Hamburg. Viele Hamburger bieten Wohnungen oder Zimmer an. Hilfsorganisationen betonen, dass Seriosität geprüft werden muss. Die aktuelle Lage.

Susanne Plaß möchte helfen und Flüchtlinge aus der Ukraine aufnehmen. „Wir haben das Dachgeschoss ausgebaut“, sagt sie. Dort gebe es jetzt ein geräumiges Zimmer mit Dusche, WC und Kochmöglichkeit. „Zwei Menschen haben hier wunderbar Platz.“ Doch nicht nur das, die Alsterdorferin möchte explizit Menschen mit Hunden unterstützen.

„Es kommen so viele mit ihren Haustieren, und die sind ja eigentlich schwerer zu vermitteln. Deshalb habe ich mir überlegt, dass wir hier eine Familie mit Hund aufnehmen wollen, genauer gesagt mit einer Hündin.“ Der Grund: Im Haus lebt schon ihr Labrador-Rüde Rascal. „Da würde sich ein weiterer Mann nicht so gut machen“, sagt sie und lacht.

Ukraine-Krieg: Nur wenige Anfragen für Unterkünfte

Doch so einfach ist es gar nicht, eine geeignete Familie zu finden. Das haben Susanne Plaß und viele weitere Hamburger in den vergangenen Tagen erlebt. Sie sind auf verschiedenen Portalen gelistet, haben bislang auf ihre Angebote aber keine Reaktion bekommen. Susanne Plaß ist unter anderem bei „Ukraine hilft“ sowie den Hilfsvereinen „Tasso“ und „Vier Pfoten“, die sich explizit um Menschen mit Haustieren kümmern, gelistet.

Auch beim Tierheim Süderstraße und auf einigen Facebook-Seiten habe sie ihr Angebot publik gemacht. Bisher habe es nur wenige Anfragen gegeben. Doch entweder hatte die Familie ebenfalls einen Rüden, oder sie war mit bis zu elf Personen und sieben Hunden einfach zu groß für die kleine Wohnung.

„Wir haben mehr als 1700 Angebote erfasst"

„Wir bemühen uns, alle bei uns erfassten Anbieter privater Unterkünfte darüber zu informieren, dass es einige Zeit dauern kann, bis wir uns melden“, sagt Manfred Ossenbeck, Sprecher des Bündnisses Hamburger Flüchtlingsinitiativen. Dort sind mehr als 90 lokale Gruppen aus Hamburg vertreten. Das BHFI sammelt Unterkunftsangebote, die bei den Initiativen eingingen.

„Insgesamt haben wir mehr als 1700 Angebote erfasst, von denen wir in den vergangenen zehn Tagen gut 300 Wohnungen vermitteln konnten“, so Ossenbeck. Doch erst, seit der BHFI vor zwei Tagen einen Container an den Messehallen beziehen konnte, komme richtig Schwung in die Sache. „Die massive Nachfrage von Geflüchteten nach privaten Unterkünften geht jetzt erst los.“

„Wir müssen auf Seriosität achten“

Welche Privatunterkünfte für welche Wohnungssuchenden infrage kommen, klären Ossenbeck und seine Mitarbeiter in Telefonaten mit den Anbietern. Für diese Gespräche wurden die Helfer besonders geschult. „Wir haben es hier mit Frauen und Kindern zu tun und müssen daher besonders auf Seriosität achten“, so Ossenbeck. Daher werden die Gastgeber gebeten, ein Führungszeugnis zu beantragen, was – wenn sie das nachweisen können – als guter Leumund ausreicht.

