Hamburg. Der 40-Jährige malträtierte seine von ihm getrennt lebende Ehefrau mit Kabelbindern. Doch schon vor der Tat terrorisierte er sie.
Keine Vorwürfe, keine Szenen, kein Geschrei. Barbara P. erkannte ihren Mann kaum wieder, als er bei ihr in der Küche saß. So harmonisch war es seit Monaten nicht mehr zwischen ihnen gewesen. „Er schien ruhig und gefasst.“ Doch offenbar war es mitnichten die Besonnenheit eines Partners, der ein friedliches Miteinander will.
Lag Thomas P. vielmehr auf der Lauer? Plante er einen Angriff und wartete auf eine gute Gelegenheit? Als die 38-Jährige ihrem Mann den Rücken zukehrte, griff er sie an. Er schlug und würgte sie. Als sie später aus einer tiefen Bewusstlosigkeit erwachte, lag sie im Krankenhaus. Es hätte wohl nicht viel gefehlt, und sie hätte den Angriff nicht überlebt.
Versuchter Mord: Hamburger würgt seine Frau fast in den Tod
Während Barbara P. jetzt vor dem Schwurgericht die Erinnerungen an die schlimmsten Augenblicke ihres Lebens schildert, ist ihre Erzählung häufig von Schluchzen unterbrochen. Immer wieder stockt die Stimme der zierlichen Frau. Sie blickt nach vorn zum Gericht und nicht nach links. Denn dort sitzt Thomas P., der Angeklagte. Jener Mann, der versucht haben soll, seine Frau zu ermorden.
So wertet zumindest die Anklage die Ereignisse vom 30. Mai vergangenen Jahres. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Hamburger vor, seine von ihm getrennt lebende Frau in deren Rahlstedter Wohnung bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt und erst dann von ihr abgelassen zu haben, als er glaubte, sie sei tot.
Mit Kabelbindern gewürgt: War die Trennung der Grund?
Laut Ermittlungen lief die Tat so ab: Der zweifache Vater greift seine ahnungslose Frau an und schlägt sie ins Gesicht. Die Frau stolpert daraufhin und fällt aufs Bett. Nun habe Thomas P. begonnen, sie zu würgen. Das Opfer wehrt sich verzweifelt, beißt ihren Peiniger in den Finger und ruft um Hilfe. Ihr Mann lässt kurz von ihr ab, schließt das Fenster, wohl um zu verhindern, dass durch ihre Schreie Nachbarn auf die Tat aufmerksam werden. Dann kehrt der 40-Jährige zum Bett zurück und setzt sich auf den Brustkorb der Frau. Nun nimmt er zum Strang zusammengebundene Kabelbinder, legt sie ihr um den Hals und zieht zu. Schließlich verlässt er die Wohnung.
An jenem Tag sei verabredet gewesen, so erzählt es Barbara P. jetzt vor Gericht als Zeugin, dass ihr Mann seine persönlichen Sachen aus ihrer Wohnung abholt. Schon zwei Monaten lebten sie getrennt, und sie habe ihm deutlich gesagt, dass es endgültig aus sei zwischen ihnen. Als die Eltern von Thomas P. erfahren hätten, dass er an jenem Tag in die Wohnung kommen werde, hätten sie sie gewarnt, erzählt die Frau, die in der Verwaltung eines Altenheims arbeitet. „Sie sagten, ich solle ihn auf keinen Fall allein reinlassen. Aber ich sagte: ,Ich habe keine Angst vor ihm.’“
Barbara P. weint, als sie von dem Angriff erzählt
Nachdem sie sich eine Weile unterhalten hätten, er scheinbar ruhig und gefasst, sei sie ins Schlafzimmer gegangen, um etwas aus dem Bettkasten zu holen. Als sie ihm den Rücken zudrehte und sich hinunterbeugte, habe sie einen Schlag ins Gesicht gekommen. „Ich fiel auf das Bett, er würgte mich von hinten. Ich schaffte es noch, ihn in den Finger zu beißen.“ Sie habe zum Fenster laufen können. „Ich rief: Hilfe, Hilfe!“ Dann habe er das Fenster geschlossen und irgendwann auf ihr gesessen und sie erneut gewürgt. „Da war eine Leere in seinem Blick.“ Dann muss sie ohnmächtig geworden sein. Als sich Notärzte später um die 38-Jährige kümmerten, war sie immer noch bewusstlos. Weil ihr so lange die Luft abgeschnürt war, habe eine Mangelversorgung des Gehirns gedroht, heißt es in der Anklage. Das Opfer sei in akuter Lebensgefahr gewesen.
