Hamburg. Mitarbeiter bereits am Limit – ebenso wie Gesundheitsämter. Wo die Benachrichtigung Infizierter besonders lange dauert.

Die Testlabore in Hamburg arbeiten am Limit – und teilweise darüber hinaus. Eigentlich liegt ihre Kapazität bei der Auswertung von 21.300 PCR-Tests am Tag, sagte Senatssprecher Marcel Schweitzer am Dienstag, aber da die Mitarbeiter sich „sehr ins Zeug“ legten, werteten sie in der vergangenen Woche sogar durchschnittlich 27.653 Tests am Tag aus. Im Labor Dr. Fenner & Kollegen rotiert der Betrieb seit Längerem zwischen 6 und 24 Uhr, „aber wir überlegen jetzt, auch noch eine Nachtschicht einzulegen, um die Mengen zu bewältigen, aber das hält eine Mannschaft nicht lange durch“, sagt Dr. Thomas Fenner.

35 Mitarbeiter seien mit der Auswertung beschäftigt, aber man könne deren Zahl nicht beliebig erweitern, denn nötig sei Fachwissen. Und dann müssten die Daten ja noch verarbeitet werden, damit die Patienten einen Befund bekommen. Auch die Geräte seien inzwischen ausgelastet, die Reagenzien aber alle lieferbar.

PCR-Tests: Labormediziner Fenner hält Priorisierung für sinnvoll

Die Priorisierung der PCR-Tests hält Fenner für absolut sinnvoll. „Wenn man davon ausgeht, dass in zwei Wochen 400.000 Positive in der Bundesrepublik rumlaufen, dann weiß ich nicht, wo die Tests dafür herkommen. Und es ist doch wichtig, dass die kritische Infrastruktur erhalten bleibt, dass Leute weiterhin in die Kliniken aufgenommen werden, das sind die, die höchste Priorität haben.“ Natürlich gebe es weitere gefährdete Gruppen wie beispielsweise Lehrkräfte. Bislang sei die Versorgung mit PCR-Tests nicht geregelt, was dazu geführt habe, dass die Labore regelrecht überschüttet wurden.

Von den 143.208 PCR-Tests (10.000 mehr als in der 2. Kalenderwoche), die in der vergangenen Woche in Hamburg gemacht wurden, waren nach Angaben des Labor-Berufsverbandes ALM e. V 40,1 Prozent positiv (bundesweit lag die Positivrate bei 32,6 Prozent). „Ich finde, dass die neuen PCR-Regelungen in die richtige Richtung gehen, aber sie bergen eine Menge problematische Aspekte“, sagt Dr. Jens Heidrich vom Labor Heidrich & Kollegen, etwa wenn es um den Genesenausweis gehe. „Wer stellt den aus? Auf der Basis eines Schnelltestes? Das wäre unseriös.“ Es gebe zudem zahlreiche unzuverlässige Schnelltests, „wir haben gehäuft falsch positive, aber auch falsch negative“, so der Labormediziner. „Omikron ist hoch infektiös. Ein PCR-Test ist ein scharfes Schwert, man erwischt eine Infektion auch in der Frühphase, wenn ein Schnelltest noch nicht positiv sein kann, und auch am Ende der Infektion. Trotzdem geht die politische Entscheidung in die richtige Richtung. Da Gerechtigkeit zu schaffen ist aber brutal schwer.“

Gesundheitsämter: Verzögerungen bei der Benachrichtigung von Infizierten

Wie die Labore sind auch die Gesundheitsämter überlastet. Auch wenn das Personal im Vergleich zum Dezember leicht aufgestockt werden konnte, sind hier mit derzeit 702 Vollzeitkräften weniger Mitarbeitende mit der Kontaktnachverfolgung beschäftigt als im Januar 2021 (913) oder im Mai 2021 (964), wie der Senat in seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion in der Bürgerschaft schreibt.

