Hamburg. Die Energiekrise macht auch vor den Gastronomiebetrieben nicht Halt. Kommen neue Corona-Beschränkungen im Herbst?
Die Energiepreise explodieren. Die Lebensmittel sind deutlich teurer geworden, und je nachdem, wie sich die pandemische Lage entwickelt, könnten im Herbst wieder Maskenpflicht und weitere Einschränkungen in der Gastronomie drohen. Außerdem fehlt das Personal, und der Mindestlohn wird deutlich erhöht. Das Abendblatt hat mit vier bekannten Hamburger Gastronomen darüber gesprochen, vor welchen großen Herausforderungen sie stehen.
Eigentlich hat Peer Petersen Grund zur Freude. „Wir haben es endlich geschafft, unser Personal wieder auf rund 230 Mitarbeiter aufzustocken, und so können wir unsere sieben Betriebe wieder zu 100 Prozent öffnen und den Gästen den gewohnten Service bieten“, sagt der Gastronom, der unter anderem die Neumann’s Weinbistros am Grindelhof und an der Langen Reihe führt sowie im Alstertal das Mellinghus und das The Locks.
Gastronomie Hamburg: Preise deutlich angehoben
Aber der 53-Jährige hat Sorgen. „Meine größte Angst ist, dass wir im Herbst tatsächlich wieder neue Einschränkungen wie eine Maskenpflicht in den Innenräumen oder sogar noch weitere Maßnahmen hinnehmen müssen. Das würde bei vielen Beschäftigten in der Gastronomie dazu führen, dass sie ihren Job kündigen. Die Gäste hätten dafür auch kein Verständnis“, fürchtet Petersen. Das Problem sei einfach, dass wir immer in dieser Unsicherheit leben. Man könne nicht langfristig planen. Das bremse ihn auch als Unternehmer aus.
In diesem Jahr hat Petersen die Preise um durchschnittlich sieben Prozent angehoben. „Wenn wir all die Preissteigerungen nehmen, also in den Bereichen Personal, Energie und Lebensmittel, müssten wir natürlich die Preise noch einmal spürbar anheben. Aber die Gäste gehen das nur bis zu einem gewissen Maß mit.“ Seine Sorge: „Für uns hat das zur Folge, dass wir in eine wirtschaftliche bedrohliche Lage kommen könnten.“
Maskenpflicht wird sich negativ auf Umsätze auswirken
Sorgen macht sich auch Stephan von Bülow. Der Vorsitzende der Geschäftsführung der Block Gruppe sagte dem Abendblatt. „Sollte es tatsächlich wieder eine Maskenpflicht in der Gastronomie geben, wird sich das negativ auf die Umsätze auswirken. Unsere Kunden haben sich an die zurückgewonnene Freiheit gewöhnt. Wenn es jetzt wieder Auflagen für den Restaurantbesuch gibt, dann dürfte das viele davon abhalten, essen zu gehen.“
Sein Appell lautet deshalb: „Ich wünsche mir von der Politik, dass sie den Bürgern ein wenig mehr Eigenverantwortung schenkt.“ Und von Bülow, der auch Vize-präsident des Dehoga-Bundesverbandes ist, steht vor weiteren Herausforderungen.
