Hamburg. Schütze stürmt das Lokal und gibt gezielte Schüsse auf einen 27-Jährigen ab. Es soll konkrete Hinweise auf den Täter geben.

Durch gezielte Schüsse aus einer Pistole ist in der Nacht zum Donnerstag ein 27 Jahre alter Mann in einer Shishabar an der Lübecker Straße getötet worden. Täter sind zwei Männer. Die Mordkommission ermittelt. Es soll bereits konkrete Hinweise auf die Gesuchten geben. Nach Abendblatt-Informationen prüfen die Ermittler auch, ob Streitigkeiten im Drogenmilieu Auslöser der blutigen Tat waren.

Die Shishabar „Nytthys“ war noch gut besucht, als am späten Donnerstagabend kurz nach 23 Uhr zwei Männer hineinkamen. Beide waren zum Teil maskiert. „Sie sind beide etwa 1,70 bis 1,80 Meter groß und trugen schwarze Trainingsjacken, dunkle Hosen sowie schwarze Mützen“, so ein Beamter. Zielstrebig gingen beide auf den 27-Jährigen zu. Dann zog einer der Täter eine Pistole und schoss mehrfach auf den Mann. Eine Kugel traf ihn ins Herz, eine zweite Kugel ins Gesicht. Unmittelbar nach den Schüssen flüchtete das Duo.

Tödliche Schüsse in Shishabar

Für den 27-Jährigen kam jede Hilfe zu spät. Zwar versuchten Notarzt und Rettungssanitäter den Mann zu reanimieren. Ihre Bemühungen blieben jedoch erfolglos. Im Krankenhaus stellten Ärzte kurz nach der Einlieferung des Angeschossenen dessen Tod fest. Die Polizei sperrte die Shishabar ab. Gäste wurden festgehalten, um ihre Personalien festzustellen. Sie sind für die Ermittler wichtige Zeugen.

Gleichzeitig lief eine größere Sofortfahndung, an der sich zahlreiche Peterwagenbesatzungen beteiligten, die aus ganz Hamburg zusammengezogen worden waren. Auch Hundeführer wurden eingesetzt, um im Nahbereich rund um den Tatort nach Spuren zu suchen. Die Sofortfahndung blieb erfolglos. Eingesetzt wurde auch das Kriseninterventionsteam des Deutschen Roten Kreuzes, das sich um Angehörige des Erschossenen kümmerte.

Mordkommission ermittelt im Umfeld des Opfers

In der Bar konnten die Beamten Aufnahmen aus Überwachungskameras sicherstellen. Die Videoaufzeichnungen sollen eine gute Qualität haben und den Tatablauf zeigen. Ob der Schütze und sein Komplize dadurch zu identifizieren sind, wurde nicht bekannt. Noch in der Nacht begann auch eine mehrstündige Spurensicherung, bei der Kriminaltechniker den Tatort genau dokumentierten. Dafür wurde auch ein 3-D-Scanner eingesetzt. Außerdem konnten in der Shishabar mehrere Patronenhülsen sichergestellt werden, die offensichtlich aus der Tatwaffe stammen.

Jetzt wird nach dem Schützen und seinem Komplizen gefahndet. Ermittler der Mordkommission gehen davon aus, dass die Täter und ihr Opfer sich gekannt haben. „Die Hintergründe der Tat sind bislang noch unklar“, sagt Polizeisprecher Florian Abbenseth. „Die Ermittler vermuten jedoch eine Vorbeziehung zwischen den Beteiligten.“ Daher wird jetzt auch das Umfeld des Opfers genau durchleuchtet.

Bereits im April wurde eine Frau erschossen

Die Tat selbst ist erst der zweite Fall der Hamburger Mordkommission in diesem Jahr, bei dem eine Schusswaffe eingesetzt worden war. Der erste Fall liegt bereits drei Monate zurück und ereignete sich im ­April dieses Jahres: Ein aus der Schweiz stammender Provinz-Politiker war extra per Zug angereist und erschoss in Ottensen eine junge Frau vor ihrer Wohnungstür. Sie hatte den Mann zuvor mehrfach abgewiesen. Er hatte die Waffe aus der Schweiz, wo es für Staatsbürger einfach ist, Schusswaffen zu kaufen, mitgebracht. Im vergangenen Jahr hatte es vier Taten gegeben, bei denen Täter Schusswaffen gezielt gegen Menschen eingesetzt hatten.

In Hamburg kommt es kaum zu Angriffen mit Schusswaffen, weil ihre Beschaffung schwierig und die deutschen Waffengesetze streng sind. Allerdings kamen sie wieder und wieder bei Streitigkeiten zwischen Drogendealern zum Einsatz – so wie im April 2020, als in der Fischbeker Heide ein 28 Jahre alter Libanese durch einen Schuss ins Bein verletzt wurde. Hintergrund waren Streitigkeiten im Dealermilieu. Es ging um „abgezweigtes“ Rauschgift. Ermittlungen führten später zu einer Großrazzia, bei der 40 Wohnungen durchsucht und 15 Männer verhaftet wurden.

Die Polizei hatte damals bei den Ermittlungen auch wichtige Erkenntnisse durch die geknackten EncroChat-Protokolle gewonnen. Sie ermöglichten den Ermittlern tiefe Einblicke in die Dealerszene. Dabei kam heraus, dass nicht nur große Mengen Rauschgift, vor allem Marihuana und Kokain, sondern auch synthetische Drogen, auf diesem Weg gehandelt wurden.

Immer wieder wurden auch Verfahren wegen des Verstoßes gegen das Waffengesetz oder das Kriegswaffenkontrollgesetz eingeleitet, weil die Täter Pistolen, Revolver und in einigen Fällen auch Maschinenpistolen angeboten und verkauft hatten. Viele der Waffen stammten aus Ost- und Südosteuropa und wurden eingeschmuggelt.