Hamburg. Vier-Sterne-Superior-Haus steht vor dem Aus – dabei wurden schon Millionen investiert. Das lässt Raum für Spekulationen.
Es sollte ein exklusives Hotel mit Blick auf das Nikolaifleet hinter historischen Mauern werden, gelegen zwischen der Innenstadt und der HafenCity. Die Rede ist vom Flemings Selection Hotel an der Holzbrücke. In dem ehemaligen Sitz der Reederei Hamburg Süd, einem mehr als 120 Jahre alten Gebäude mit schmucker Fassade, und in den weiteren vier angrenzenden Häusern an der Straße Cremon, sollten 192 Zimmer- und Junior-Suiten entstehen.
Nachdem es bereits in der Vergangenheit Verzögerungen bei dem ehrgeizigen Bauvorhaben gab – ursprünglich war die Eröffnung im Frühjahr 2021 geplant – sollte das Vier-Sterne-Superior Produkt im Herbst dieses Jahres auf dem hart umkämpften Hamburger Markt starten. Doch daraus wird nichts. Das Abendblatt hat sich vor Ort umgeschaut. Der Gebäudekomplex ist weitgehend eingerüstet. Ein Stahlzaun schützt das Areal, und die neu eingebauten Fenster im Erdgeschoss sind durch Folien geschützt. Aber eine Bautätigkeit ist hier nicht zu sehen.
Hotel Hamburg: Pläne wegen Corona nicht umsetzbar
Im Klartext gesprochen: Das ambitionierte Vorhaben der Flemings Gruppe, die 13 Häuser in deutschen Metropolen wie Frankfurt und München und in Österreich betreibt, liegt auf Eis. Der Grund ist Corona. „Die Planungsaktivitäten für das Flemings Selection Hamburg-City wurden aufgrund der Pandemie und den damit verbundenen wirtschaftlichen Unsicherheiten nach intensiver Prüfung ausgesetzt“, bestätigte Direktor Michael Lutz auf Abendblatt-Anfrage und ergänzte: „Hamburg ist eine der beliebtesten Städtedestinationen in Deutschland und bleibt für Flemings Hotels als Standort weiterhin sehr interessant.“ Dem Vernehmen nach ruhen die Bauarbeiten bereits seit Sommer vergangenen Jahres.
Fakt ist: In den denkmalgeschützten Umbau der Immobilien, die der Hotelgruppe gehören, wurden bereits Millionen investiert. Auf der hauseigenen Internetseite steht zwar noch, dass das neue Flemings Selection Hotel in Hamburg – nunmehr – im dritten Quartal 2023 eröffnet werden soll. Aber das ist dem Vernehmen nach nicht mehr zu schaffen, selbst wenn zeitnah die Bauarbeiten wieder aufgenommen würden. Doch danach sieht es zur Zeit nicht aus. Dem Abendblatt sagte Michael Lutz: „Flemings Hotels evaluiert mit seinen Partnern derzeit sämtliche Optionen.“
XXL-Kongresshotel: „Das Projekt ist nicht gecancelt“
Das lässt Raum für Spekulationen: Eine nicht genutzte Immobilie kostet auf Dauer nur Geld. Das heißt, eine Option wäre, das im Bau befindliche Projekt zu verkaufen. Aber Dehoga-Vizepräsident Niklaus Kaiser von Rosenburg sagt. „Die Hotelketten sind aktuell zurückhaltend, wenn es darum geht, langfristige Pachtverträge für Immobilien zu unterschreiben. Und das bremst auch die Projektentwickler aus. Wer sich heute noch dafür entscheidet, ein Hotel zu eröffnen, der setzt natürlich auf ein Objekt in einer exponierten Lage.“
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Das Abendblatt hat bereits mehrfach über ein weiteres Projekt berichtet, das eigentlich bereits im Herbst 2020 starten sollte. Dabei geht es um das XXL-Kongresshotel mit zwei Marriott-Marken unter einem Dach und einem Saal mit einer Kapazität für rund 1100 Personen, das die ECE in der HafenCity realisieren wollte. Hier gab es noch nicht einmal einen ersten Spatenstich.