Preise bei Block House "moderat erhöht"
„Es ist bekannt, dass die Preise für Energie und Lebensmittel deutlich anziehen. Wenn wir diese Preiserhöhungen eins zu eins an die Gäste weitergeben würden, dann würden wir unsere Kunden an die Wettbewerber verlieren. Wir haben bislang in den Jahren 2021 und 2022 die Preise bei Block House und Jim Block moderat erhöht. Die generellen Steigerungen in allen Lebensbereichen führen dazu, dass wir in einigen unserer Restaurants einen Konsumverzicht feststellen.“
Die Block Gruppe prüft, ob sie zum Jahresende ihre Preise für Speisen und Getränke noch einmal nach oben anpassen muss. „Das hängt maßgeblich davon ab, ob die Absenkung der Mehrwertsteuer für Speisen von 19 auf sieben Prozent über den 31. Dezember 2022 hinaus verlängert wird. Hier hoffen wir auf eine baldige Entscheidung der Politik. Sollte der Mehrwertsteuersatz wieder auf 19 Prozent steigen, werden das zahlreiche Betriebe nicht überleben. Bei all den Preissteigerungen, rechnet sich das dann einfach nicht mehr.“
Mindestlohn steigt auf 12 Euro
Vom 1. Oktober an steigt zudem der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland von aktuell 10,45 auf 12 Euro pro Stunde. „Innerhalb der Block Gruppe haben wir in der Vergangenheit bereits über dem gesetzlichen Mindestlohn vergütet und werden dies auch für die Zukunft beibehalten. Die aktuelle Steigerung des Mindestlohns, führt jedoch zusätzlich dazu, dass wir in unseren Unternehmen auch sämtliche weitere Tarifgruppen anpassen müssen, und das bedeutet Steigerungen beim Gehalt um bis zu 25 Prozent“, sagt von Bülow.
Trotz aller Herausforderungen setzt der Chef der Block Gruppe, die rund 2400 Mitarbeiter beschäftigt, weiter auf Expansion. Ein Beispiel: Aktuell gibt es 55 Block-House-Restaurants in Europa, 44 davon befinden sich in Deutschland. Die Nummer 45 soll voraussichtlich Ende September in Köln eröffnen. Im kommenden Jahr ist ein weiteres Lokal in der bayerischen Hauptstadt geplant.
Preise für Lebensmittel sind um bis zu 35 Prozent gestiegen
Ein neues Restaurant wird auch Claas-Henrik Anklam Anfang 2023 in der HafenCity eröffnen. Im zehnten Jahr führt der gebürtige Hannoveraner bereits das Henriks an der Moorweide und ist aktuell Mehrausgaben ausgesetzt. „Die Energiepreise sind bei uns von 6000 auf 16.000 Euro gestiegen. Bei den Lebensmitteln liegen wir bei Preissteigerungen von bis zu 35 Prozent. Wir haben bislang versucht, davon möglichst wenig an unsere Gäste weiterzugeben.“
Doch in den kommenden Wochen wird Anklam gemeinsam mit seinem Küchenchef einen Kassensturz machen. „Wir werden noch einmal ganz genau analysieren, wie sich die Kosten in den einzelnen Bereichen entwickelt haben, und daraus wird sich ergeben, welche Preiserhöhungen wir vor allem beim Essen vornehmen müssen.“
„Ich bin optimistisch und gut vorbereitet"
Im Juli hat Tim Lang sein Tim’s an der Großen Elbstraße im ehemaligen La Vela eröffnet. Das Geschäft sei gut angelaufen, erzählt der Gastronom. Ihm geht es wie der übrigen Branche. „Ich brauche noch Personal für Service und Küche.“ Der 44-Jährige gelernte Koch ist kein Newcomer, betreibt mit Geschäftspartner Hannes Schröder das Restaurant Küchenfreunde am Lehmweg und an der Hegestraße die Botanic District Bar und das Deli „was wir wirklich lieben“. „Bei den Küchenfreunden ist die Position des Souschefs vakant, die müssten wir auch dringend besetzen.“
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Auch in Langs Lokalen dürfte das Essengehen teurer werden. „Ich bin optimistisch und gut vorbereitet. Ich bin mir bewusst, dass die Preise für Energie und Lebensmittel steigen, und da kommen wir natürlich langfristig nicht ohne Preiserhöhungen durch.“
Gastronomie Hamburg steht vor großen Investitionen
Den umtriebigen Wirt beschäftigt ein weiteres Thema. „Wir müssen ab Oktober ungelernten Mitarbeitern 12 Euro bezahlen. Das ist der Mindestlohn, der in der heutigen Zeit zum Leben auch notwendig ist. Da wir aber diese Mitarbeiter erst einmal komplett anlernen müssen, um in der Gastronomie Fuß zu fassen, ist unsere Investition sehr hoch.“