In den Telefongesprächen bekommen die Gastgeber auch Tipps, wie sie dem künftigen Zusammenleben Struktur geben können. „Eine unkomplizierte Lösung sind Mietverträge oder Untermietverträge, die mit den Geflüchteten abgeschlossen werden. Vor allem, wenn man merkt, dass das Zusammenleben funktioniert. Sobald die Menschen registriert sind, erhalten die Vermieter Miete von den Sozialämtern.“

Bei vielen Angeboten handelt es sich nur um Zimmer

Bei den allermeisten Angeboten handele es sich aber nicht um ganze Wohnungen, sondern um einzelne Zimmer, die für vier bis sechs Wochen, manchmal auch drei Monate zur Verfügung gestellt würden.

Beim BHFI hofft man, dass die Stadt langfristig angemessene öffentlich-rechtliche Unterkünfte zur Verfügung stellen kann. Ideal sind laut Ossenbeck die sogenannten „Unterkünfte mit der Perspektive Wohnen“. Dort gibt es mehr Platz als in Gemeinschaftsunterkünften, und die Geflüchtete leben nicht isoliert, sondern mit Hamburgern in der Nachbarschaft oder auch Geflüchteten aus anderen Ländern zusammen. Dafür sind sie dann selber für die Wohnungen verantwortlich. „Es ist ein echtes Mietverhältnis und eine perfekte Lösung“ so Ossenbeck. „Nur sind die Kapazitäten für diese Programme stark begrenzt.“

Schon fast 100 Flüchtlinge im ehemaligen Sofitel

Unterdessen konnten in den letzten beiden Tagen die ersten geflüchteten Familien aus den Messehallen in das ehemalige Sofitel am Alten Wall ziehen. Das Unternehmen Art-Invest Real Estate hatte der Stadt das Gebäude mietfrei überlassen, um Unterkünfte für die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine schaffen zu können.

„Für uns war es eine humanitäre Entscheidung, schnell und unkompliziert helfen zu können“, so Niederlassungsleiter Martin Wolfrat. In dem 200-Zimmer-Haus können 800 Personen untergebracht werden. Laut Hotel- und Cateringmanager Moritz Crone-Rawe waren bis Mittwochnachmittag knapp 100 Geflüchtete angekommen. In den nächsten Tagen, wenn die Registrierung vieler weiterer Flüchtlinge abgeschlossen ist, erwartet er einen größeren Ansturm.

„Niemand weiß, wie lang die Menschen bleiben“

Tatsächlich leben schon jetzt rund 30.000 Geflüchtete, die in den letzten Jahren in Hamburg zwar eine neue Heimat, aber keine neue Wohnung gefunden haben, in öffentlich-rechtlichen Unterkünften. Anders als bei ihnen, bei denen klar war, dass sie hier bleiben wollen, sei die Unterbringung der ukrainischen Geflüchteten schwer zu planen. „Niemand weiß, wie lang die Menschen bleiben werden.“ Für die Menschen aus der Ukraine gebe es deswegen bislang keine langfristigen Konzepte.

Bleibt noch der Versuch, eine Wohnung auf dem freien Markt zu suchen. Hierzu hat der Verein „Die Insel hilft“ eine Broschüre erstellt, die unter die-insel-hilft.de/wohnungssuche/ unter anderem in Deutsch und Englisch runtergeladen werden kann. Wer Geflüchtete bei sich aufgenommen hat, muss ihnen eine Wohnungsgeberbescheinigung ausstellen, damit sie eine Meldebestätigung, einen Paragraf-5-Schein, die Bewilligung der Grundsicherung und letztlich die Zustimmung des Amts für die Übernahme der Miete bekommen.

Ukraine-Krieg: Hamburgerin bietet Unterkunft an

Susanne Plaß hofft, nun bald die passende Familie zu finden. Damit sie den ankommenden Flüchtlingen zumindest für eine Übergangszeit ein neues Zuhause bieten kann. „Ich habe sogar schon alles mit meinem Tierarzt abgesprochen“, so die engagierte PR-Managerin. „Der würde den ankommenden Hund sofort untersuchen, damit wir hier nicht Krankheiten wie Tollwut einschleppen.“ So könne man die zweiwöchige Quarantäne für die Tiere umgehen.