Hamburg. Inzidenz und Hospitalisierungsrate steigen weiter stark an. Mangel an Biontech-Impfstoff bleibt bestehen. Nur wenige Fälle in Heimen.

Der Senat versieht seine Zahlen weiter mit einem Warnhinweis: Wegen des extremen Anstiegs der Covid-19-Fälle und der Überlastung von Gesundheitsämtern und Laboren sei davon auszugehen, „dass die Zahl der tatsächlichen Fälle und damit auch die tatsächliche Inzidenz höher sind als angegeben“. Auch die unvollständigen Zahlen bleiben aber erschreckend hoch. So wurden am Montag 1898 neue Covid-19-Fälle gemeldet, die Inzidenz stieg auf 659,7. Letzterer Wert ist damit innerhalb einer Woche um die Hälfte gestiegen.

In den Krankenhäusern stieg die Zahl der Corona-Patienten. Auf den Intensivstationen wurden Montagnachmittag laut dem Register der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) 85 Covid-19-Patienten behandelt, fünf mehr als am Vortag; 46 Intensivpatienten mussten invasiv beatmet werden. Die Zahl der Intensivpatienten liegt noch deutlich unter dem Höchstwert von 120 aus dem Frühjahr 2021.

Corona: Hospitalisierungsinzidenz in Hamburg deutlich über 3,40

Die Hospitalisierungsinzidenz, also die Zahl der in Krankenhäusern aufgenommenen Corona-Patienten je 100.000 Einwohner und Woche, stieg über das Wochenende in Hamburg deutlich von 3,40 am Freitag auf 5,34 am Montag. Eine Hospitalisierungsinzidenz von mindestens 6,0 wäre nach den Beschlüssen von Bund und Ländern ein Anlass, über weitere Verschärfungen der Corona-Maßnahmen zu beraten.

Wie Asklepios und das UKE bestätigten, macht sich die grassierende Omikron-Variante in den Krankenhäusern bemerkbar. In den Verlaufskurven ist deutlich zu sehen, dass der Trend bei der Hospitalisierung seit Weihnachten auf den Normalstationen klar und steiler nach oben zeigt als auf den Intensivstationen. Asklepios-Sprecher Mathias Eberenz sagte, die Lage in den sieben Kliniken des Unternehmens sei derzeit stabil, wobei es eine leichte Zunahme bei den Intensivpatienten gebe. Zwei von drei Hamburger Covid-Intensivpatienten werden in Asklepios-Häusern betreut. Fast alle schwer erkrankten Covid-Patienten seien nicht geimpft.

Lage im UKE ist angespannt: 52 Covid-Patienten

UKE-Sprecherin Saskia Lemm erklärte, die Lage sei angespannt, aber bewältigbar. „Aktuell befinden sich 52 Covid-Patienten in stationärer Behandlung im UKE, davon werden 18 in der Klinik für Intensivmedizin versorgt. Aufgrund der Infektionszahlen der letzten zwei Wochen in Hamburg rechnen wir für beide Bereiche mit weiter ansteigenden Patientenzahlen.“

Asklepios und UKE bereiten sich mit Krisenplänen darauf vor, dass die Lage sich verschlimmern könnte. Asklepios hat in St. Georg bereits eine Art Besuchsverbot verhängt, in anderen Häusern wurden die Regeln wieder verschärft. In St. Georg mit seinen vielen besonders vulnerablen Patienten werden nur noch im Ausnahmefall Besucher zugelassen.

Im UKE wurden Wahl-Operationen verschoben. Nach Angaben von Sprecherin Saskia Lemm mussten bereits in vorherigen Wellen „einzelne, nicht dringliche“ Eingriffe verschoben werden. „Dies betrifft beispielsweise Adipositasoperationen, die Hernienchirurgie, Operationen bei Kieferfehlstellungen oder bei gutartigen Diagnosen wie zum Beispiel Schilddrüsenfunktionsstörungen.“

Impfstoffknappheit in Hamburg: Biontech ist aktuell stark rationiert

Derweil lahmt das Boostern: Die Impfstoff-Knappheit hält zu Beginn des neuen Jahres an. Biontech ist aktuell stark rationiert, wie die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Hamburger KV in Informationen an die niedergelassenen Ärzte schreiben. 30 Dosen Biontech (5 Vials) sind derzeit das Maximum dessen, was ein Arzt bestellen kann. Der für Kinder ab fünf Jahren gedachte Impfstoff soll in ausreichender Menge verfügbar sein. Von Moderna sowie Johnson & Johnson ist ebenfalls genügend Impfstoff vorhanden. Für die unter 30-Jährigen ist das kein Trost. Sie sollen mit Biontech geimpft oder geboostert werden.

Impfarzt Dr. Dirk Heinrich twitterte, er bekomme für seine beiden Praxen weniger als die Hälfte des Bestellten an Biontech­. Auch die Vorsitzende des Hausärzteverbands, Dr. Jana Husemann, erklärte, statt der bestellten fünf Vials pro Ärztin oder Arzt würden nur ein bis zwei ausgeliefert. UKE-Intensivchef Prof. Stefan Kluge twitterte: „Wir brauchen wegen Omikron dringend mehr Tempo bei der Boosterimpfung. Warum sind die Unterschiede zwischen den Bundesländern nur so groß?“

Wegen der besonderen Gefährdung wird in Pflege- und Altenheimen bereits das Testregime verschärft. Alle Mitarbeitenden müssten sich nun täglich testen lassen, sagte Thomas Flotow, Sprecher der Geschäftsführung von „Pflegen & Wohnen“, auf Anfrage. Noch sei das Infektionsgeschehen an den 13 Pflegestandorten überschaubar – aktuell seien von insgesamt 2400 Bewohnern nur 15 Menschen infiziert, viele von diesen zudem ohne Symptome. Durch Omikron steigt aber auch wieder der Bedarf, ältere und kranke Menschen besonders zu schützen. „Wir machen hier viele Testangebote und ermutigen dazu, sie so oft wie möglich anzunehmen“, sagt Flotow.

