Hambirg. Das Kunstspiel zum Mitmachen – jeden Montag im Abendblatt. Heute: „Le Paravent/Der Paravent“ von Toyen.

Das Bild ist rätselhaft. Im Jahr 1966 hat die tschechoslowakische Künstlerin Toyen (1902–1980) ihr Werk „Le Paravent/ Der Paravent“ gemalt. Die Kombination aus Ölgemälde und Collage zeigt eine Frau im Leoprint-Kleid. Ihr Gesicht ist nicht zu erkennen. Neben ihr sieht man zwei kopulierende schwarzweiße Schmetterlinge. Links und rechts von ihr stehen schemenhafte männlich wirkende Gestalten Sie trägt lange grüne Handschuhe. In Höhe ihrer Körpermitte sieht man ein Frauengesicht mit grünen Augen und einem offenstehenden Mund.

Mit Bildern wie diesem hat sich Toyen, die mit bürgerlichem Namen Marie Cermínová hieß, einen Platz in der Gruppe der tschechischen Surrealisten ermalt, die sie im Jahr 1934 mit begründete. Künstler wie Salvador Dalí, Paul Klee, René Magritte, Max Ernst und Yves Tanguy zählten zu ihren Freunden. André Breton nannte sie „meine Freundin unter den Frauen.“

Kunsthalle Hamburg: Künstlerin Toyen mit "Le Paravent/Der Paravent"

Lang war sie in Deutschland vergessen. Zu Unrecht. Bis zum 13. Februar zeigt die Galerie der Gegenwart noch 300 ihrer Arbeiten, die sie sich teilweise in Prag und Paris geliehen hat. Es ist die erste Retrospektive ihres Werks in der Bundesrepublik.

Humor, Alchemie, Erotik, Revolte und Traum waren ihre Themen. Lebenslang galt sie auch als Grenzgängerin, was Geschlechterzuschreibung angeht. Ihren Künstlernamen hatte sie vom französischen Wort citoyen abgeleitet, was Bürger bedeutet (aber eben in der männlichen Form). Ab den 20er-Jahren malte sie zunächst kubistisch inspirierte Bilder. 1948 emigrierte sie nach Paris.

Toyen (1902−1980),   „Le Paravent /  Der Paravent“, 1966,  Öl und Collage auf  Leinwand,  116 x 73 cm.
Toyen (1902−1980), „Le Paravent / Der Paravent“, 1966, Öl und Collage auf Leinwand, 116 x 73 cm. © © VG Bild-Kunst, Bonn 2021 Foto: © Musée d'Art Moderne / Paris Musées

Toyen: „La Dame de Pique“ für 2,91 Millionen Euro versteigert

Als sie 1980 starb, geschah das, ohne dass die Öffentlichkeit besondere Notiz davon nahm. Vor zwei Jahren wurde ihr Bild „La Dame de Pique“ für 2,91 Millionen Euro versteigert. Der Verkaufspreis überstieg damit den Eröffnungspreis um mehr als die Hälfte und gilt seitdem als das teuerste Bild des Landes. Es gilt als Sprungbrett für ihre weitere künstlerische Ausrichtung. Sie war erst 24 Jahre alt, als sie es malte.

„Sie verbindet Zartheit mit Exzentrizität, raffinierten Zauber mit bizarrer Phantasie, reine Form mit magischer Improvisation“, schrieb ihr Kollege Vítězslav Nezval schon 1925 über Toyen. „Bis zuletzt bleibt die Sexualisierung des Weiblichen und ihre ironische Darstellung ein zentrales Thema in Toyens Collagen und Malereien“, befindet Julia Schmitz in ihrem Text „Keine Frau unter vielen“.