Hamburg. Ob Döner oder Falafel, Pommes oder Currywurst: Die Preise sind überall massiv gestiegen. Warum das so ist und wie Kunden reagieren.

Eine Menschentraube steht dicht gedrängt im Kimo an der Schanzenstraße und wartet auf Falafel, Hummus und Shawarma. Die beiden Männer hinter der Theke nehmen im Schnelltakt Bestellungen auf; ab und an wischt sich einer mit einer Serviette den Schweiß von der Stirn. Volles Haus und hohe Temperaturen sind aber längst nicht das Einzige, was Imbissbesitzer in Hamburg derzeit ins Schwitzen bringt – durch den massiven Anstieg an Lebensmittel- und Energiekosten mussten sie auch die Preise für die Kunden erhöhen.

In Elsayed Abdelhafez’ Falafelimbiss sind die Preise um 50 Cent gestiegen. „Hier im Kimo kostet Falafel im Brot jetzt 3,50 Euro, vor etwa zwei Monaten waren es noch 3 Euro“, erzählt der Besitzer. Seit über zehn Jahren betreibt er den Laden nun schon gemeinsam mit seinem Bruder. „In dieser Zeit mussten wir noch nie die Preise erhöhen.“

Gastronomie Hamburg: Preise stark gestiegen

Fakt ist: Laut dem statistischen Bundesamt sind Lebensmittelpreise in Hamburg im Juni 2022, verglichen mit dem Vorjahr, um 11,3 Prozent gestiegen. So zeigen Zahlen des Statistikamts Nord, dass etwa die Preise von Sonnenblumenöl und Rapsöl um rund 85 Prozent nach oben geklettert sind. Zahlen des statistischen Bundesamtes zeigen, dass Kunden in Fast-Food-Restaurants im Juni 5,2 Prozent mehr bezahlten als noch im Februar.

„Öl, Gemüse, Fleisch – alles ist teurer geworden“, sagt Abdelhafez. Für einen Kanister Sesampaste zahle er jetzt 10 Euro mehr als vorher, ein Kilogramm Hack koste ihn im Einkauf 8 Euro. Vor dem Ukraine-Krieg seien es noch 5 Euro gewesen. Aber wie reagieren seine Kunden auf den Preisanstieg? „Toll“, betont Inhaber Abdelhafez. „Einige bestärken uns sogar darin, die Preise weiter zu erhöhen.“ Aber das möchte der Besitzer nicht.

Imbiss verzeichnet steigende Kundenzahlen

Da sein Imbiss im Familienkreis geführt wird, habe er keine Personalkosten. „Wir machen alles allein und stellen die meisten Produkte, wie zum Beispiel die Gewürze, selbst her.“ Zudem verzeichne er seit den Corona-Lockdowns wieder deutlich steigende Kundenzahlen. „Die Menschen wollen raus, es kommen fast mehr als vor Corona.“ Außerdem, so sagt Abdelhafez, würden seine Kunden schon genug unter ihren eigenen erhöhten Miet- und Stromkosten leiden.

Stammkunde Julian (28) isst weiterhin regelmäßig im Kimo. Heute hat er seinen jüngeren Bruder und eine Freundin mitgebracht. „Ich komme gerne hierher, weil es hier ganz besondere Saucen wie Walnuss und Zimthumus gibt.“ Vor ein paar Tagen sei er schon mal hier gewesen, „um zu schauen, ob der Falafel schon 6 Euro kostet“, witzelt Julian. Er konnte sich davon überzeugen, dass dem nicht so ist.

