Hamburg. Nach zehn Jahren sollen die Abkommen endlich überprüft werden. Doch es gibt scharfe Kritik an der Auftaktveranstaltung in dieser Woche.

Schon der Auftakt rief deutliche Kritik hervor. Fast zehn Jahre nach Abschluss der Verträge der Stadt mit den islamischen Religionsverbänden hat der Senat am Mittwoch den Prozess zur Evaluation gestartet, um zu prüfen, was in der Zusammenarbeit gut – und was weniger gut lief. Dafür hatte der Chef der Senatskanzlei, Jan Pörksen (SPD), handverlesene Vertreter der Vertragspartner und anderer Gruppen zum „Fachtag“ in Räume der Bürgerschaft geladen. Die im November 2012 unterzeichneten Verträge regeln etwa die Anerkennung islamischer Feiertage und gemeinsamen Religionsunterricht.

Offenbar will der Senat das heikle Thema möglichst geräuschlos behandeln. Die Öffentlichkeit wurde über die beginnende Evaluation jedenfalls nicht informiert – obwohl das Für und Wider der Verträge seit Jahren kontrovers diskutiert wird. Denn direkte und indirekte Vertragspartner wie DITIB und IZH hatten laut Kritikern öfter gegen den Geist der Verträge verstoßen – das aus dem Iran beeinflusste und vom Verfassungsschutz beobachtete IZH etwa durch Teilnahmen an antisemitischen Demonstrationen.

Islamisches Zentrum Hamburg: „Man wollte unter sich sein"

Der Senat wolle eine echte Evaluation vermeiden und vor allem die Zusammenarbeit loben, vermutet die deutsch-türkische Publizistin Necla Kelek, die am „Fachtag“ teilgenommen hat. „Damit die Veranstaltung das gewünschte Ziel erreicht, traten fünf aktive und einige ehemalige Staatsräte an, hatte man sorgfältig an der Teilnehmerliste gearbeitet, das heißt, weder Vertreter der Zivilgesellschaft, oppositionelle Parteien, säkulare Vertreter oder die Presse eingeladen“, monierte Kelek.

„Man wollte unter sich sein und war es. Der Plan war und ist offenbar, Senat, Bürgerschaft und Öffentlichkeit ein mit allen Vertragspartnern abgestimmtes positives Ergebnis über zehn Jahre Zusammenarbeit vorzulegen und die Debatte um die Sinnhaftigkeit des Staatsvertrags zu beenden, bevor sie richtig beginnt.“

Echte Evaluation nötig

Wenn ein „wirkliches Interesse an gesellschaftlichem Fortschritt auch in der muslimischen Community bestehen würde“, hätte ein Senat, „der sich den Kampf gegen Rechtsradikalität, Antisemitismus, Homophobie und Gleichberechtigung auf die Regenbogenfahne geschrieben hat“, einmal nachfragen müssen, was die Partner in diesen Dingen unternommen hätten, so Kelek. Das aber sei nicht geschehen.

Auch andere Fragen gehörten auf die Tagesordnung, sagte Kelek: „Warum mus der Senat dafür einstehen, dass Kinder Kopftuch tragen? Warum muss er mit Organisationen einen Dialog führen, die Geld und Anweisungen aus Teheran oder Ankara bekommen?“ Es müsse jetzt eine echte Evaluation beginnen. Aus dem Rathaus hieß es dazu auf Abendblatt-Nachfrage, es habe viel Raum für Kritik bei der Veranstaltung gegeben und diese sei teilweise auch klar geäußert worden.

Islamisches Zentrum Hamburg: Kritik auf beiden Seiten

Unmut gab es auch auf anderer Seite. So beschwerten sich Vertreter von IZH und der Islamischen Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden in Deutschland (IGS), sie seien bei der Veranstaltung nicht eingelassen worden – obwohl sie sich angemeldet und einen Zugangscode erhalten hatten. Die Tagung sei ausgebucht, beschied man ihnen. Es habe technische Probleme bei den Registrierungen gegeben.