Hamburg. Dritter und letzter Teil der Serie: Nördlich der Elbe entstehen in den kommenden Jahren spektakuläre Gebäude, Parks und Wege.
Rund um die Elbbrücken sollen neue, gemischt genutzte Quartiere, attraktive Freiräume und öffentlich zugängliche Wasserlagen geschaffen werden – auf einer Fläche, die insgesamt 161 Hektar umfasst und in vier Bereiche unterteilt ist: Südlich der Elbe sind das der Grasbrook und die nördliche Veddel, auf der anderen Elbseite das Elbbrückenquartier der HafenCity und der Billebogen, in dessen Entwicklungsraum Rothenburgsort nachverdichtet und mit Grünanlagen und neuen Wegen besser an die Innenstadt angebunden wird.
In der HafenCity wächst mit den Gebäuden auch der Nachhaltigkeitsstandard
Das Quartier Elbbrücken im Osten der HafenCity wird den Abschluss des Stadtentwicklungsgebiets bilden und von Hochhäusern, Wasserflächen zu drei Seiten und dem neue Amerigo-Vespucci-Platz am Ende des Baakenhafens geprägt. Etwa 50 Prozent der Gebäudeflächen sind für Büronutzung eingeplant, was Kapazitäten für rund 11.000 Arbeitsplätze schafft, und rund zehn Prozent für Gastronomie, kleinteiligen Einzelhandel und Sondernutzungen. Auf den restlichen Flächen soll Wohnraum entstehen, je nach Größe wären bis zu 1400 Wohnungen möglich.
Wegen der lärmexponierten Lage werden die Neubauten in doppelter Reihe angeordnet – sodass die äußeren, höheren Gebäude den innen liegenden, wasserseitigen Wohngebäude quasi als Schallschutz dienen. Während am Amerigo-Vespucci-Platz überwiegend sechs- bis siebengeschossige Ensembles mit einzelnen höheren Türmen entstehen, wachsen die Gebäude zur Freihafen-Elbbrücke und den Bahngleisen hin deutlich in die Höhe, sogar ein 115 Meter hohes Gebäude ist geplant. Im gesamten Quartier erreichen die Gebäude Platin-Standard und erfüllen damit in Sachen Nachhaltigkeit neue Anforderungen bei Bau und Betrieb.
Das sind die Bauvorhaben des Elbbrückenquartiers:
1) Das „New Green Home“ von DC Developments ist ein Bürokomplex mit einem 60 Meter hohen Turm, einem Dachgarten und einem 400 Quadratmeter großen Innenhof. Für den Bau werden Materialien verwendet, die besonders CO2-arm hergestellt, recycelt oder wiederverwendbar sind. Ankermieter wird das Schienenlogistikunternehmen VTG. Der Baustart ist für Anfang 2023, die Fertigstellung für 2026 geplant.
2) Das Gebäudeensemble „Roots“ besteht aus einem siebengeschossigen Riegel mit 53 geförderten Mietwohnungen und einem 19-geschossigen Gebäude mit 128 Eigentumswohnungen und Büroflächen, das als derzeit höchstes Holzhochhaus Norddeutschlands gilt. In den gemeinsamen Sockelbau wird die Deutsche Wildtierstiftung mit Büros, Ausstellungsflächen auch Gastronomie einziehen. Das Haus soll 2024 fertig sein.
3) Gleich auf zwei Baufeldern planen Nord Projekt, GBI und Carnaby ein Vorhaben aus Hotel, Büro und Studierendenwohnungen mit einem digitalen Gebäudebetriebssystem. Die Begegnungsorte im Gebäude – ein Forum der Moses Mendelssohn Stiftung, ein Data-Café, ein Co-Workingbereich sowie eine für das Quartier geöffnete Hotellobby – sollen vor allem die jüngeren Menschen im Quartier ansprechen.
4) Im „Moringa“ mit seinen drei Baukörpern, darunter ein zwölfstöckiges Hochhaus, sind 210 Mietwohnungen geplant, davon ein Drittel gefördert. Auch dieser Gebäudekomplex wird überwiegend aus wiederverwendbaren Materialien errichtet. Er erhält begrünte Außenfassaden und Innenhöfe. Die Fertigstellung ist für 2024 geplant.
