Hamburg. Ein Neustart: Ramin Dibadj hat gemeinsam mit einem Partner den Zuschlag für das insolvente Landhaus Walter bekommen. Was er hier plant.
Eine der bekanntesten Restaurants in Hamburg hat neue Betreiber. Die Rede ist vom Landhaus Walter, das im Stadtpark liegt. Das 1912 von Architekten Fritz Schumacher entworfene schmucke Gebäude wurde in den 1990er-Jahren umfassend modernisiert und ist ein beliebter Ort für Hochzeiten und Events. Der Biergarten bietet Platz für mehr als 1000 Gäste, und der Innenbereich wurde als Gastronomie betrieben – auch hier gibt es Räume für Veranstaltungen mit Platz für bis zu 400 Personen.
„Wir haben monatelang hinter den Kulissen verhandelt und haben jetzt den Zuschlag erhalten. Das Landhaus Walter genießt in Hamburg Kultstatus, und wir werden es jetzt aus dem Dornröschenschlaf holen. Zunächst werden wir den Biergarten auf Vordermann bringen und schon in wenigen Wochen eröffnen. Die Räumlichkeiten werden wir behutsam modernisieren und wollen damit im Herbst fertig sein“, kündigt Gastronom Ramin Dibadj, der das Lokal gemeinsam mit Christian Kostiuk betreiben wird, im exklusiven Abendblatt-Gespräch an. An dem gastronomischen Konzept werde zurzeit gearbeitet.
Landhaus Walter: Deutsche Küche auf hohem Niveau
Aber so viel sei schon mal verraten: Es wird deutsche Küche auf hohem Niveau geben. Im Biergarten ist im November zur Fußballweltmeisterschaft in Katar ein Public-Viewing geplant. Das Abendblatt hatte Anfang März darüber berichtet, dass das Amtsgericht ein Insolvenzverfahren über die Landhaus Walter oHG eröffnet hatte. Die Carlsberg Brauerei als Hauptmieter trennte sich daraufhin von dem langjährigen Pächter Uwe Mamminga. Schon vorher hatte es Differenzen gegeben.
Neustart, das ist generell das Motto von Ramin Dibadj. Der Gastronom hat in einer der mit petrolfarbenem Samt bezogenen Sitzecken in seinem Gaga Club mit Blick auf die Reeperbahn Platz genommen. Eben hat der 48-Jährige noch seine neue Lichtinstallation vorgeführt, die aus 40.800 LEDs besteht und nun den Raum mit 50 unterschiedlichen Farben bespielen kann. Rund 100.000 Euro hat Dibadj aus dem Fonds „Neustart Kultur“ der Bundesregierung investiert.
Gaga war mehr als zwei Jahre lang geschlossen
Mehr als zwei Jahre lang hatte das Gaga, abgesehen von kleinen Unterbrechungen, wegen Corona geschlossen. Aber am 2. April soll es hier wieder losgehen, mit neuem Konzept. Jeden Sonnabend heißt es dann „Eat, Dance, Love. Gaga trifft La Paz.“ In Zusammenarbeit mit Kemal Üres, dem das bekannte spanische Lokal La Paz am Heußweg gehört, bekommen die Gäste, bevor die Party beginnt, ein Tapas-Menü serviert „Wir wollen Dinner und Tanzen miteinander verbinden. Das heißt, die Gäste können bei uns den gesamten Abend ab 20 Uhr verbringen und müssen nicht mehr von einem Ort zum anderen wechseln“, sagt Dibadj im Abendblatt-Gespräch.
Seit 2016 betreibt der gebürtige Bremer das Gaga. Der schicke Club auf 600 Quadratmetern mit Platz für bis zu 400 Gäste in der fünften Etage am Spielbudenplatz ist ein beliebter Ort für Nachtschwärmer, häufig schauen Prominente vorbei, und Firmen laden hier zu Events ein. „Corona war eine harte Durststrecke für uns. Aber ich habe mich weiterentwickelt. Ich hatte vor der Pandemie einen Laden, und jetzt sind es fünf“, sagt Riman Dibadj.
