Hamburg. Ohne medizinische Hilfe wäre Barbara P. wohl gestorben. Trotzdem erhält ihr Mann eine milde Strafe. Dabei wiegen die Folgen schwer.

Es fehlte nicht viel, und Barbara P. wäre umgekommen. Vermutlich waren es nur wenige Sekunden, die den Unterschied gemacht haben zwischen Leben und Tod. Und es waren ebenso diese wenigen Momente, die dazu führten, dass ihr Ehemann doch nicht zu ihrem Mörder wurde. Denn Thomas P., rasend vor Eifersucht und getrieben von Rachegedanken, hatte seine Frau bis zur Bewusstlosigkeit stranguliert. Ohne medizinische Hilfe wäre sie sehr wahrscheinlich verstorben.

„Sie haben viel Glück gehabt, dass Ihre Frau nicht ums Leben gekommen ist“, sagt jetzt auch der Vorsitzende der Schwurgerichtskammer, die über die Tat vom 30. Mai vergangenen Jahres zu entscheiden hatte, an die Adresse des Angeklagten. Sechs Jahre Freiheitsstrafe lautet das Urteil gegen den 41-Jährigen. Allerdings verurteilt die Kammer Thomas P. nicht, wie es angeklagt war, wegen versuchten Mordes, sondern wegen gefährlicher Körperverletzung, nachdem er seine Frau von hinten angegriffen, geschlagen, gewürgt und mit einem Kabelbinder stranguliert hatte.

Als er die Rahlstedter Wohnung verließ, atmete Barbara P. kaum noch, war blau angelaufen, ihr Kehlkopf war geschwollen, die Atemwege verschlossen. Sie schwebte in akuter Lebensgefahr. Seinen Eltern, die herbeigeeilt waren, sagte Thomas P. noch im Vorbeigehen, seine Frau sei „tot“. Diese Tat sei zunächst als versuchter Mord zu werten, so der Richter: ein heimtückisches Verbrechen und begangen aus niedrigen Beweggründen, weil Thomas P. aus Eifersucht, Wut, Rache und aus einem Machtbedürfnis heraus gehandelt habe.

Mann erwürgt Frau beinahe – und wählt den Notruf

Doch nun, kurz nach der Tat, wählte er den Notruf 112, erzählte dort von den Atembeschwerden seiner Frau und nannte die Adresse. So konnte das Leben der 39-Jährigen gerade eben noch gerettet werden. Mit dieser Handlung sei Thomas P. vom Mordversuch „strafbefreiend zurückgetreten“, erläutert der Richter die Entscheidung. „Sie haben nach der Tat das Richtige getan und die Rettungskräfte verständigt.“

Bis dahin habe der Mann aber „viel falsch gemacht. Sie haben Ihre Ehefrau drangsaliert und ihr das Leben zur Hölle gemacht“. Was er Barbara P. angetan habe, der Übergriff und die Gewalt, habe nicht nur der 39-Jährigen schwer zu schaffen gemacht, sondern auch den gemeinsamen Kindern. Alle litten bis heute massiv unter den Folgen der Tat. Als der Richter dies sagt, laufen Tränen über das Gesicht des beleibten, kahlköpfigen Angeklagten.

Thomas P. filmte seine Frau durchs Schlüsselloch

Nach einigen glücklichen Ehejahren war die Beziehung zwischen Thomas und Barbara P. immer schwieriger geworden. Er machte beruflich in einer Spedition nicht die Fortschritte, die er gewollt hätte. Sie dagegen bildete sich von der Altenpflegerin zur Pflegedienstleiterin weiter, bekam ein besseres Gehalt als er.

Anstatt stolz auf seine Frau zu sein, fühlte er sich zurückgesetzt, begann sie zu kontrollieren und terrorisieren. Zudem fertige er heimlich durchs Schlüsselloch 57 intime Filme von ihr an — weitere Straftaten, die jetzt in das Urteil gegen Thomas P. mit einflossen. Ferner meinte der 41-Jährige, er könne bestimmen, was sie anziehen sollte, er rief bis zu 60-mal täglich bei ihr bei der Arbeit an, warf ihr vor, ihn zu betrügen, was aber nicht stimmte. Es kam immer häufiger zu lautstarken Auseinandersetzungen, einmal würgte er sie sogar — und tat das hinterher als „Scherz“ ab.

Und er drohte seiner Frau: „Du bist mein. Du gehörst mir“, habe ihr Mann bestimmt, hatte Barbara P. als Zeugin geschildert. Es war die Aussage einer zutiefst an Körper und Seele verletzten Frau, begleitet von Zittern und Tränen. Wenn er sie nicht haben könne, so hatte Barbara P. Aussagen ihres Mann zitiert, „soll dich keiner haben.“ Schließlich trennte sich das Paar, er zog in eine eigene Wohnung.

Barbara P. wollte die Scheidung

Am 30. Mai nun sollte es zur Aussprache kommen. Sogar die Eltern von Thomas P. warnten seine Noch-Ehefrau, sie solle ihn nicht allein in ihrer Wohnung empfangen. Doch die zweifache Mutter entgegnete, sie habe keine Angst. Sie wollte ihrem Mann sagen, dass sie nun die Scheidung wolle. Er habe, so erzählte es die 39-Jährige bei ihrer Zeugenaussage, ganz ruhig reagiert – um sie dann wenig später von hinten anzugreifen. Sie versuchte verzweifelt, sich zu wehren, schrie um Hilfe, doch vergebens. Nachdem er seine Frau erst mit den Händen gewürgt hatte, griff er sich nun Kabelbinder und strangulierte das Opfer.

Vor Gericht hatte der Angeklagte Thomas P. die Tat im Wesentlichen eingeräumt und gesagt, es tue ihm leid. Allerdings behauptete er, er habe keinen Kabelbinder benutzt, sondern diesen nur an sich genommen, um daraus eine Lichterkette zu bauen. Den Kabelbinder fand die Polizei schließlich unweit der Wohnung; Spuren an dem Werkzeug sowie die Art der Verletzungen, die Rechtsmediziner analysiert hatten, dienten dem Gericht als Beweis, dass der 41-Jährige doch mit diesen Kabelbindern heftig zugezogen hatte. Dass ein derartiges Strangulieren zum Tod führen könne, sei auch dem 41-Jährigen bekannt gewesen, betont der Vorsitzende.

Seit dem Übergriff durch ihren Mann, so erzählte es Barbara P., vor Gericht ist sie in psychologischer Behandlung. Ihr Sohn habe sogar in die Psychiatrie gemusst, und ihre Tochter leide stark unter Verlustängsten. „Ich habe auch Albträume“, verriet Barbara P. „Da ist immer dieses Würgen.“