Hamburg. Einst war der Italiener der lokalen Prominenz vorbehalten, jetzt findet man dort geradlinige Küche zu fairen Preisen.

Früher war der kleine Sarde Paolino eine große Nummer in Hamburg: Einst residierte er am Alsterufer 2 – an nämlicher Stätte, wo sich heute das Portonovo beim von der Lage beeindruckten Sehen-und-gesehen-werden-Publikum darum bemüht, den Eindruck gehobener italienischer Küche zu vermitteln – und beglückte die lokale Prominenz. Nun genießt er seinen Ruhestand auf Sardinien, hat längst sein Restaurant nach Winterhude verlegt und in bester italienischer Familienbetriebsmanier an Tochter, Sohn und Neffen übergeben.

Die machen einen sehr erfreulichen Job, haben das Paolino gründlich enthypt und betreiben heute das Paradebeispiel eines gut geführten, traditionellen italienischen Eckitalieners, wie ihn sich Otto und Ottilie Normalverbraucher (und Normalverdiener) so erhoffen.

Restaurant Hamburg: Gute Küche mit fairen Preisen

Die Ecke, woselbst sie nunmehr seit über einem Dezennium residieren, ist, wertneutral formuliert, eine sehr lebendige, denn hier kreuzen sich schräg gegenüber der Winterhuder Komödie die pulsierenden Verkehrsadern Sierich- und Hudtwalckerstraße, verfeinert durch die emsig tätige U 1 – was den sommerlichen Aufenthalt an Tischen auf dem Bürgersteig nur partiell lauschig macht. Kredenzt wird eine geradlinige, auf guten Produkten fußende Küche zu fairen Preisen.

So kostete die perfekt bereitete Vorspeise aus hauchdünn geschnittenen, sautierten Edelpilzen mit Knoblauch und Petersilie 13 Euro, der – allerdings in Teilen recht introvertiert gewürzte – kleine Teller mit Gemüse-Antipasti 10,50 Euro. Ein Schwerpunkt des Hauses sind die ultra-klassischen, aromensatten Pastagerichte wie die vorzüglichen Penne all’Arrabiata (9,50 Euro). Und auch unserem Ansinnen, die erstklassigen hausgemachten Ravioli mit Ricotta-Spinat-Füllung (13 Euro) teilen und mit zwei Saucen probieren zu dürfen, wurde vom ausnehmend freundlichen Inhaberteam spornstreichs entsprochen. Dabei errang die würzige Tomatensauce einen klaren Sieg gegen die eher verhaltene Butter-Salbei-Variante.

Restaurant Hamburg: Auch die Weinauswahl ist solide

Auch die Fleisch- und Fischgerichte vermögen zu überzeugen: So genossen wir seit vielen Jahren erstmals wieder den unsterblichen Trattorien-Klassiker Saltimbocca à la Romana (20,50 Euro): feine, dünne Kalbsschnitzelchen, saftig gebraten und üppig belegt mit Salbei und knusprig gebratenem, sehr hochwertigem Schinken (ganz eindeutig kein billiger Koch-Formschinken wie so oft beim Pseudo-Italiener, sondern eher so was wie Parma oder San Daniele) mit Rosmarinkartöffelchen und knackigem Broccoli. Fein, fein.

Die Weinauswahl ist nicht riesig, aber solide und überraschungsarm mit einem, wen wundert es, Fokus auf sardischen Gewächsen. Leicht, sauber und unaufdringlich präsentiert sich der 2021er Vermentino La Cala (23 Euro), einen Tick mehr Würze bringt der im gleichen Preissegment angesiedelte toskanische Vernacchia von Teruzzi und Puthod. Ein toller Begleiter zu den Fleischgerichten ist der hervorragende Rosso di Montalcino von Argiano (40 Euro), für moderate 28 Euro gibt’s einen einfacheren Rosso di Montalcino von der Großkellerei Antinori.

Als erfreuliches Fazit bleibt: Freunde traditioneller italienischer Küche, Gastfreundschaft und Lebensart sind im Paolino bestens aufgehoben.

Hudtwalckerstraße 16, Tel. 33 98 30 18,geöffnet Dienstag bis Sonntag 17–22.30 Uhr, https://ristorante-paolino-sardegna.eatbu.com