„Wir machen den Laden jetzt wieder hübsch"
2020 hat der Gastronom die Beach-Clubs Hamburg Del Mar an den Landungsbrücken und das Lokal 28 Grad Strandbad in Wedel direkt an der Elbe übernommen, die zu Ostern wieder öffnen. Außerdem ist er seit Beginn dieses Jahres gemeinsam mit Unternehmer Kostiuk und zwei weiteren Partnern der Betreiber vom Pulverfass. Das ist Hamburgs bekanntestes Travestie Theater, das bereits 1973 am Pulverteich in St. Georg gegründet wurde und vor mehr als 20 Jahren auf die Reeperbahn umgezogen ist.
„Wir machen den Laden jetzt wieder hübsch, aber natürlich bleibt die plüschige Atmosphäre erhalten. Auch das Restaurant wird modernisiert, und dort werden wir Tapas servieren.“ Das Travestie Theater erhält die Frischzellenkur im laufenden Betrieb. „Tagsüber sind die Handwerker im Einsatz, und abends werden hier die Shows präsentiert. Im August zum CSD wollen wir dann das Haus in neuem Glanz präsentieren.“ Aber das ist noch nicht alles. Denn Ramin Dibadj und sein Partner Christian Kostiuk haben ein weiteres Projekt an Land gezogen.
Gastronom steht nur ungern in der Öffentlichkeit
Der Unternehmer steht nur ungern in der Öffentlichkeit, das Gespräch mit dem Abendblatt ist sein erstes ausführliches Interview. „Gastronomie macht mir Spaß, und jedes Projekt ist eine neue Herausforderung. Meine Partner und ich wollen Erlebnisorte für die Gäste schaffen, aber müssen nicht im Mittelpunkt stehen.“ Das Leben von Dibadj ist bislang bunt verlaufen. Geboren in Bremen, wuchs er die ersten sechs Jahr im Iran auf, der Heimat seines Vaters. Die Familie kehrte zurück nach Hamburg, und Dibadj machte sein Abitur am Matthias-Claudius-Gymnasium in Wandsbek.
Sein BWL-Studium schloss er 2000 als Diplom-Kaufmann ab und arbeitete danach als Controller in einer international agierenden Werbeagentur. „Das war schon ein spannender Job. Aber als mein Chef gekündigt hatte, da habe ich mir überlegt, ich könnte doch noch mal etwas anderes machen.“ Und das war ein Lehramtsreferendariat.
Dibadj unterrichtete am Gymnasium Kaiser-Friedrich-Ufer
Von 2006 an arbeitete Dibadj als Oberstudienrat am Gymnasium Kaiser-Friedrich-Ufer. Er unterrichtete die Fächer Wirtschaftslehre, Politik und Sport, das ist sein Steckenpferd. Denn Dibadj war in seiner Jugend ein Spitzensportler, wurde unter anderen 1999 in Taiwan Studentenweltmeister im Ruderachter.
„Mit jungen Menschen zu arbeiten, das hat mich erfüllt. Aber ich hatte immer das Gefühl, das kann es noch nicht gewesen sein. Nebenbei hatte ich seit meiner Jugend Veranstaltungen organisiert und in der Gastronomie gearbeitet.“ Schließlich gründete Dibadj schon parallel zu seinem Lehrerjob eine Veranstaltungsagentur und wurde 2013 Gesellschafter vom Noho Club auf dem Kiez.
Landhaus Walter: Gastronom hat für Kiez-Bar Pläne
„Ich hatte meine Stunden am Gymnasium immer weiter reduziert und bin 2016 ausgestiegen, um mich nur noch auf den Bereich Gastronomie und Veranstaltungen zu konzentrieren.“ Seine Frau Sarah arbeitet auch als Lehrerin, die beiden haben drei Kinder im Alter von 14 bis 20 Jahren. „Meine Familie unterstützt mich, ohne die vier wäre das alles nicht möglich.“
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Und es gibt noch eine „Liebhaberei. Wir haben die ehemalige Buddy’s Bar auf dem Kiez übernommen.“ Auch hier wird gerade renoviert. Der neue Name steht schon fest: Boudoir. „Wir machen daraus eine Bar im Puffstil der 70er-Jahre.“ Zurück ins Gaga. Ramin Dibadj führt auf den Balkon und zeigt nach oben. „Wir planen eine Dachterrasse, sobald wir die Genehmigung von der Stadt haben, starten wir mit den Bauarbeiten.“ Eines steht fest, dieser Gastronom will hoch hinaus.