Hamburg. Das Kunstspiel zum Mitmachen – jeden Montag im Abendblatt. Heute: „MZ 606 Leiden“ von Kurt Schwitters.

Wie die Berufsbezeichnungen Werbegrafiker, Dichter, Maler und Raumkünstler schon erahnen lassen, war Kurt Schwitters (1897–1948) ein Mann, der einen ungewöhnlich weiten Kunstbegriff vertrat. Die Kunsthalle ist mit „MZ 606 Leiden“ im Besitz eines Exponats, das ihn mit einer typischen Technik repräsentiert, der Collage.

Sie entstand 1923. Das Bild zeigt Zigarettenpapiere, Eintrittskarten und Fahrscheine. Schwitters hatte sie in Holland gefunden. Die Anordnung ist streng geometrisch. Kunsthistoriker wollen darin den Einfluss holländischer und russischer Konstruktivisten erkennen. Der Hannoveraner war mit Künstlern dieser Richtung, wie dem Holländer Theo van Doesburg und dem Russen El Lissitzky, befreundet.

Schwitters nutzte Reklame und Abfall

Schwitters, der aus Hannover stammte, hatte sich intensiv mit den Dadaisten auseinandergesetzt. Er freundete sich mit dem Berliner Richard Huelsenbeck an, aber der begann Schwitters zu kritisieren und nannte ihn den „Kaspar David Friedrich der dadaistischen Revolution“. Da er politisch nicht engagiert war, zog Schwitters die Ablehnung der Künstlergruppe auf sich. Mit Hans Arp blieb er freundschaftlich verbunden.

Schwitters begann, eigene Schwerpunkte zu setzen, die er als Gegenpol zum Dadaismus auffasste. Für seine Collagen nutzte er Reklame, Abfall und Zeitungsausschnitte. „Merz“ nannte er die Technik, Den Begriff destillierte er aus einem Zeitungsartikel, über dem „Kommerz und Privatbank“ stand.

Schwitters auch als Autor erfolgreich

Die Bilder sind nur ein Teil seines Werks. Im Laufe seiner Karriere schuf er vier sogenannte Merzbauten, raumfüllende Kunstwerke, die seine Assemblage-Technik ins Riesenhafte fortschrieben. Der erste von ihnen entstand in Hannover, der zweite auf der norwegischen Insel Hjertøya, der dritte bei Oslo. Nummer vier entstand in einer Scheune im britischen Lake District.

Auch als Autor war Schwitters erfolgreich. Als sein bedeutendstes Werk gilt das Gedicht „Anna Blume“ aus dem Jahr 1919. Mit der Kunstkritik setzte er sich in der Erzählung „Auguste Bolte“ auseinander. Über seine Kunst hat er gesagt, sie sei „ein absolut individueller Hut, der nur auf einen einzigen Kopf passte“. Die Nazis stuften Schwitters‘ Kunst als „entartet“ ein. Er emigrierte nach Norwegen, dann nach England und Schottland. Der zeitweise unter Depressionen leidende Epileptiker starb 1948 und wurde nach seinem Tod nach Hannover übergeführt. Auf seinem Grabstein steht: „Man kann ja nie wissen“.