Hospital zum Heiligen Geist: Bewohner trotz Booster infinziert

Das Boostern von Bewohnern und Angestellten habe dabei bislang pro­blemlos funktioniert. Es gebe auch keinen Fall, in dem es trotz guten Impfschutzes zu einem schweren Verlauf gekommen sei. Die Impfquote unter den Angestellten liege „deutlich über 80 Prozent“. Der Rest bereitet dem Betreiber jedoch weiterhin Sorgen, da ab Mitte März die Impfpflicht in der Pflege greifen soll und die Fachkräfte in der Pflege ohnehin schon umkämpft sind.

„Wir sind optimistisch, dass sich die Impfquote noch erhöht“, sagt Flotow – die betreffenden Mitarbeiter müssten aber bis Mitte März auch bereits zwei Spritzen erhalten haben. „Wenn sich am Ende zehn Prozent der Mitarbeiter nicht haben impfen lassen, wären das 120 Menschen, die wir nicht mehr beschäftigen können – und das wäre wirklich fatal“, sagt Flotow. „Der arbeitsrechtliche Umgang mit denjenigen, die sich trotz allem nicht impfen lassen wollen, steht noch nicht im Vordergrund. Es geht um einen möglichst guten Schutz an allen Standorten.“

Im Hospital Zum Heiligen Geist in Poppenbüttel sind auf einzelnen Etagen mehrere Bewohner trotz Boosterimpfungen infiziert, bestätigte der Vorstandsvorsitzende Frank Schubert dem Abendblatt. Sie zeigen zwar keine oder nur leichte Symptome, aber sind teilweise dement und verstehen nicht, warum sie in ihren Zimmern bleiben müssen. „In diesen Fällen versuchen wir, Gruppen von betroffenen Bewohnern zu bilden und diese natürlich trotzdem von Nicht-Infizierten strikt zu trennen,“, sagt Schubert.

Bewohner der Pflegeheime sollen nicht völlig isoliert werden

Im Hospital Zum Heiligen Geist liegt die Impfquote bei den Beschäftigten seinen Angaben zufolge sogar bei 96,5 Prozent – zudem hätten bereits mehr als drei Viertel der geimpften Bewohner und auch zwei Drittel der geimpften Mitarbeiter eine Boosterdosis erhalten. „Man kann einen schweren Verlauf natürlich nie für alle Fälle ausschließen. Insgesamt hat der Impfstoff die Lage aber extrem positiv verändert. Die große Sorge um die Gesundheit unserer Bewohner, die vorher lange allgegenwärtig war, ist schwächer geworden“, so Frank Schubert. Trotz dieses positiven Gesamtbildes beschäftigt auch ihn die kommende Impfpflicht. „Gerade wenn ohnehin ein Mangel auf dem Arbeitsmarkt herrscht, tut jeder Mitarbeitende, den man verliert, sehr weh.“ Er sei trotzdem ein großer Befürworter der Impfpflicht - im besten Fall sollte diese seiner Ansicht nach so schnell wie möglich für alle Menschen gelten. „Andernfalls ist natürlich denkbar, dass Ungeimpfte sich nicht überzeugen lassen, sondern den Arbeitsplatz und die Branche verlassen.“

Ausdrücklich sollen die Bewohner der Pflegeheime nicht völlig isoliert werden. Bei „Pflegen & Wohnen“ ermöglicht man entsprechend der Vorgaben weiterhin Besuch gegen Vorlage eines negativen Corona-Tests, der maximal 24 Stunden alt sein darf. „Natürlich ist der Testaufwand in und um die Einrichtungen insgesamt immens“, sagt deren Geschäftsführer Thomas Flotow.

Die aktuellen Corona-Regeln in Hamburg

  • 2G-Modell: Ab dem 10. Januar wird das 2G-Modell nahezu flächendeckend zum 2G-plus-Modell: Bei fast allen Veranstaltungen und Angeboten im kulturellen, gastronomischen und allgemeinen Bereich, sowie bis auf wenige Ausnahmen bei körpernahen Dienstleistungsbetrieben (Friseure und Fußpflege) wird dann neben dem Nachweis über Impfung oder Genesung auch ein aktueller negativer Corona-Test verpflichtend. Auch Sportbetriebe wie Schwimmbäder und Fitnessstudios müssen das Modell einführen. Nur im Einzelhandel bleibt es beim bisherigen 2G-Modell, außer in Geschäften des täglichen Bedarfs, die für alle zugänglich bleiben.
  • Ausnahmen: Wer bereits eine Auffrischungsimpfung erhalten hat, ist von der Pflicht zum Nachweis eines negativen Tests befreit, ebenso wie Schulkinder, die regelmäßig im Schulbetrieb getestet werden.
  • Veranstaltungen: Die Teilnehmerzahl wird für Veranstaltungen in Innenräumen auf 200, für Veranstaltungen unter freiem Himmel auf 1000 begrenzt. Für Kulturstätten wie Konzerthäuser und Theater können Sondergenehmigungen beantragt werden, die eine höhere Auslastung zulassen.
  • Bundesliga-Spiele: Überregionale Großveranstaltungen wie zum Beispiel Spiele der Fußball-Bundesliga müssen laut der neuen Regeln wieder ohne Zuschauer ausgetragen werden.