Hamburg. Für Riesling-Liebhaber, aber auch Skeptiker: Winzer Stephan Attmann spricht über seine geschichtsträchtigen Weißweine aus Deidesheim.
Es mag Zufall sein, dass das Weingut Von Winning die Hälfte seiner Flaschen im Ausland verkauft. Wahrscheinlich hängt es aber damit zusammen, dass die Winzer aus der Pfalz vor allem, nämlich zu 80 Prozent, Rieslingweine produzieren – und mit denen haben viele deutsche Weintrinker ja nach wie vor ihre Probleme, Motto: „Ich vertrage die Säure nicht.“
In unserer Reihe „Vier Flaschen“ haben Weinkenner Michael Kutej, Rieslingliebhaber (!) Lars Haider und Apfelsaftschorlentrinker Axel Leonhard schon mehrfach versucht, dieses Vorurteil zu widerlegen und „die Menschen zu überzeugen, dass es eine Welt jenseits des Grauburgunders gibt“ (Kutej).
Wein aus der Pfalz: Attmann überzeugt sogar Skeptiker
Diesmal probieren sie es erneut – mit einem Winzer, dem von Kunden oft berichtet wird, dass er Rieslinge produziert, die auch denen schmecken, die damit bisher nichts anfangen konnten: „Man sagt unseren Weinen nach, dass sie ideal für Leute sind, die keinen Riesling mögen“, sagt Stephan Attmann, der seit 2007 für Von Winning arbeitet.
Das Weingut aus Deidesheim hat in seiner langen, seit Mitte des 19. Jahrhundert festgehaltenen Geschichte mehrfach den Namen gewechselt, der aktuelle geht auf den im Ersten Weltkrieg gefallenen Hauptmann Leopold von Winning zurück, einem der Mitbegründer des Verbandes deutscher Prädikatsweine, kurz VdP.
Der Forster Ungeheuer Riesling: Begehrte Ware
„Unsere Weine hatten über Jahrhunderte einen sehr guten Ruf in großen Teilen der Welt, gehörten, wie viele deutsche Weine, zu dem Teuersten, was der Markt hergab“, sagt Attmann. Auf dem Niveau ist man noch nicht wieder, doch den Weg dorthin hat man in der Pfalz längst eingeschlagen. Die gesamte Jahresmenge des Forster Ungeheuer Riesling etwa, immerhin bis zu 8000 Flaschen, könnte man komplett nach New York verkaufen – so oder so ist sie normalerweise in zwei Wochen weg …
Los geht es in unserem Test mit einem Einstiegswein aus dem Haus Von Winning, einem Weißen Burgunder Royale aus dem Jahr 2020, der leicht nach Pfirsich und Birne schmeckt, und den man, so Attmann, „locker fünf Tage geöffnet im Kühlschrank stehen lassen, den muss, den sollte man nicht sofort trinken“.
„Dieser Wein hat schon in der Nase deutlich mehr Druck“
Der Unterschied zum ersten Riesling in Flasche Nummer zwei, einer Mäushöhle ebenfalls aus dem Jahr 2020, ist trotzdem immens: „Dieser Wein hat schon in der Nase deutlich mehr Druck als der Weiße Burgunder“, sagt Michael Kutej. Axel Leonhard schmeckt „Zitrone und Mandarine“ und macht damit den Winzer glücklich: Die beiden Geschmacksrichtungen seien nämlich typisch für Rieslinge aus der Pfalz, manchmal kämen auch Pfirsich-, Passionsfrucht- und Mandelaromen dazu.
Die Weine werden sämtlich im Holz ausgebaut, das Weingut hat inzwischen 400 Fässer im Keller – als Attmann vor 15 Jahren anfing, waren es gerade acht. Der Chef ist in seiner Leidenschaft für Genuss kaum zu stoppen, er hat lange im Weinhandel und als Koch in einem Sterne-Restaurant gearbeitet, und „ich habe all mein Geld für tolle Weine ausgegeben“, sagt er: „Ich trinke für diesen Kick, für den besonderen Moment, diesen Lebensgenuss.“
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Attmanns Tipp, um Stress abzubauen: Wein
Und er hat seine eigene Antwort auf die Frage, ob Weintrinker gesünder und länger leben: „Wein hilft, das Leben zu genießen, abzuschalten, Stress abzubauen – das können wir Deutschen von den Franzosen, den Italienern und den Spaniern lernen.“
Zum Beispiel mit dem Forster Ungeheuer Riesling, einem Großen Gewächs, das zu den Lieblingsweinen von Otto von Bismarck gehört haben soll, er fand den Wein angeblich „ungeheuerlich gut“. Das Ungeheuer schmeckt nach weißem und gelben Pfirsich und nach Mirabellen, „und man merkt sofort: Das ist etwas anderes“, sagt Michael Kutej.
Wie man den Sauvignon Blanc richtig genießt
Das gilt auch für Flasche Nummer vier, einen Sauvignon Blanc Imperial, wie alle Weine aus dem Jahrgang 2020, der mit den Rieslingen eines gemeinsam hat: Er schmeckt nicht wie ein typischer Sauvignon Blanc, das Parfümierte der Rebsorte, wie man es etwa von Weinen aus Neuseeland kennt, fehlt völlig.
Die Pfalz sei ein fantastisches Anbaugebiet für Sauvignon Blanc, sagt Attmann, dabei darf die Rebsorte dort, wie überall in Deutschland, erst seit 1999 angebaut werden. Der Winzer hat noch zwei Tipps: Erstens sollte man die Flasche nach dem Öffnen einen Tag stehen lassen und erst dann trinken. Zweitens empfiehlt er, den Sauvignon Blanc aus einem möglichst großen, bauchigen Glas zu trinken, „das macht einen entscheidenden Unterschied“.
Wein aus der Pfalz – mehr dazu auf YouTube
Die „Vier Flaschen“ können Sie sich auch unter abendblatt.de/podcast anhören oder auf dem YouTube-Kanal des Abendblatts ansehen. Im Wechsel mit der bekannten, etwa 90 Minuten langen Folge gibt es alle zwei Wochen eine schnelle Variante: In maximal 9:59 Minuten testen Kutej, Haider und Leonhard eine Flasche Wein, die unter zehn Euro kosten muss, und die am Ende mit Punkten von eins bis zehn bewertet wird.
Und dann gibt es noch eine News: Die „Vier Flaschen“ gehen im August an Bord! Zu Gast im Podcast, den wir auf der MS „Europa“ aufzeichnen, ist Drei-Sterne-Koch Kevin Fehling. Wer bei der exklusiven Kurzreise (12. bis 14. August) im Rahmen des hochkarätigen Gourmet-Events „Europa’s Beste“ dabei sein will, findet die weiteren Infos dazu unter www.abendblatt.de/leserreisen.