„Man kennt und schätzt uns hier auf dem Kiez“

Ähnlich wie im Kimo im Schanzenviertel reagieren auch die Kunden von Thorsten Clorius, Inhaber des Kiez-Bistros Kleine Pause auf St. Pauli. „Es ist das erste Mal in 36 Jahren, dass wir jedes Produkt preislich erhöhen mussten“, sagt Clorius. Von der Cola bis hin zur Currywurst ist alles zwischen 10 und 20 Cent teurer geworden. Eine große Currywurst von 180 Gramm kostet die Kunden nun 4,50 Euro anstatt der üblichen 4,30 Euro. Seine Gäste könnten gar nicht glauben, dass der Preisanstieg so gering ausfalle.

„Man kennt und schätzt uns hier auf dem Kiez“, sagt der Inhaber, dem „ehrliches Essen“ und „faire Preise“ für seinen Laden wichtig sind. Deshalb hat er mit Beginn der steigenden Lebensmittelkosten seinen Hähnchenverkauf eingestellt. Sein Lieferant habe die Einkaufspreise nämlich verdoppelt, im Verkauf würde ein Kunde nun 7,90 Euro für ein halbes Hähnchen zahlen. „Das würde niemand ausgeben, da lohnt es sich nicht, den Grill anzuschmeißen.“

„Wir haben ein gemischtes Publikum“

Und wenn doch mal jemand meckern sollte, weil das 0,3-Liter-Jever jetzt 2,99 Euro kostet, verweist er denjenigen an den nächsten Kiosk. Eigentlich, so sagt Clorius, müsse er im Verhältnis zu den gestiegenen Preisen im Einkauf die Produktpreise für den Kunden auf 30 oder 40 Cent erhöhen. Sein Ertrag habe sich deutlich verschlechtert. Aber: „Wir haben ein gemischtes Publikum.“ Vom St.-Pauli-Fan über den Promi bis hin zum Sozialhilfeempfänger holten sich die Menschen hier regelmäßig ihre Currywurst Pommes ab. Nicht jeder könne sich ein teureres Essen leisten. Dennoch hofft der Inhaber, dass die Menschen weiterhin zu seinem Imbiss kommen, „denn verhältnismäßig zu Restaurants sind wir immer noch die günstige Alternative.“

Der Altonaer Pommes-Imbiss „CKTs Pommes for President“ scheint für viele Kunden keine Alternative mehr zu sein. Noch vor zwei Jahren, erzählt Filialleiter Tolga Yilmaz, hätten die Bewohner aus Ottensen, Berufspendler und Schulkinder in langen Schlangen vor der Bahnhofs­filiale in Altona gewartet, um sich eine Portion Fritten abzuholen. Vor allem wegen der hausgemachten Saucen seien die Menschen gern gekommen. „Unsere mittelscharfe Orientsauce gibt es so sonst nirgends zu kaufen“, sagt Yilmaz. 2017 wurde der Imbiss von der Deutschen Bahn sogar zum „Shop des Jahres“ gekürt.

„Wir haben gerade echt zu kämpfen“

Die Zeiten seien vorbei. „Wir haben gerade echt zu kämpfen.“ Durch Corona sei der Betrieb bereits weniger geworden, mit der Preiserhöhung zum 1. Juni „gibt es Tage, an denen wir hinter der Theke ,Mensch ärgere Dich nicht‘ spielen könnten, weil wir so wenig zu tun haben.“ Hinzu komme noch die heiße Jahreszeit, in der sich die Menschen weniger im Inneren des Bahnhofs aufhielten.

Bei den verschiedenen Pommessorten, Kumpir und den hausgemachten Saucen liege der Umsatz aktuell unter 50 Prozent. Eine Tüte Pommes kostet die Kunden nun 3,80 Euro anstatt 3,30 Euro, „die höchste Preissteigerung, die wir je hatten.“ Diese sei jedoch dringend nötig gewesen: Während ein Kilo Kartoffeln 2019 noch 80 Cent kostete, zahlt die Filiale heute 1,23 Euro im Einkauf. „Dazu kommen noch gestiegene Strompreise, Miete und Personal“, zählt der Inhaber auf. „Selbst die Verpackungen sind teurer geworden.“