Barbara P. weint, als sie von dem Angriff erzählt. Auch ihr Mann macht einen angegriffenen Eindruck. „Ich brauche eine Pause“, ruft er und beginnt zu hyperventilieren. Nach einer kurzen Unterbrechung sitzt der beleibte, kahle Mann wieder auf seinem Platz, reibt sich manchmal über die Augen und rutscht unruhig hin und her. Der 40-Jährige, der als Lagerist in einer Spedition arbeitet und zur Zeit in Untersuchungshaft sitzt, ist nervös und angespannt, das ist offensichtlich. Ist ihm klar, wie sehr er seiner Frau geschadet hat — nicht nur körperlich, sondern vielleicht fürs ganze Leben?
Nach Würg-Attacke: Hamburgerin hat Alpträume
Seit dem Übergriff durch ihren Mann, so erzählt es Barbara P., ist sie in psychologischer Behandlung. „Ich habe auch Alpträume. Da ist immer dieses Würgen.“ Auch ihr 18 Jahre alter Sohn und ihre jüngere Tochter litten erheblich. „Mein Sohn hat eine Überdosis genommen.“ Und die Tochter sorge sich ständig um sie.
Schon lange bevor es zum verhängnisvollen Eklat zwischen ihm und seiner Frau kam, machte Thomas P. offenbar seiner Partnerin das Leben zur Hölle. Er habe sie tyrannisiert, schildert die Zeugin. An manchen Tagen habe er 40 bis 60 mal bei ihrer Arbeit angerufen, um sie zu kontrollieren. Wenn sie mal bei einem seiner zahllosen Anrufe nicht reagierte, habe er gedroht, ihren Chef zu kontaktieren. Auch habe er, wenn sie schlief und kaum bekleidet war, Fotos von ihr gemacht und gedroht, diese an ihre Schwiegereltern und ihren Chef zu schicken.
- Ex-Frau fast stranguliert: Mann angeklagt – versuchter Mord
- Statt Sex mit zwei Frauen: Salzlösung im Intimbereich
- Kiloweise Partydrogen am Eppendorfer Baum entdeckt
Versuchter Mord: Hamburger terrorisierte seine Frau schon vor der Tat
Als ihr die Überwachung und die ständigen Vorwürfe zu viel wurden, habe er unter Tränen versprochen, er werde sich ändern. „Er sagte, er werde mich nicht mehr terrorisieren. Ein paar Wochen war es gut. Dann ging es wieder los mit dem Terror.“ Thomas P. habe gesagt: „Du bist meins. Du gehörst mir.“ Und: „Wenn ich dich nicht haben kann, soll dich keiner haben.“
Bereits vor dem Übergriff im Mai vergangenen Jahres habe ihr Mann sie einmal gewürgt, erzählt Barbara P. Am Valentinstag 2020 habe der 40-Jährige ihr die Hände um den Hals gelegt und zugedrückt. „Ich sagte: ,Okay, dann ist mein Leiden zu Ende.’ Er hatte einen irren Blick. Das war ein leerer Blick. Dann hat er losgelassen.“ Hinterher habe Thomas P. gesagt: „Das war nur Spaß.“