Hamburg. Die meisten Kliniken in Hamburg schreiben als Folge der Pandemie rote Zahlen – große Probleme gibt es vor allem in der Pflege.
Nach dem Einbruch die Erholung? Hamburgs Krankenhäuser sehen nach dem ersten, für sie katastrophalen Corona-Jahr 2020 einen leichten Aufwärtstrend im Jahr 2021. Die Patientenzahlen steigen bei Wahleingriffen wieder an – nach Tausenden abgesagten Operationen und Verunsicherung bei Patienten zu Pandemiebeginn. Die Umsätze oder gar Gewinne, die einige Häuser 2019 verzeichnet hatten, sind aber noch nicht da. Wie eine Umfrage des Abendblatts ergeben hat, gaben die Kliniken deutlich mehr Geld aus für Schutzkleidung und Sicherheitsmaßnahmen gegen das Coronavirus.
Gleichzeitig wird die Situation in der Pflege dramatisch. Die Hamburgische Krankenhausgesellschaft (HKG) spricht in einem Papier davon, dass der Fachkräftemangel die „wesentliche Begrenzung für die Leistungsfähigkeit der Krankenhäuser“ sei. Pflegerinnen und Pfleger wandern ab in die Zeitarbeit oder gehen ganz aus dem Job.
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Dadurch verschärft sich die Situation auf den Stationen. Denn das etatmäßige Personal muss vermehrt „unbeliebte“ Dienste besetzen. Und wenn die Lücken mit Zeitarbeitern aufgefüllt werden, kommt das die Häuser teuer zu stehen. Es erzeuge ein „Vielfaches der Kosten“, sagte HKG-Geschäftsführerin Claudia Brase. Die Hamburger Kliniken müssten für Zeitarbeit neun Millionen Euro pro Jahr aufwenden, die nicht in den Personal-Etats seien. Und es entstehe eine Zweiklassengesellschaft auf den Stationen, die wiederum die Abwanderung in die Zeit-Arbeit fördere.
Die sieben Häuser von Asklepios und das UKE sind mit 15.800 und 14.100 Mitarbeitern die beiden größten Arbeitgeber Hamburgs. Asklepios nennt noch keine Zahlen für 2021, schreibt aber in seinem letzten Quartalsbericht, dass sich die Impfkampagne auszahle und die Patienten Vertrauen in die Hygienemaßnahmen gefasst hätten. Man sei sicher, auf einer „soliden Basis“ die „andauernde Covid-19-Pandemie wirtschaftlich gut zu überstehen“.
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Für den Gesamtkonzern heißt es: Es habe eine „vorübergehende Normalisierung“ gegeben, die wirtschaftlich aber auch auf den Erwerb der Rhön-Kliniken zurückgehe („Wesentlicher Treiber der Umsatzsteigerung“). Deshalb können die vorläufigen Zahlen trügen oder in Hamburg anders aussehen. Denn durch die steigenden Inzidenzen im Verlauf des Herbstes und Winters 2021 musste auch in allen Häusern ärztliches und pflegerisches Personal in Quarantäne und fehlte bei der Patientenversorgung, die in manchen Bereichen eingeschränkt werden musste.
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So berichtete zum Beispiel das UKE, es habe in den vergangenen Wochen wieder „einzelne, nicht dringliche“ Operationen verschieben müssen. Der Habacht-Modus der Krankenhäuser richtet sich nach den Inzidenzen und der Hospitalisierungsrate der Corona-Infizierten aus. Für das Freihalten von Betten haben nach Senats- und UKE-Angaben die Extramittel des Bundes im Jahr 2020 nur ein Viertel der Kosten gedeckt. 35 Millionen Euro schoss Hamburg im vergangenen Jahr als Ausgleich nach Eppendorf, 2021 waren es 31 Millionen.
Viele Operationen werden immer noch verschoben
Von diesem Schutzschirm kann manch privates Haus nur träumen. Doch einige sind auch mit ihren Spezialangeboten nicht so tief gefallen. Ein Helios-Sprecher sagte, Mariahilf (Frauen-, Geburts- und Kinderheilkunde) und Endo-Klinik (Gelenkspezialisten) seien nicht durch eine Versorgung von Covid-Patienten belastet. Dennoch habe es durch die Pandemie-Einschränkungen 2020 und 2021 einen „leichten Operationsrückgang“ gegeben.
Auch die renommierte Facharztklinik am UKE, wo Niedergelassene operieren, meldete 2021 gegenüber 2020 eine deutlich verbesserte Zahl an Eingriffen, wie der ärztliche Geschäftsführer Dr. Torsten Hemker dem Abendblatt sagte. Aber: „Bisher konnten wie in vielen Hamburger Krankenhäusern nicht einmal Pflegesatzverhandlungen für 2020 geschweige denn für 2021 geführt werden.“ Und trotz Schmerzen und Beschwerden der Patienten schöben diese ihre Operationen wie zum Beispiel beim Ersatz von Gelenken immer noch auf.
„Die Prognose war wahrscheinlich zu positiv“
Im Altonaer Kinderkrankenhaus gingen die Fall- und Operationszahlen im Vergleich zu 2019 zurück. Einen genauen Überblick gebe es noch nicht, sagte eine Sprecherin. Die beiden Agaplesion-Häuser in Eimsbüttel (Diakonie-Klinikum) und Bergedorf (Bethesda) hatten einen „erheblichen Rückgang der Patientenzahlen bei gleichzeitigen Mehrbelastun-gen durch die Pandemie“ zu verzeichnen, sagte ein Sprecher. Das werde sich in den Bilanzen spiegeln.
Das Israelitische Krankenhaus, das auf Krebserkrankungen von Magen und Darm spezialisiert ist, sieht für 2021 zurückgehende Erlöse, abnehmende Patientenzahlen, aber ein „knapp positives Jahresergebnis“, wie eine Sprecherin sagte. Für 2022 sehe es wegen der aktuellen Lage nicht gut aus. Dennoch nehme die Zahl der Tumoroperationen nicht ab. Möglicherweise macht die Vorsorge eine Pause, wie zuletzt eine Studie der AOK zeigte, der Krebs jedoch nicht.
Die Krankenhausgesellschaft fordert einen Aufschlag von zwei Prozent auf alle Rechnungen, damit die Digitalisierung vorangetrieben werden könne. HKG-Geschäftsführerin Brase wies darauf hin, dass die Häuser jedes Jahr 65 Millionen Euro an Investitionskosten selber trügen, für die eigentlich Hamburg verantwortlich sei. Die Prognose vom Jahresanfang 2021 sei gewesen, dass es zwischen neun und 15,5 Prozent weniger Fälle gebe. „Es haben aber zu Beginn des Jahres eigentlich alle erwartet, dass die Pandemie uns in diesem Herbst/Winter nicht mehr so stark fordern werde. Von daher war die Prognose wahrscheinlich zu positiv.“