Portionsgröße soll beibehalten werden

Mitarbeiterin Peggy Zarth ergänzt: „Viele Kunden können nicht nachvollziehen, was genau hinter der Preiserhöhung steckt. Wir können froh sein, wenn wir am Ende des Tages bei plus minus null rauskommen.“ Die drei weiteren Filialen in Hamburg und Bremen würden den kleinen Imbiss über Wasser halten. Kleine Portionen zu servieren oder an Öl und frischen Produkten zu sparen kommt für Yilmaz aber nicht infrage. „Wir sind bekannt dafür, dass wir großzügig beim Portionieren der Saucen sind, das wird sich auch nicht ändern.“

„Unsere Qualität wird sich trotz der steigenden Preise niemals ändern“, betont auch Mursel Bas, Inhaber vom Sel Kebab in Eimsbüttel. „Wir servieren nun schon seit fast 20 Jahren Döner mit 100 Prozent Kalbfleisch – dazu die hausgemachten Saucen meiner Frau, keine Fertigprodukte, rote Zwiebeln anstatt weißen.“ Auch wenn er den Dönerpreis deshalb um 1 Euro, von 4,90 Euro auf 5,90 Euro, anheben musste, möchte sich der gebürtige Berliner treu bleiben.

Imbisse machen weniger Gewinn

„Es ist wichtig, jetzt nicht an den falschen Ecken zu sparen, auch wenn wir die Preise dann früher oder später noch einmal anheben müssen.“ Seit ein paar Monaten mache Bas’ Imbiss nur wenig Gewinn – obwohl sich nach wie vor lange Kundenschlangen davor bilden. „Wir sind immer voll, trotzdem reicht es vorne und hinten nicht.“

Grund dafür sind auch hier die stark angestiegenen Preise im Einkauf. So kosten ihn zehn Liter Frittieröl mittlerweile 30 Euro – vor ein paar Monaten waren es noch 12 Euro. Eine kostspielige Angelegenheit für einen Gastronomiebetrieb, der in der Woche 100 Liter Öl verbrauche, wie der Inhaber erklärt. Dennoch blickt der Imbissbesitzer hoffnungsvoll in die Zukunft. „Unsere Stammkunden haben Verständnis für die Preiserhöhung und kommen trotzdem immer wieder.“ Und Schulkinder, denen mal ein Groschen fehlt, könnten ihm den Euro auch zu einem anderen Zeitpunkt wiedergeben.

Preise auch für Cheeseburger gestiegen

Und wie sieht es bei Fast-Food-Konzernen wie McDonald’s aus? Auch hier seien in den vergangenen Monaten die Betriebskosten und Einkaufspreise der benötigten Rohstoffe gestiegen, bestätigt Andrea Belegante, Hauptgeschäftsführerin vom Verein Bundesverband Systemgastronomie. Energiekosten wie für Strom und Erdgas seien ein großer Preistreiber, bei anderen Rohstoffen wie Rindfleisch falle der Preisanstieg um 50 Prozent teilweise noch stärker aus.

Ein Preischeck in der McDonald’s-App zeigt, dass ein Cheeseburger nun 1,99 Euro anstatt 1,69 Euro kostet, ein Preisanstieg von 30 Cent also. Da viele McDonald’s-Schnellrestaurants allerdings von Franchise-Unternehmern geführt werden, können die Preise je nach Filiale und Standort variieren, heißt es von der Unternehmenszentrale.

Gastronomie Hamburg: "Preise müssen überprüft werden"

„Aufgrund langfristiger Vertragsbeziehungen können einige der Preissteigerungen abgefedert werden“, erklärt Belegante. „Die derzeitige Preisentwicklung erfordert es aber dennoch, die Preise der einzelnen Produkte genau zu überprüfen.“ Sie spricht sich dafür aus, die Mehrwertsteuersenkung auf Speisen zu entfristen und auch Getränke zu begünstigen.