Hamburg. Im letzten Teil der Serie zeigen wir, wie das Abendblatt wochenlang jeden Tag über alle Facetten der Katastrophe berichtete.
"Eine Sturmflutkatastrophe von unübersehbarem Ausmaß hat in der letzten Nacht und heute früh die Nordseeküste, die Unterelbe und vor allem Hamburg heimgesucht. Zehntausende sind obdachlos.“ So beginnt der Aufmacher des Abendblatts in der Sonnabendausgabe vom 17. Februar 1962. Damals erscheint die Zeitung nicht am Morgen, der Redaktionsschluss ist vormittags – nur deswegen kann das Abendblatt überhaupt schon am Tag nach der Sturmflut auf vier Seiten über die Katastrophe berichten.
Die Informationsbeschaffung ist ausgesprochen schwierig. Die technischen Möglichkeiten sind aus heutiger Sicht ohnehin bescheiden – die massenhaften Ausfälle von Strom und Telefon erschweren es weiter. Und für die Reporter ist es zunächst unmöglich, nach Wilhelmsburg oder Neuenfelde zu gelangen. Außerdem werden dort Helfer benötigt und keine Berichterstatter.
Sturmflut 1962: Senat startete Aufruf für Obdachlose
Bei der Lektüre der Ausgaben wird deutlich, dass manches Ärgernis aus heutigen Tagen schon damals verbreitet war. So werden die Hamburger schon am 17. Februar dringend gebeten, nicht in die Katastrophengebiete zu fahren, um die Rettungskräfte nicht zu behindern.
Und auch die Hilfsbereitschaft scheint nicht von Beginn an so ausgeprägt gewesen zu sein, wie man es sich gewünscht hätte. Angesichts von geschätzt 40.000 Obdachlosen ruft der Senat am Montag die Besitzer größerer Wohnungen dazu auf, Flutopfer bei sich aufzunehmen. Wörtlich heißt es im Abendblatt: „Der Senat“, erklärte ein Sprecher des Rathauses, „hält es für unerträglich, dass Zehntausende auf engstem Raum in Lagern und Schulen leben müssen, während in den nicht betroffenen Stadtteilen das Leben im Wirtschaftswunderstil weiterläuft, als wäre nichts geschehen.“ Die deutliche Wortwahl lässt die Lage erahnen.
Sturmflut 1962: Polizeisenator wünschte sich mehr Angebote
In einem Interview vom Mittwoch (21. Februar) sagt Polizeisenator Helmut Schmidt im Abendblatt, dass er die Beschlagnahmung von Wohnungen vermeiden wolle. „Wir wären jedoch dankbar, wenn wir noch mehr freiwillige Angebote bekommen würden.“
- Die Flut: Bewegende Berichte der Zeitzeugen
- "Die Sturmflut hat großes Leid über unsere Stadt gebracht"
- Hamburger Flut-Überlebender trifft Familie aus dem Ahrtal
Mit etwas Abstand erscheint dann im März die 32-seitige Sonderausgabe des Abendblatts zum Preis von einer Mark. Da war zumindest die unmittelbare Not gelindert – die Folgen waren noch Jahre zu spüren.
Der 5-teilige Doku-Podcast über „Die Flut“ ist verfügbar: Kostenlos anhören auf abendblatt.de/podcast/flut, in den Abendblatt-Apps „Podcast“ und „E-Paper“ und auf den gängigen Plattformen. Das Magazin ist für 9 Euro (Treuepreis 7 Euro) unter abendblatt.de/shop, in der Geschäftsstelle am Großen Burstah sowie im Handel erhältlich.