Hamburg. Am Holocaust-Gedenktag kritisieren Bürgerschaftspräsidentin Veit und Innensenator Grote, dass Impfgegner mit Judenstern auftreten.

Anlässlich des Holocaust-Gedenktages hat Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) scharfe Kritik an Querdenkern und Impfgegnern geübt, die sich bei ihren Protestaktionen einen Judenstern anheften. „Welch beschämender Übergriff auf die Würde der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus, welcher Ungeist, wenn sich Bürgerinnen und Bürger unserer demokratisch verfassten Stadt einen Judenstern annähen, um auf den angeblichen Verlust ihrer Individualrechte zu verweisen“, sagte Veit bei einer szenischen Lesung im Rathaus.

Am 27. Januar 1945 hatten sowjetische Truppen das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau befreit, in dem etwa 1,1 Millionen Menschen von den Nazis ermordet worden waren – der Tag wurde später zum Internationalen Gedenktag für die Opfer des Holocaust erklärt. Seit 25 Jahren veranstaltet die Bürgerschaft aus diesem Anlass szenische Lesungen, die der Hamburger Künstler und Bundesverdienstkreuzträger Michael Batz inszeniert. In diesem Jahr widmete sich die Aufführung – die coronabedingt erneut ohne Publikum stattfinden musste – dem Thema „Schwarze Winkel“.

Holocaust-Gedenktag: Veit und Grote üben scharfe Kritik an Querdenkern

Batz widmet sich darin jenen Obdachlosen, Bettlern, Prostituierten, Alkoholkranken und anderen Menschen, die nicht in die NS-Ideologie passten und daher ausgegrenzt, entmündigt, zwangssterilisiert und in Konzentrationslagern inhaftiert wurden – wobei sie durch einen schwarzen Winkel an ihrer Kleidung stigmatisiert wurden. Die Bürgerschaft wird im Nachgang wieder einen Film mit passendem Unterrichtsmaterial auf www.hamburgwaehlt.de für den Geschichtsunterricht an den weiterführenden Schulen bereitstellen.

„Für die Hamburgische Bürgerschaft ist es sehr wichtig, an die NS-Vergangenheit unserer Heimatstadt zu erinnern“, sagte Veit. „Wir müssen die Opfer in den Blick nehmen und dürfen ihre Schicksale niemals vergessen. Das sorgt für wache Ohren und Augen gegenüber den Worten und Taten der Wiedergänger und Neonazis von heute.“

Deutliche Kritik von Innensenator Andy Grote

Auch Innensenator Andy Grote (SPD) kritisierte am Mahnmal für die Opfer nationalsozialistischer Verfolgung auf dem Friedhof Ohlsdorf, dass sich Gegner der Corona-Maßnahmen selbst mit Holocaust-Opfern verglichen: „Wenn in diesen Tagen Corona-Leugner und Querdenker mit Judenstern und gestreifter Häftlingskleidung auftreten, Anne Frank und Sophie Scholl für sich vereinnahmen, ist das ein widerwärtiger Missbrauch des Leids der Opfer.“

Grote legte gemeinsam mit dem polnischen Generalkonsul Pawel Tomasz Jaworski einen Kranz nieder. „77 Jahre nach der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz erinnern wir heute daran, wie in Deutschland aus Hass eine menschenfeindliche Ideologie erwuchs, die schließlich zur staatlich organisierten Vernichtung der europäischen Juden führte“, sagte der Innensenator. „Noch heute stehen wir fassungslos vor dem millionenfachen Leid der Entrechteten, Verfolgten und Ermordeten.“

Lesung und Gedenkveranstaltung in der St. Michaelis

In der Innenstadt gab es eine Gedenk-Performance. Auf dem Gerhart-Hauptmann-Platz standen zahlreiche leere Stühle, an denen Biografien an die Opfer erinnerten. „Die Stühle bilden Leerstellen für all die Menschen, die nicht mehr Platz nehmen können, um uns von ihrem Leben oder Wünschen und Träumen erzählen zu können“, teilten die Organisatoren mit. Mit roter Farbe sprühten sie das Datum „27. Januar“ auf den Platz. Außerdem sollte es am Abend eine Gedenkveranstaltung und Lesung des Hamburger Autors Gerrit Pohl in der Hauptkirche St. Michaelis bei freiem Eintritt geben. In dem Buch geht es um die Transporte jüdischer Kinder nach England.