Entsprechend kommt es teils zu Verzögerungen bei der Benachrichtigung von Infizierten. Zu rund 92 Prozent finde die Bearbeitung der Positiv-Anrufe derzeit innerhalb der ersten zwei Tage statt, wie der Senat schreibt. Bezirksübergreifend gebe es 572 Benachrichtigungen, die länger als drei Tage und maximal 13 Tage in der Bearbeitung seien. „In den Bezirken Altona (2 Fälle) und Harburg (11 Fälle) beträgt der Rückstand bis zu vier Kalendertage. In Wandsbek (66 Fälle) beträgt der Rückstand bis zu fünf Kalendertage, in Bergedorf (115 Fälle) bis zu sieben Kalendertage und in Eimsbüttel (33 Fälle) bis zu 10 Kalendertagen. Im Bezirk Hamburg-Nord (31 Fälle) beträgt der Rückstand bis zu 11 Kalendertagen und in Hamburg-Mitte (279 Fälle) bis zu 13 Kalendertagen“, schreibt der Senat.

Senat hat in den Gesundheitsämtern Personal abgebaut

„Wegen der Verzögerung bei der Dateneingabe tappen wir bei der Frage der Infektionsorte im Dunkeln“, sagt der gesundheitspolitische Sprecher der Linksfraktion, Deniz Celik. „Wie soll da noch eine effektive Eindämmung dieser Infektionswelle funktionieren?“ Trotz aller Warnungen habe der Senat es versäumt, die Gesundheitsämter auf eine schwere Infektionswelle vorzubereiten. Bereits im Sommer hätten Expertinnen und Experten vor dem Winter gewarnt – doch der Senat habe dennoch zunächst Personal abgebaut. „So was ist fahrlässig. Hinzu kommt, dass der Senat seit mehr als zwei Jahren nur auf Sicht fährt und Unterstützungskräfte nur befristet einstellt.“ Celik fordert eine massive Einstellungsoffensive.

Bewerbungsverfahren liefen, heißt es vom Senat, die Zahl der Vollzeitstellen sei von November bis Januar von 682,76 auf 702,87 aufgestockt worden. Auch habe man das Benachrichtigungsverfahren seit November 2021 „noch stärker standardisiert“. „Mit diesen Maßnahmen wurden die Prozesse in den Gesundheitsämtern verschlankt und damit eine Entlastung in der Aufgabenumsetzung bewirkt.“ Mittlerweile seien mehr Hamburgerinnen und Hamburger geimpft, sodass die Situation heute nicht mit der vor einem Jahr vergleichbar sei. Auch seien die Quarantäneregeln verändert worden. Und: Auch wer in Einzelfällen bei Verdacht auf eine Corona-Infektion lange auf die Übermittlung des PCR-Ergebnisses warten müsse, sei verpflichtet, sich in der Zwischenzeit zu isolieren, sagte Marcel Schweitzer. Die Gesundheitsämter würden sich auf die Bearbeitung von größeren Ausbrüchen und vulnerable Einrichtungen konzentrieren.

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Omikron treibt die Zahlen weiter in die Höhe

Die Omikron-Welle treibt die Sieben-Tage-Inzidenz indes in immer neue Höhen. Am Dienstag kratzte der Wert fast an der Schwelle von 2000. Die Gesundheitsbehörde meldete 6663 Corona-Neuinfektionen – 2228 Fälle mehr als am Dienstag vor einer Woche. Entsprechend steigt die Inzidenz auf 1999,4. Der Senat rechne mit einer weiteren Zunahme der Fälle, sagte Schweitzer, denn der R-Wert liegt bei 1,26. Die Behörde meldete zudem zehn weitere Todesfälle im Zusammenhang mit dem Virus. Bislang sind somit 2085 Menschen gestorben.

Aktuell werden in den Kliniken 530 Corona-Patienten behandelt, 76 müssen intensivmedizinisch versorgt werden. Die Belastung der Kliniken sei moderat, sagte Schweitzer, aber sie sei da – insbesondere durch die vielen Covid-Patienten auf den Normalstationen. Erfreulich ist, dass sich Hamburg beim Boostern bundesweit auf den zehnten Platz vorgearbeitet hat. Fast jeder zweite Hamburger (48,6 Prozent) ist geboostert.

Eltern in Niedersachsen müssen sich vom 15. Februar an auf eine Corona-Testpflicht in Kitas einstellen. Diese Pflicht ist dreimal wöchentlich für Kinder ab drei Jahren vorgesehen, teilte das Kultusministerium am Dienstagabend mit.