mehr Angst hatte ich um meine Familie.“ Als Ashkan K. fuhr, verständigte er sofort die Polizei.
Die Ermittler bekamen Wind vom Geheimnisverrat
Mit der stümperhaften Aktion gefährdete der Übersetzer die ganze, lang vorbereitete Operation gegen die ‚Bande. „Es waren für April bereits Durchsuchungen und Verhaftungen geplant“, sagt Steuerfahnder Thomas S. als Zeuge. Per Telefonüberwachung – die Verdächtigen tauschten sich über die seltsame Begegnung mit dem „Spinner“ in Bergstedt aus – bekamen die Ermittler Wind vom Geheimnisverrat.
„Wir konnten es kaum glauben: Es war unser Dolmetscher“, so Thomas S. Glücklicherweise hätten die Verdächtigen auch nach der Episode bei den folgenden Telefonaten keine relevanten Informationen verschwiegen. „Es gab keinen Bruch in der Telekommunikation“, sagt Thomas S.
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Öffentliche Aufträge erhält der Dolmetscher nicht mehr
Dem Ermittlungsrichter hatte Ashkan K. nach seiner Festnahme im April 2021 gesagt, dass das ständige Gerede der Verdächtigen über ihr Luxusleben ihn regelrecht „verführt“ habe. Ihm sei zwar bewusst gewesen, dass er gegen seine Verschwiegenheitsverpflichtung als Übersetzer verstoßen würde, wenn er die Preisgabe von Informationen aus einer laufenden Ermittlung gegen Geld anbieten würde. Dennoch habe er es durchgezogen, „das war eine Kurzschluss-Aktion“. Schon während er damals in Bergstedt versucht habe, den Deal mit dem Anwalt einzufädeln, habe er die ganze Sache bereut. „Das war einfach dumm. Ich schäme mich.“
Ashkan K. blieb zwei Wochen in U-Haft, seine Einkünfte halbierten sich danach, öffentliche Aufträge erhält er nicht mehr. „Das zurecht“, sagt der Richter. Das Urteil: zwei Jahre Haft auf Bewährung. „Die Justiz ist auf integre Dolmetscher angewiesen, sie haben das Vertrauen missbraucht“, sagt der Richter und merkt süffisant an: „Durchdacht war das alles nicht.“