Berlin/Hamburg. Finanzausschuss des Bundestags soll sich mit Cum-Ex-Geschäften befassen. Auch Opposition in Hamburg kritisiert Erinnerungslücken.
Die Unionsfraktion im Bundestag verlangt nach der Aussage von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zum Hamburger Steuerskandal Cum-Ex eine Sondersitzung des Finanzausschusses. „Die Zweifel an der Glaubwürdigkeit des heutigen Bundeskanzlers und früheren Hamburger Bürgermeisters Olaf Scholz werden immer massiver“, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Mathias Middelberg am Sonnabend. „Der Kanzler will sich an nichts mehr erinnern. Gleichzeitig treten immer mehr Indizien zu Tage, die eine politische Einflussnahme im Fall Warburg nahelegen.“
Cum-Ex: Union fordert Sondersitzung zur Aussage von Scholz
Der SPD-Politiker Scholz hatte am Freitag vor dem Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft erneut jegliche Einflussnahme auf das Steuerverfahren der in den „Cum-Ex“-Skandal verwickelten Warburg-Bank zurückgewiesen. Im Kern geht es um die Frage, ob führende SPD-Politiker mit dafür sorgten, dass die Bank zu Unrecht erstattete Kapitalertragsteuer zunächst nicht zurückerstatten musste.
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Hamburg sei das einzige Bundesland, das solche Rückforderungen verjähren lassen wollte, sagte Middelberg. Deshalb stelle sich auch die Frage der politischen Verantwortung von Scholz.
Cum-Ex: Thering: Erinnerungslücken sind „unglaubwürdig“
Hamburgs CDU-Fraktionschef Dennis Thering bezeichnete die Erinnerungslücken von Scholz im Untersuchungsausschuss als „unglaubwürdig“. „Auch bei seiner zweiten Vernehmung hat Bundeskanzler Scholz erneut gezeigt, dass er mit seinem weitreichenden Erinnerungsverlust kein Interesse an einer Aufklärung der vielen Ungereimtheiten rund um die Cum-Ex-Affäre der Warburg Bank in Hamburg hat“, sagte Thering laut Mitteilung vom Sonntag. „Wie kann er sagen, es habe keine politische Einflussnahme gegeben, wenn er sich an die Vorgänge nicht im Geringsten erinnert?“
Hintergrund sind drei Treffen von Scholz mit den Gesellschaftern der Warburg Bank, Christian Olearius und Max Warburg, in den Jahren 2016 und 2017. Scholz hatte die Treffen zwar bei seiner ersten Vernehmung eingeräumt, aber angegeben, sich an Gesprächsinhalte nicht mehr erinnern zu können.
Cum-Ex: "Paradebeispiel politischer Einflussnahme“
Nach den ersten Treffen hatte Scholz laut Aussage von Olearius empfohlen, ein Verteidigungsschreiben der Bank an den damaligen Finanzsenator und heutigen Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) zu schicken, in dem die Rückforderung von 47 Millionen Euro zu Unrecht erstatteter Kapitalertragssteuer als ungerechtfertigt dargestellt wurde.
Thering bezeichnete diese Intervention als „ein Paradebeispiel politischer Einflussnahme“. „Dafür braucht es keine schriftliche Anweisung, politische Einflussnahme geschieht viel subtiler“, sagte Thering. „Wer weiß, dass die Senatsebene fortlaufend über einen Einzelfall informiert werden will und sich aktiv ins laufende Steuerverfahren einbringt, ist als Finanzbeamter nicht mehr frei in seiner Entscheidung“, sagte der CDU-Politiker. Die CDU werde weiterhin alles dafür tun, „um den größten Steuerskandal der deutschen Nachkriegsgeschichte aufzuklären“.
Der Linken-Bürgerschaftsabgeordnete Norbert Hackbusch kritisierte den Umgang von Scholz mit dem Untersuchungsausschuss als „frech“. Schon während der Aussage des Kanzlers hatte Hackbusch diesem vorgeworfen, sich „anmaßend“ zu verhalten und anschließende Wertungen zu den Ergebnissen der Ausschüsse vorzunehmen, was ihm nicht zustehe.
Cum-Ex: Scholz wies alle Vorwürfe zurück
Am Freitag hatte Scholz erneut alle Vorwürfe zurückgewiesen. „Ich habe auf das Steuerverfahren Warburg keinen Einfluss genommen“, sagte er in einer mehr als dreistündigen Zeugenvernehmung. Außerdem hätten die Ausschussuntersuchungen seither exakt das bestätigt, was er schon damals gesagt habe: „Es hat keinerlei politische Einflussnahme gegeben.“ Es habe auch keine Vorzugsbehandlung der Herren Warburg oder Olearius gegeben.
CDU und Linke wollen Scholz noch ein drittes Mal vernehmen und den Untersuchungsauftrag des Ausschusses auch auf Cum-Ex-Geschäfte der ehemaligen Landesbank HSH Nordbank ausweiten. Dann soll auch der jetzige Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt vorgeladen werden