Hamburg. Umbau und Sanierung abgeschlossen: Die zwölf Meter hohe Altarwand mit einem Bild aus der Nazizeit wurde durch Glas ersetzt.
Mit einem festlichen Gottesdienst wurde am Sonntag in der Stiftungskirche der Evangelischen Stiftung Alsterdorf das Ende der umfangreichen Sanierungsarbeiten gefeiert. Durch den Umbau wurde St. Nicolaus nicht nur barrierefrei, sondern erhielt auch ein neues Glasfenster anstelle eines umstrittenen Altarbilds mit einer ausgrenzenden Botschaft gegenüber Menschen mit Behinderung aus der Nazizeit.
Die sogenannte Translozierung – das Heraustrennen des zwölf Meter hohen, 1938 erschaffenen Werks – öffnet den Kirchenraum in doppelter Hinsicht. Das große Glasfenster macht die Kirche nicht nur heller, sondern eröffnet auch neue Blickachsen und Perspektiven – unter anderem auf einen künftigen Lern- und Gedenkort in unmittelbarer Nachbarschaft zur Kirche.
Kirche Hamburg: "St. Nicolaus ein heller Ort"
Dieser soll mit dem ehemaligen Altarbild als zentrales Element zur Auseinandersetzung mit der menschenverachtenden Ideologie der Nationalsozialisten anregen. Das umstrittene, unmittelbar auf den Putz gemalte Werk zeigt den gekreuzigten Jesus, umgeben von zwölf Menschen mit Heiligenschein und drei offenbar behinderten Menschen ohne Heiligenschein. Gedeutet wird es, dass behinderte Menschen keine direkte Nähe zu Gott hätten, sondern dafür Helfer benötigten.
In ihrer Predigt betonte Bischöfin Kirsten Fehrs: „Die Kirche St. Nicolaus ist ein heller Ort geworden, der mit seiner neuen Architektur ausstrahlt: Jeder einzelne Mensch ist willkommen, all die Verschiedenen mit ihrer je eigenen Würde und ihren Rechten.“
Inklusive Gottesdienste möglich
Pastor Uwe Mletzko, der Vorstandsvorsitzende der Evangelischen Stiftung Alsterdorf, betonte, dass St. Nicolaus künftig nicht nur Heimat für Gottesdienste und Andachten sei, sondern auch eine stärkere Verbindung in den Stadtteil Alsterdorf und die Stadt Hamburg schaffen soll.
„Durch die abgeschlossene Sanierung und den barrierefreien Umbau ist unsere Kirche nun ein Ort für inklusive Gottesdienste und Andachten, für Veranstaltungen, Diskussionen und Begegnungen – ein spiritueller Raum für gelebte Inklusion in unserem Quartier und darüber hinaus“.
Kirche Hamburg: Glaswand ersetzt Altarwand
Das Altarbild war nach Kriegsende viele Jahre von einem Vorhang weitgehend verdeckt gewesen. Nachdem das Denkmalschutzamt gefordert hatte, dass es als Zeugnis der nationalsozialistischen Sakralkunst erhalten bleiben muss, suchte die Stiftung Alsterdorf nach einer Lösung, offen mit der eigenen Geschichte umzugehen. Vor knapp einem Jahr war die 58 Tonnen schwere Wand mit dem Altarbild bei einem spektakulären Kran-Einsatz aus der St. Nicolaus-Kirche gehievt worden.
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Zuvor hatte man sie aus dem Kirchengebäude herausgesägt. Als Mahnmal werden auf ihrer Rückseite die Namen der 511 Bewohnerinnen und Bewohner stehen, die während der NS-Zeit ermordet wurden. Die Glaswand, die die herausgebrochene Altarwand ersetzt, ähnelt der, die die 1889 erbaute neugotische Alsterdorfer Kirche ursprünglich einmal hatte.