5) Beim Vorhaben der Patrizia sollen ebenfalls Schadstoffemissionen und Ressourcen eingespart und recyclingfähige Baumaterialien verwendet werden. Erstmals überhaupt soll bei einem Gebäude umweltverträglicherer Gradientenbeton zum Einsatz kommen. Im siebengeschossigen Sockel entstehen 87 geförderte Mietwohnungen, im 13-geschossigen Hochhaus 95 frei finanzierte Mietwohnungen. Im Erdgeschoss sind neben einer Kita auch Gewerbeflächen geplant. Der Bauantrag soll Anfang 2023 gestellt werden, das Gebäude 2026 fertig sein,
6) Das Hightech-Bürogebäude Edge HafenCity besteht aus einem siebengeschossigen Sockelbau und einem 15-geschossigen Turm, in denen Unternehmen Flächen räumlich und zeitlich flexibel anmieten können. Laut Auftraggeber Edge Technologies liege der Fokus in diesem Gebäude auf dem „Wohlbefinden der Nutzer und der Fortschrittlichkeit der dafür eingesetzten Technologie“.
Im benachbarten Edge Elbside wird Vattenfall seine Unternehmenszentrale für Norddeutschland errichten. Transparente Fassadenelemente, Dachgärten und eine landschaftliche Gestaltung innerhalb der sieben- und 19-geschossigen Gebäudekörper sollen „die Arbeitswelt im Inneren mit dem urbanen Quartier außerhalb vernetzen“. Beide Edge-Gebäude haben nachhaltige Energieversorgungskonzepte und sollen 2023 fertig sein.
7) In einem großen Komplex mit einem sieben und einem zwölfgeschossigen Gebäude entsteht ein vielfältiges Quartier, aus Digital Art Museum, einem Wohnheim für 360 Studierende, einer Kita sowie rund 600 Wohnungen. Auch hier wird Nachhaltigkeit groß geschrieben: Das Digital Art Museum etwa will das erste klimaneutrale Museum der Welt werden. Laut Investor ECE soll der Bau noch in diesem Jahr beginnen und schrittweise zwischen Ende 2024 und Anfang 2026 fertig werden.
8) Die Unternehmenszentrale des Photovoltaikunternehmens Enerparc präsentiert sich von außen als geschlossener Block, öffnet sich aber zum Wasser hin durch eine hohe Glasfassade. Hinter der Fassade aus Terrakotta ist Platz für ausgegründete Start-ups, verbundene externe Dienstleistungsunternehmen und temporäre Mitarbeitende aus der Entwicklung. Der Einzug ist für Oktober geplant.
9) An der Haltestelle Elbbrücken ist ein internationales Kongresshotel mit rund 650 Zimmern und großen Konferenzflächen geplant. Der Neubau soll sich durch seine geschwungene Gebäudeform von der Architektur im Baakenhafen absetzen. Der acht- und neunstöckige Sockelbau sowie der dreieckförmige, 63 Meter hohe Turm mit 19 Geschossen werden umhüllt von einer Ziegelfassade, die durch große Fensterelemente und verschiedene Farbnuancen optisch gegliedert wird.
10) Das erste gemeinsame Präventionszentrum der Berufsgenossenschaften BGW und VBG soll jährlich für bis zu 35.000 Veranstaltungsgäste zur Verfügung stehen. Der siebengeschossige Neubaus und der benachbarte 60 Meter hohe Turm ruhen auf diagonalen Stützen. Im Erdgeschoss und im Obergeschoss ist ein Besucherzentrum mit öffentlichen Nutzungen geplant, vom vierten bis sechsten Stock ein Hotel. Ende 2023 soll alles fertig sein.
