Hamburg. Einige Fragen zu der in Ottensen getöteten Frau bleiben ungeklärt. Die Indizien sprechen jedoch für kaltblütig vorbereitete Tat.
Die Tat erschütterte in der vorvergangenen Woche Hamburg: In einem Treppenhaus in Ottensen nahe des Bahnhofs Altona wurden die Leichen einer 22-jährigen Schweizerin und eines gleichaltrigen Mannes gefunden. Wie die ersten Ermittlungen ergaben, hatte der Mann die Frau zuvor bereits in ihrem Heimatland verfolgt.
Als gesichert gilt inzwischen, dass er die 22-Jährige zuerst erschoss und sich danach das Leben nahm. Die genauen Umstände und Hintergründe der Tat bleiben aber voraussichtlich unaufgeklärt.
Polizei Hamburg: 22-Jährige in Ottensen erschossen – Täter tot
Wie Polizeisprecher Holger Vehren auf Anfrage bestätigte, wurde die Akte bereits geschlossen. „Es besteht ein Verfahrenshindernis in der Tatsache, dass auch der Verdächtige gestorben ist“, sagte Vehren. „Gegen Tote darf man von Gesetzes wegen nicht ermitteln“. Damit bleibe mutmaßlich auch Spekulation, inwieweit der Mann die Tat im Voraus geplant haben könnte oder im Affekt handelte.
Es sei aber weiter davon auszugehen, dass er für die Tat verantwortlich war und die 22-jährige Frau zuerst niedergeschossen wurde. „Die Spurenlage vor Ort hat diesen Hergang bestätigt“, sagte Vehren.
22-Jährige wurde bereits seit Monaten gestalkt
Am 5. April um 8.30 Uhr hatte eine Hausbewohnerin Schüsse gehört. Im Treppenhaus – Höhe viertes Obergeschosses – entdeckten die alarmierten Beamten zwei leblose Körper mit Schussverletzungen. Eine junge Frau, die in dem Haus wohnte; daneben der Mann und eine Schusswaffe. Nicht ganz klar ist weiterhin, ob die Frau noch gelebt hat, als die Rettungskräfte eintraffen. Die Schweizerin war nach Hamburg gezogen, um hier eine Musical-Ausbildung zu absolvieren.
In einem Interview mit der Schweizer Zeitung „20 Minuten“ berichtete die Mutter der Getöteten davon, dass der junge Mann ihrer Tochter bereits seit neun Monaten nachgestellt hatte. Die beiden Familien, aus der der 22-Jährige und das Opfer stammten, kannten sich. Der Nachwuchs-Politiker sei mit dem Bruder des Opfers zur Schule gegangen. Vor neun Monaten soll sich der 22-Jährige in die Gleichaltrige verliebt haben. Die habe aber eine Beziehung abgelehnt.
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Schweizer Jung-Politiker reiste mit dem Zug nach Hamburg
In den vergangenen Monaten habe die junge Frau seitenlange Briefe und lange Nachrichten über WhatsApp erhalten. Auf Ablehnung, so sagte die Mutter der Zeitung, hätte der 22-Jährige „aggressiv“ reagiert.
Bereits im November soll er erstmals aus der Schweiz angereist sein und vor ihrer Tür in Ottensen gestanden haben und sie auch bedroht haben. Eine Anzeige gab es offensichtlich nicht. „Weder die Frau, noch der Mann sind bei der Polizei in irgendeiner Form in Erscheinung getreten“, sagt Polizeisprecher Vehren bereits kurz nach der Tat. Das bedeutet, dass es keinen Vorgang, wie eine Anzeige gibt, in dem einer der beiden als Beschuldigter oder Betroffene auftaucht.
22-Jährige in Ottensen getötet: Indizien sprechen für Mordabsicht
Indizien sprechen dafür, dass der Mann nun mit dem klaren Ziel nach Hamburg kam, die 22-Jährige zu töten. Er war mit dem Zug angereist und soll keine Rückfahrkarte dabei gehabt haben. Den Revolver, mit dem er die junge Frau erschoss und sich dann selbst tötete, hatte er offenbar bereits mitgebracht. Die Schweiz hat ein sehr liberales Waffenrecht. Erwerb und Besitz von scharfen Schusswaffen kann dort jeder unbescholtene Erwachsene beantragen.
Hier in Hamburg soll er sich in einem Hotel in der Nähe eingemietet haben. Die Mutter geht auch davon aus, dass er am Tatmorgen das Haus beobachtete, in dem ihre Tochter in einer Wohngemeinschaft mit einer anderen jungen Frau lebte und gewartet hatte, bis die das Haus verlassen hatte.