Zum aktuellen Stand sagte Sprecher Lukas Nemela auf Abendblatt-Anfrage: „Das Projekt ist nicht gecancelt, eine Absage steht auch nicht zur Diskussion. Wir arbeiten weiter gemeinsam mit der Stadt an einer teilweisen Überarbeitung der Planungen und einer sorgfältig durchdachten Gesamtkonzeption für das Projekt. Die vorgestellte Idee des Kongresshotels bleibt dabei als wesentlicher Kern ebenso erhalten wie Größe und Funktion des Kongressbereichs.“ Voraussichtlich im Frühsommer werde es dazu einen neuen Stand geben.
Viel weniger Besucher in der Hamburg
Dass es keine Zeit dafür ist, um sich über neue Hotels Gedanken zu machen, liegt auf der Hand. Seit nunmehr zwei Jahren ist die Hotellerie in Hamburg durch Corona stark gebeutelt. Zwei Lockdowns mit Beherbergungsverbot für Touristen liegen hinter der Branche. Seit Juni vergangenen Jahres sind zwar wieder Urlauber willkommen, und die Sommermonate liefen auch gut, aber die Zahlen sind trotzdem verheerend. Auch die Zahl der Geschäftsreisenden ist bedingt durch die Pandemie stark zurückgegangen.
Im Zeitraum von Januar bis Ende November vergangenen Jahres wurden 6,831 Millionen Übernachtungen verzeichnet. Das heißt, wie auch im Coronajahr 2020 wird die Hansestadt in 2021 auf weniger als acht Millionen Übernachtungen kommen – die exakte Zahl wird das Statistikamt Nord in Kürze veröffentlichen. In 2019, also vor der Pandemie, waren es 15,4 Millionen Übernachtungen.
Abgesagte Events: Viele Hotels in Hamburg derzeit leer
Und wie läuft es aktuell? „Die Buchungslage im Januar war schlecht, wir hatten in unserem Hotel Baseler Hof in der City eine Auslastung von etwa zwölf Prozent. Auch im Februar ist die Nachfrage noch verhalten“, sagt Branchenexperte Kaiser von Rosenburg.
Zudem sorge die für Mitte März abgesagte Gastromesse Internorga dafür, dass auch dieses wichtige Geschäft für Hotellerie und Gastronomie wegfalle. Die Internorga soll Ende April nachgeholt werden. Der Hafengeburtstag im Mai wurde bereits abgesagt. Dem Vernehmen nach sollen auch andere Großveranstaltungen auf dem Prüfstand stehen. „Hamburg ist immer eine Reise wert, aber wenn Events wie der Hafengeburtstag wegfallen, dann spürt das die Hotellerie bei der Auslastung“, so Kaiser von Rosenburg. Nicht nur in Kaisers Baseler Hof bleiben viele Betten leer. Das Grand Elysée an der Rothenbaumchaussee hatte im Januar eine durchschnittliche Auslastung von rund 15 Prozent.
Bauarbeiten im Steigenberger Hotel laufen auf Hochtouren
Für Februar liegt die Zahl der Vorbuchungen bei etwa 15 Prozent und im März bei 17 Prozent. Aber es gibt noch Hoffnung. „Wir stellen fest, dass Individualreisende sehr kurzfristig buchen“, sagte Sprecherin Kristina Schreiner. Das weiß auch Franco Esposito zu berichten. Der geschäftsführende Direktor vom Grandhotel Atlantic gibt sich vorsichtig optimistisch. „Der Wunsch, nach Hamburg zu reisen, ist deutlich spürbar. Ich erwarte, dass die Menschen mit dem beginnenden Frühjahr wieder mehr unterwegs sein werden.“
Unterdessen laufen die Bauarbeiten im Steigenberger Hotel auf der Fleetinsel auf Hochtouren. Die umfangreiche Revitalisierung des Fünf-Sterne-Superior-Hauses mit 235 Zimmern und Suiten soll bis zum Sommer abgeschlossen sein. Dann gibt es auch ein neues Gastronomiekonzept – das vor allem die Hamburger anziehen soll.