11) Der 245 hohe Elbtower, der zwischen U- und S-Bahnstation Elbbrücken und B75 entsteht, soll den Abschluss der östlichen HafenCity bilden. In dem von David Chipperfield entworfenen Wolkenkratzer mit seinem gestuften Sockel werden Büros, ein Hotel mit spektakulärer Bar, weitere Gastronomie- und Sportangebote geben. Auch Einzelhandel und ein Kita sind geplant. Ende 2025 soll das Großprojekt abgeschlossen sein.
12) Aus einem alten Zollamt soll ein Bürogebäude mit Gastronomie werden.
Raue Parks, neue Wege, Quartiersplätze und Häuser verändern Rothenburgsort
Das gesamte Entwicklungsgebiet des Billebogens besteht aus den drei Quartieren Stadteingang Elbbrücken, Huckepackbahnhof und Billebecken. Unter der Verantwortung der Billebogen Entwicklungsgesellschaft soll aus dem heute eher rauen Transitraum um die Billhorner Brückenstraße ein Gebiet mit neuen Wegen und Brücken werden, die die Menschen, die hier leben und arbeiten, besser an die Innenstadt und die Nachbarquartiere anbinden.
Neben verbesserten Unterquerungen der Elbbrücken gehören dazu gleich mehrere neue Fuß- und Radwegbrücken, die über die Bille am südlichen Ende des Hochwasserbassins, vom HafenCity-Quartier Elbbrücken zum Entenwerder-Park sowie über den Billhafen führen, wodurch der Verkehrsknotenpunkt Elbbrücken auch für Rothenburgsort und Hammerbrook erreichbar wird. Rund um die Oldtimertankselle und die Brandshofer Schleuse (13) entstehen attraktive Aufenthaltsräume.
Im Quartier Stadteingang Elbbrücken ermöglicht der Rückbau des überdimensionierten Autobahnkleeblatts viel Platz für die Entwicklung von Gewerbe, Büros und mitunter auch sozialen und kulturellen Nutzungen ermöglichen – in geeigneten Bereichen auch für Wohnungen.
Die künftige Bebauung soll an die innerstädtische Dichte anknüpfen, die Rothenburgsort vor dem Zweiten Weltkrieg auszeichnete. Insbesondere die Billhorner Brückenstraße (14) soll urbaner und lebendiger werden – unter anderem durch die Nutzung der Erdgeschosse, etwa für Gastronomie. In zweiter Reihe sind mehr als 500 Wohneinheiten geplant.
Der Rahmenplan sieht auch vor, das solitäre Hochhaus mit dem Mercedes Stern inmitten der Billhorner Brückenstraße deutlich zu erhöhen und um einen Sockel zu erweitern. Westlich der vielbefahrenen Straße ist ein weiteres Hochhaus geplant. Außerdem entstehen Stadtplätze und Nachbarschaftsgärten (15 und 16) als Treffpunkte für die Menschen im Quartier
Auch denkmalgeschützte und erhaltenswerte Gebäude werden in den Planungen berücksichtigt. Etwa der Turmbunker, der momentan in einem der „Autobahnohren“ steht und in die Bebauung integriert werden soll – ebenso wie die Halle des Branntweinmonopols an der Straße Am Haken, die kulturell oder kreativwirtschaftlich genutzt werden soll, während drum herum eine neue Zollakademie geplant ist.
Der Billhafen (17) bleibt frei und gehört später zu der Parklandschaft, die langfristig von der Norderelbe bis zur Bille in Hammerbrook angelegt wird. Die bislang an vielen Stellen unzugänglichen Ufer sollen durch neue Wege erschlossen und mit Freizeitangeboten ergänzt werden. Der neue Billepark wird eine raue Idylle sein, denn auch weiterhin wird das Areal von Industrieanlagen sowie mächtigen Straßen- und Bahnbrücken eingerahmt.
Hinter dem Park entsteht mit dem Neuen Huckepackbahnhof nur rund zwei Kilometer vom Stadtzentrum entfernt und verkehrlich gut erreichbar ein kompakter und moderner Unternehmensstandort. Für das Billebecken im Nordosten des Plangebiets könnte ein möglichen Schwerpunkt auf Bio- und Medizintechnik liegen.